Überreste eines Thermopoliums in Pompeji (Bild: Wikipedia)
Normalerweise ist Geschichtsschreibung die Geschichte
der Sieger und der Reichen. Sie bestimmen, was überliefert und was gestrichen
wird. Doch manche Funde und nicht zuletzt die Bibel ermöglichen ein ehrlicheres
Bild der Vergangenheit.
Aus der Antike sind naturgemäss nicht viele Dinge
erhalten geblieben: Es gibt Münzfunde, Statuen, Werkzeuge, Waffen, Geschirr und
ein paar Ruinen von Gebäuden. Das meiste davon gehörte der Oberschicht und den
Reichen. Sie hatten mehr und wertigere Dinge, die die Zeit besser überstanden
haben. Arme hatten wenig bis nichts – da ist dann auch nichts zu finden. Und was
sie hatten, war oft aus Holz oder Ton und ist längst vergangen.
Ein Stehimbiss rückt die Armen in den Blick
So war es eine kleine Sensation, als Archäologen in
Pompeji ein kunstvoll verziertes Thermopolium entdeckten. Der Begriff bezeichnet
etwas, das wir heute als Stehimbiss bezeichnen würden. Als der Vesuv im Jahr 79 nach
Christus ausbrach, wurden in Pompeji arme wie reiche Stadtviertel
gleichermassen zerstört und gleichzeitig unter der Vulkanasche konserviert.
Mitte
August wurde ein besonders schön ausgestatteter Imbiss
der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Und die Ausgrabungen werfen ein
interessantes Licht auf die Armen, die damals in Pompeji lebten. Viele hatten
keine Kochgelegenheiten in ihren Ein- oder Zweizimmerwohnungen, so assen sie
einfache Gerichte im Stehimbiss um die Ecke: Bohnen, Wein, eingesalzenen Fisch
und eine Art Paella.
Die Bibel hat viel für die Armen übrig
Eine andere wichtige Quelle für das Leben der Armen in
der Antike – und das war die Mehrheit der Bevölkerung – ist die Bibel. Es gibt
überhaupt nur wenige schriftliche Zeugnisse aus dieser Zeit, und die meisten davon
beschäftigen sich mit Königen, Helden, Göttern und Kriegen. Die Bibel wird von
Historikern zwar immer wieder kritisiert, weil manche der darin beschriebenen
Könige angeblich nicht real waren. Ihre Beschreibungen der einfachen Leute sind
aber unstrittig: Ob das Ruth und Naemi
sind und ihr schwieriges Durchkommen als alleinstehende Frauen, ob es die für
damalige Verhältnisse revolutionäre Sozialgesetzgebung des Alten Testaments ist
(z. B. 2. Mose Kapitel 22, Verse 20–26)
oder die prekäre Situation vieler Kranker und Ausgegrenzter, die oft am Rande
der neutestamentlichen Wunderberichte beschrieben werden.
Wenn Gott Geschichte schreibt
Alles zusammen macht mehr deutlich als ein
ausgegrabener Stehimbiss in Pompeji. Es zeigt nicht nur, dass es damals Arme
gab, sondern dass Gott sich schon immer in besonderer Weise für die einfachen
und normalen Menschen interessiert hat. Sie waren und sind ihm wichtig. So
kommen in der Kirchengeschichte immer wieder Grossereignisse zur Sprache:
Konzile und Kriege, Päpste und Politiker.
Aber wenn Gott Geschichte schreibt,
dann geschieht das meistens abseits der Schlagzeilen, dann gebraucht er normale
Menschen in ihrer Umgebung, dann verändert er die Lebensumstände der Ärmsten,
dann schenkt er das, was die Bibel als «Heil» bezeichnet mitten in kaputte
Umstände hinein. Dieses Eingreifen Gottes konnten Archäologen noch nie
ausgraben. Aber Gottes Leute erlebten und erleben es zu allen Zeiten.