Sepp Blatter: «Fussball verbindet weltweit am meisten Menschen»
Sepp Blatter (Bild: thesportreview.com via flickr)
Der ehemalige Fifa-Präsdident Sepp Blatter (85) hat
schwere Zeiten hinter sich. Nach den Querelen im Weltfussballverband
kamen gesundheitliche Probleme hinzu. Die vergangenen dreieinhalb Monate
verbrachte Blatter in Spitälern und Rehakliniken. Nun meldet er sich
seit langem wieder einmal in der Öffentlichkeit.
Dem Wochenmagazin IDEA
gab er ein ausführliches Interview. Er sei wieder guter Dinge. Es
gehe für ihn nun darum, «wieder richtig ins Leben zurückzukommen».
«Im Stadion sind alle gleich»
Die anstehende Fussball-Europameisterschaft wird Sepp
Blatter am TV mitverfolgen. Eine Prognose, wer das Turnier gewinnen
wird, will er nicht machen. In der engeren Wahl stehen für ihn
Deutschland, Spanien, England, Frankreich und Holland. Kämen die
Schweizer unter die letzten acht, wäre das ein grosser Erfolg, meint
Blatter.
Fussball sei dasjenige Spiel, das auf der ganzen Welt am
meisten Menschen zusammenbringe. Blatter: «Im Stadion sind alle gleich.»
Seine grosse Mission und Passion sei gewesen, den Fussball in alle
Ecken der Welt zu bringen.
Es gibt viele gläubige Fussballer
Auf das von ihm getragene Kreuz angesprochen, sagte Sepp
Blatter, er habe es von seiner Tochter Corinne geschenkt bekommen. Bei
seinem Besuch bei Papst Franziskus habe dieser das Kreuz gesegnet. Es
gebe viele gläubige Fussballer. Das Kreuz spiele für sie eine grosse
Rolle. «Es sollte überhaupt für uns Schweizer eine grosse Rolle
spielen, denn es schmückt auch unser Wappen. Das Kreuz ist doch das
Sinnbild der Christenheit, weil Jesus gekreuzigt wurde. In der Schweiz
steht das Kreuz auch für Demokratie, Neutralität, Freiheit und Schutz.
Später wurde das Kreuz dann ja auch Sinnbild für das Rote Kreuz», so Blatter im IDEA-Interview.
Christlich erzogen
Er sei von klein auf im katholischen Glauben erzogen
worden. Blatter: «Am Abend wurde immer zusammen gebetet.» Er habe einen
starken Glauben. Dass er noch am Leben sei, führe er zurück auf seinen
Glauben, eine innere göttliche Kraft und auf viele Gebete in seiner
Umgebung. Die Medizin hatte ihn aufgegeben. Es gebe Situationen, in
denen einem niemand mehr helfen könne. Sepp Blatter: «Darum sage ich als
Christ: Glaube an Gott und bete zu ihm. Sage Gott auch: 'Hilf mir doch
bitte!'»
Kirche muss sich entwickeln
Auf die Frage, ob es ihn nicht störe, dass der Fussball
eine Art von neuer Religion und damit für die katholische Kirche eine
Konkurrenz sei, antwortete Sepp Blatter, die Kirche müsse sich selber
fragen, ob sie noch konkurrenzfähig sei. «Der Fussball hat sich als
Mannschaftsspiel laufend verbessert. Doch was haben die christlichen
Kirchen gemacht, um sich weiterzuentwickeln und das Volk anzusprechen?
Mit Geboten allein erreicht man die Menschen nicht.»
«Nichts Unrechtes getan»
Als «Fussball-Papst» habe er sich nie bezeichnet, betont
Sepp Blatter. Das hätten gewisse Medien erfunden. Er sei ja auch nicht
unfehlbar. Blatter wörtlich: «Was mir in den letzten Jahren passiert
ist, war einfach unfair. Ich wurde von keinem ordentlichen Gericht in
der Schweiz oder im Ausland angeklagt oder verurteilt.» Er habe «sicher
nicht immer das Richtige gemacht, aber auch nichts Unrechtes». Das helfe
ihm, ein ruhiges Herz zu haben.
Kirchen hätten auf die Barrikaden steigen sollen
Als «schlimm» bezeichnet es Blatter, dass die Politik
die Kirchen in der Pandemie gleichbehandelt hat wie Bars und
Restaurants. Der Protest der Kirchen sei fast gänzlich ausgeblieben. In
Blatters Augen hätten die Kirchen «auf die Barrikaden steigen» müssen.
In solchen Momenten sei es doch wichtig, dass «man als Christen
zusammenkommt und den Glauben stärkt».
Zum Originalartikel auf IDEA Schweiz. Lesen Sie das ausführliche Gespräch mit dem ehemaligen Fifa-Präsidenten in IDEA 23-2021.