«Gott schenkt nicht einfach Olympia-Siege»

Ein Herz für Spitzensportler: Ursula Matti
Familie Matti

Der Sport ist nicht Gott. Aber Gott ist auch im Sport. Das ist die Überzeugung von Ursula Matti. Die ehemalige Spitzen-Snowboarderin gehört zum internationalen «Chaplain-Team», das an den Olympischen Winterspielen Sportler und Betreuer begleitet.

Als Mentorin an den Olympischen Winterspielen – ein Interview mit Ursula Matti*

Wie oft träumen Sie davon, dass Ihre beiden Töchter einmal Olympia-Siegerinnen werden könnten?
Ursula Matti: Oh, träumen? Das nicht, aber ich würde sie unterstützen, wenn sie von sich aus eine Sportlerkarriere anstreben würden. Wenn das der Fall wäre, würde ich ihnen schon einen Olympia-Sieg wünschen. Das ist einfach das Höchste für einen Sportler!

Warum möchten so viele junge Menschen Olympia-Sieger werden?
Das ist der Event, der weltweit die grösste Medienpräsenz hat. Ein Olympia-Sieg ist für einen Sportler das Grösste! Die Wertschöpfung aus einem solchen Sieg ist gewaltig. Einem Olympia-Sieger öffnen sich alle Türen. Die fünf Olympia-Ringe haben eine magische Wirkung.

«Alles ist möglich dem, der glaubt», sagt Jesus. Auch ein Olympia-Sieg?
Amen – natürlich! Momentan sind zwei gläubige Schweizer Snowboarder selektioniert, nämlich Heinz Inniger und Ursula Bruhin. Eventuell kommt noch Fränzi Kohli dazu. Sie alle haben Chancen auf eine Olympia-Medaille. Gott hat einem Sportler besondere Gaben geschenkt. Er will ihm helfen, mit diesen Gaben das Beste zu geben. Doch er schenkt nicht einfach einen Olympia-Sieg, weil der Sportler an ihn glaubt. Gottes Ziel ist es, dass wir ihm als Persönlichkeit immer näher kommen und im Herzen verändert werden. Gott ist keineswegs nur dann erfahrbar, wenn wir gewinnen. Gerade in der Verarbeitung von Niederlagen und Enttäuschungen ist Gottes Kraft und Hilfe auch erfahrbar.

Wo liegt denn der Vorteil, wenn ein Olympia-Teilnehmer an Gott glaubt?
Der gläubige Sportler weiss um seinen Selbstwert, unabhängig von Leistung und Sieg. Er gewinnt eine persönliche Stabilität, gerade auch für Situationen, die er nicht selber beeinflussen kann.

Warum brauchen Sportler gerade an Olympischen Spielen Seelsorge?
Ich gehe nicht in erster Linie als Seelsorgerin zur Aufarbeitung von Lebensproblemen an die Olympischen Spiele. Wir verstehen uns mehr als Sportmentoren. Wir wollen die Sportler in einer Situation, die ohnegleichen ist, begleiten. Der Erwartungsdruck an einer Olympiade ist enorm. Auch starke Persönlichkeiten kommen da an den Punkt, wo sie sich einsam und allein fühlen. Wo sie echtes Interesse an sich als Mensch und nicht zuerst als Spitzensportler nötig haben und schätzen.

Worunter leiden Spitzensportler am meisten?
Zuerst unter dem grossen Erwartungsdruck. Dann aber auch unter gesundheitlichen Problemen, Materialproblemen oder äusseren Umständen, die sie selber nicht beeinflussen können. Nicht zuletzt aber auch unter zwischenmenschlichen Problemen.

Wie kommt es überhaupt zu diesem Einsatz von Mentoren?
Der Ursprung liegt eigentlich im Jahr 1972 beim Bombenattentat auf die israelische Olympia-Delegation in München. Damals hat das Internationale Olympische Komitee gemerkt, dass es hier ein Manko gibt. Seither gibt das IOC vor, dass ein solches internationales «Chaplain-Team» bestehen muss. Ich wurde von Turin aus akkreditiert, weil ich Mitarbeiterin der Sportorganisation «Athletes in Action» bin.

Dann bezahlt das IOC diesen Einsatz?
Schön wärs! Wir streben an, dass unser Einsatz durch Sponsoren finanziert werden kann, durch Leute, die ein Herz für den Sport haben und gerade diesen Einsatz unterstützen möchten.

Wie spielt sich Ihr Einsatz ab?
Wir machen ein festes Angebot von Andachten, Gebeten und Gesprächen für alle Sportler und Betreuer, also nicht nur für Schweizer. Daneben besuchen wir Sportler an Wettkämpfen, im Olympiadorf oder auch an der Bar. Wir werden CDs abgeben, Literatur, sicher auch Sportler-Bibeln.

Warum gibt es gerade unter Schweizer Snowboardern so viele gläubige Christen?
Das ist wohl eine Frucht, die jetzt aufgeht. Die Snowboarder haben jetzt schon den zweiten gläubigen Trainer. Der erste war mein Mann Jürg. Dadurch fühlen sich gerade auch Christen motiviert, in diesen Sport einzusteigen. Es gibt heute weltweit eine grosse Szene von gläubigen Snowboardern, von wirklichen Freaks. Sie sind in der Bewegung «Snowboarders for Christ» vereinigt.

Erstaunlich, dass sich junge Christen ausgerechnet in einem derart wilden Sport finden.
Das zeigt doch, dass Christen auch am Puls des Lebens sind und viel Lebensfreude empfinden können!

Wie pflegen diese Olympia-Sportler ihr Glaubensleben?
Sie treffen sich zum Gebet und zum Austausch. Sie werden von Freunden, die zu Hause für sie beten, und von den Sportorganisationen «Athletes in Action» und «Sportler ruft Sportler» unterstützt. Meist sind sie auch in einer Gemeinde verankert.

Sie selber hatten keine schlaflosen Nächte vor diesem Einsatz?
Überhaupt nicht! Ich bin gespannt, was wir erleben werden. Mein Privileg ist es, dass ich als ehemalige Sportlerin die meisten Snowboarder und auch viele Skifahrer kenne.

Wofür beten Sie?
Es ist wirklich mein Anliegen, dass durch diese Begegnungen Sportler näher zu Gott kommen. Dass vor allem auch das Bewusstsein wächst, dass der Sport nicht Gott ist, dass Gott aber auch im Sport ist.

Was erwarten Sie sportlich von Olympia?
Ich werde in Sestriere und Bardoneccia, wo ich stationiert bin, sicher einzelne Wettkämpfe besuchen, vor allem Snowboard- und Skiwettkämpfe. Ich werde mit den Siegern feiern und mit den Verlierern weinen...

Wie viele Schweizer Medaillen erwarten Sie?
Wenn ich an die Snowboarder und andere denke, erwarte ich 15 Medaillen! Ich glaube aber auch an die Fähigkeiten unserer Skifahrer.

Was könnten Christen von jungen Spitzensportlern lernen?
Vor allem Disziplin und kompromisslosen Einsatz! Die Disziplin eines Spitzensportlers ist einzigartig. Wenn wir die Zeiten mit Gott so diszipliniert wahrnehmen und uns mit so viel Herzblut für Gottes Sache einsetzen würden, wäre unser Leben viel spannender. Und wir würden viel mehr bewirken. Dann wäre das Leben zwar anstrengender, aber auch intensiver. Wir gingen mehr als Sieger durchs Leben!

Wie trainieren Sie selber, damit Sie möglichst viele Siege mit Gott erleben?
Mein Training, meine Zurüstung geschieht durch das Bibellesen, das Gebet und überhaupt die Zeit, die ich mit Gott verbringe. Aber auch durch meine Gemeinde in Gstaad, die «Möser Church», durch meine geistlichen Mütter und Väter.

Wer ist Gott für Sie?
(strahlt) Mein Dad, mein Vater!

Ursula Matti, 40, wohnt mit ihrem Mann Jürg und den Töchtern Olivia und Lara in Saanen. Die eidgenössisch diplomierte Kauffrau gehörte von 1991 bis 1995 zu den weltbesten Snowboard-Fahrerinnen und war zweimal Vize-Europameisterin. Sie engagiert sich im christlichen Sportlermentoring und gehört in dieser Funktion an den Olympischen Winterspielen vom 10. bis 26. Februar zum internationalen «Chaplain-Team».

Datum: 14.02.2006
Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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