Jessa Crisp wurde von ihren Eltern zur Sexsklavin herangezogen. Sie sagten ihr, ihr fehle die Intelligenz, um etwas anderes als eine Prostituierte zu sein. Während andere Kinder die Schule besuchten, wurde Jessa gezwungen, für Männer zu posieren.
«Meine früheste Erinnerung ist, dass man mir als
Kleinkind Pornos von mir gezeigt hat», erinnerte sich Jessa Crisp. Sie musste
sexuellen Missbrauch ertragen, wie etwa Männer, die in ihr Haus kamen und für Geld
Zeit mit ihrem Körper verlangten. Anstatt sie bei den Pfadfindern oder beim
Fussballtraining abzusetzen, wurde sie in mehrere Bordelle gebracht.
Jessa lebte wie eine Gefangene, die von ihren eigenen
Eltern gehandelt wurde. «Du bist zu dumm, um etwas anderes zu tun als dich zu
prostituieren, und deshalb kannst du nicht zur Schule gehen», sagten sie. Da ihre Eltern einer religiösen Sekte angehörten,
durften auch Jessas zehn Geschwister nicht in die Schule gehen.
Gott als zornige Gestalt
Jessas Sichtweise auf Gott war durch die Sekte eine
völlig ausserbiblische. «Mir wurde beigebracht, dass Gott eine zornige Person ist. Ich hatte Angst, ihn kennenzulernen. Ich hatte Angst vor ihm im Sinne
von 'Wenn ich nicht alles perfekt mache, wenn ich nicht perfekt bin, dann wird
es mir nicht gut gehen. Ich werde nicht in der Lage sein, das zu überstehen und
zu leben'.»
Jessa begann, sich nach Freiheit von ihren Umständen
zu sehnen und versuchte mehrmals, wegzulaufen: «Ich erinnere mich, wie ich an
meinem Schlafzimmerfenster stand und über den Hinterhof blickte und Kinder sah,
die zur Schule gingen, und ich dachte: 'Wie ist das wohl? Wie ist es, wenn man
spielen und einen Ball herumkicken kann?' Ich wusste, dass es etwas Dunkles und
Böses, und etwas Helles und Gutes gab.»
In Tagträumen Freiheit gewünscht
Weil das Weglaufen scheiterte, versuchte sie, wann
immer sie konnte, mental zu entkommen. «Ich hatte viele Tagträume, in denen ich
mir vorstellte, dass ich eines Tages gerettet werden würde oder dass ich eines
Tages in Freiheit leben könnte.» In ihrer Verzweiflung ritzte sie sich und
dachte über Selbstmord nach.
Im Jahr 2007, im Alter von 20 Jahren, wurde Jessa vom
Leiter der Sekte ausgewählt, um an einem Lager für Mädchen teilzunehmen, das an
einem abgelegenen Ort stattfand.
«Ich hatte das Gefühl, wertlos zu sein. Ich wollte
nicht leben. Ich hasste das, was ich war. Ich hasste die Tatsache, dass ich
eine Frau war. Ich hasste die Tatsache, dass ich überhaupt geboren worden war.
Ich war ein komplettes Wrack, und ich war an diesem dunklen Ort; ich versuchte
herauszufinden, wie ich mich umbringen könnte. Ich konnte buchstäblich nicht
mehr.»
«Jesus, rette mich!»
Eines Nachmittags im Camp ging sie alleine spazieren
und etwas Ungewöhnliches geschah. «Der Himmel verdunkelte sich komplett und der
lauteste Donner, den ich je in meinem Leben gehört habe, entlud sich direkt
über meinem Kopf. Und dann kam dieser riesige Blitz aus dem Himmel, der den
Boden ganz in der Nähe von mir berührte, ein paar Meter entfernt. Und in diesem
Moment fing ich an zu schreien: 'Jesus, wenn es dich wirklich gibt, wenn du
wirklich bist, rette mich, rette mich!'»
Dann brach Gott durch, berichtet Jessa weiter! «Aus
dem Himmel hörte sie eine laute Stimme, die sagte: 'Der Feind hat nicht
gewonnen, ich habe den Sieg errungen!'»
Das gab ihr neuen Mut. «Ich wusste ohne Zweifel, dass
dies nicht der Gott war, von dem man mir erzählt hatte, sondern ein Gott, der
sich um mich kümmerte und der all das dunkle Böse in meinem Leben sah, all die
Traumata. Er hat all das gesehen und war das Licht. Und das war so
tiefgreifend. In diesem Moment habe ich auch gelernt, dass Gott zu mir sprechen
kann und dass ich mit ihm kommunizieren kann und dass das nicht durch einen
Sektenführer geschehen muss.»
Flucht gelingt
Sie begann, die Bibel zu lesen. Eines Tages steckte ihr
eine Frau eine Telefonnummer zu. «Sie hatte die Unterscheidungskraft, um die
Anzeichen von Menschenhandel zu erkennen.» Jessa rief die Nummer an und die Frau half ihr, ein
Flugticket zu kaufen, wodurch sie fliehen konnte. Sie gelangte in ein
Schutzhaus.
Zunächst lernte sie den wahren Charakter Gottes
kennen. «Ich begann zu erkennen, dass er das komplette Gegenteil von dem Gott
ist, den man mir beigebracht hatte. Er weint mit mir, er kümmert sich um mich,
er liebt mich auf diese zärtliche, intime Art und Weise... Er hat mich
geschaffen, um einfach ich zu sein, und er hat mich geschaffen, um ihn
anzubeten.»
Neues Leben beginnt
Während ihrer Genesung wurde Jessa von Jody und Linda
Dillow adoptiert. Sie schloss das College als Klassenbeste ab und erwarb einen
Master-Abschluss in klinischer psychologischer Beratung.
Zu dieser Zeit lernte sie auch ihren Mann John kennen
und heiratete ihn. Gemeinsam gründeten sie BridgeHope, eine gemeinnützige
Organisation, die Opfern von Menschenhandel hilft. Jessa sagt, dass ihr Leben von
Gott verändert wurde. «Egal was geschehen ist, es gibt eine Hoffnung. Jetzt
lebe ich das Leben in Freiheit! Ich habe so viel Hoffnung, ich habe so viel
Freude! Ich habe einen Grund zu leben. Ich habe ein Ziel. Ich habe die
Möglichkeit, Gefühle zu erleben und einen Gott zu erfahren, der mich liebt und der
mein Leben völlig verändert hat.»