Chapeau!

Offener Brief an Bundesrätin Sommaruga

Die Schweiz hat am Sonntag (13. Juni 2021) das CO2-Gesetz, mit dem das Land die Klimaziele erreichen wollte, knapp versenkt. Auffällig war die Reaktion der davon direkt betroffenen Bundesrätin. Sie erhält daher von Livenet einen offenen Brief.
Simonetta Sommaruga (Bild: Screenshot SRF1)

Sehr geehrte Frau Bundesrätin, Sie erlebten gestern eine herbe Enttäuschung mit dem knappen Nein der Stimmbevölkerung zum CO2-Gesetz. Man konnte mit Spannung ihre Reaktion darauf erwarten. Denn es war eine Vorlage Ihres Departements, in die Sie mutmasslich hunderte Stunden Arbeit investiert haben. Und es ging dabei ja auch um die Einlösung eines Versprechens der Schweiz an die Welt, ihre Hausaufgaben bezüglich Klimaschutz zu machen.

Auf Schelte verzichtet und Selbstkritik geübt

Sie hätten somit gute Gründe gehabt, die Mehrheit zu rüffeln, welche die Vorlage jetzt versenkt hat. Sie hätten diejenigen kritisieren können, welche vielleicht nur an ihr Portemonnaie statt an die Zukunft der Erde gedacht haben. Den Politiker, der mit der Frage «Wollen Sie, dass das Benzin teurer wird?» Unterschriften für das Referendum gesammelt hat. Die Klimaaktivisten, die Nein gestimmt haben, weil ihnen das Gesetz zu wenig weit ging und die es damit vielleicht gerade abgeschossen haben. Die Parteien, die mit wenig Herzblut für das Gesetz eingestanden sind. Und so weiter. Und Sie hätten die Abstimmungssieger auffordern können, jetzt ein besseres Gesetz zu präsentieren.

Doch, ohne darüber wenigstens einmal schlafen zu können, haben Sie eine Stunde nach dem definitiven Resultat nicht nur keine Schelte ausgeteilt, sondern Verständnis für die Gegnerschaft ausgedrückt und Selbstkritik geübt. Das Gesetz sei wohl überladen gewesen, sagten Sie im Interview mit dem Schweizer Fernsehen SRF1. Und Sie versprachen gleichzeitig, alle anhören zu wollen, die jetzt konkrete Vorschläge für eine gesetzliche Grundlage haben, mit denen die Klimaziele erreicht werden können. Und dies, obwohl Ihnen bewusst sein dürfte, dass viele unter ihnen wohl gar keine Veränderung wollen, weil sie nicht an die Klimaveränderung durch den CO2-Ausstoss glauben mögen und weil sie für Massnahmen nicht zahlen möchten.

Eine Lektion in Leadership!

Sie haben uns damit, obwohl Sie nicht durch ein christliches Bekenntnis bekannt sind, eine Lektion in Leadership erteilt. An Frauen und Männer in Kirchen und christlichen Werken, die öfters mit Enttäuschungen und persönlichen Angriffen klar kommen müssen. Und denen es nicht immer gelingt, den Massstab von Jesus anzuwenden, der uns aufgetragen hat, sogar Feinde zu lieben. Oder sich den Apostel Paulus zum Vorbild zu nehmen, der seinen Auftrag sogar nach einer Steinigung zielstrebig weiterverfolgt hat.

Wer seinen Gegnern Verständnis entgegenbringt und ihre Argumente nicht gleich zerzaust, baut sich das Fundament für die zukünftige Arbeit. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen gutes Gelingen in Ihrem Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung und das Wohl der Menschen in diesem Land.

Zum Beitrag von SRF1 am 13. Juni 2021

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Datum: 14.06.2021
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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