Glauben oder Wissen?

In Europa denken die Leute: "Der Glaube fängt an, wo das Wissen aufhört." Wenn du also nichts Genaues mehr weisst, kannst du es ja noch mit der Krücke des Glaubens versuchen. Wissen, das ist der exakte, experimentell gesicherte Erkenntnisstand der Naturwissenschaft. Glauben, das ist so eine unklare Vermutung, eine Überzeugung, in die man sich reinsteigert.

So ist es aber nicht. Glaube und Wissen hängen umgekehrt zusammen. Glauben ist ein Vorgang, der zum Erkennen führt und ohne den das Leben nicht möglich ist. Jeder, der nicht mehr vertrauen kann, ist lebensunfähig. Bei einem öffentlichen Vortrag habe ich mich ganz praktisch diesem Sachverhalt zugewandt: "Uns verbindet jetzt alle ein Glaube, für den wir unser Leben gemeinsam einsetzen." Das ganze Publikum dachte eine Weile nach. "Das ist der Glaube, dass diese Decke über unseren Köpfen hält." Allgemeine Erheiterung. "Hat jemand die Statik geprüft?" Das hatte natürlich niemand; die Decke hatte bisher immer gehalten. "Das war aber bis jetzt bei allen Decken so, die eingestürzt sind. Bis dahin hatten sie immer gehalten." Erste Anzeichen von Nachdenklichkeit. "Ich schlage vor, wir machen jetzt gemeinsam ein Glaubenswagnis. Wir bleiben hier sitzen bis zum Schluss der Versammlung, und dann weiss jeder genau, ob die Decke gehalten hat." So funktioniert der Glaube.

Über den Glauben machen wir eine Erfahrung, und über viele Erfahrungen kommt das Wissen. Wir essen und trinken alle, und jeder, der an vergiftetem Essen gestorben ist, hat einen Schluck oder Bissen zu lange geglaubt. Dass wir uns nichts vormachen: Wissen ist nichts anderes, als der in unzähligen Erfahrungen bestätigte Glaube. Wer nicht mehr glauben kann, erlangt kein Wissen mehr. Wenn Menschen nicht mehr glauben können, werden sie lebensunfähig. Sie haben Angst, am Morgen das Haus zu verlassen oder in den Fahrstuhl einzusteigen, denn zum normalen Lebensvollzug gehört es nun mal, dass man über Glaubensschritte Erfahrungen sammelt und lernt, Risiken abzuwägen.

Christus will nichts anderes als diese Struktur, die wir in unserem Leben täglich vom Morgen bis zum Abend anwenden müssen, um wirklich sinnvoll leben zu können. Als viele Anhänger Jesus verliessen und er seine zwölf Jünger fragte, ob sie nicht auch weggehen wollten, sagte Petrus? "Wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist." Das heisst im Grunde genommen nichts anderes, als dass Jesus uns einlädt, sein Wort zu prüfen und es vertrauensvoll anzuwenden als normalen Prozess, der im Leben zur Erkenntnis führt. So wird aus dem Glauben an Gott Gewissheit.

Datum: 29.03.2002
Autor: Ulrich Parzany
Quelle: Christliches Zeugnis

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