Alle
paar Monate geht die Behauptung durch die Medien, dass jetzt endlich der
ultimative wissenschaftliche Beweis vorliegen würde: «Jesus ist nie
auferstanden», «Die Arche wurde tatsächlich entdeckt» oder Ähnliches. Dabei sind es nie echte
Beweise, sondern maximal Puzzlesteine, die für oder scheinbar auch gegen die
Glaubwürdigkeit der Bibel sprechen.
Archäologische Funde in Umm Qais im nördlichen Jordanien
Hinter vielen archäologischen Entdeckungen und ihrer
Darstellung in den Medien steckt ein eher missionarisches Anliegen: Da geht es
offensichtlich nicht darum, dass ein sensationeller Münzfund aus der Antike
beschrieben wird oder man aufgrund eines ärztlichen Gutachtens von heute Fragen an die Kreuzigung von Jesus hat. Schnell wird dann der aktuelle Fund –
und manchmal auch die bereits ziemlich alte Erkenntnis – ins jeweils eigene
Weltbild einsortiert. Und dann ist es plötzlich klar: Diese Sensation erklärt
alles! … Schön wär's.
Die
Sehnsucht: Sensation und Klarheit
Dahinter steckt die heimliche Sehnsucht nach einer
einfachen, griffigen und schnellen Erklärung für komplexe Zusammenhänge. Gerade
in der Geschichtsforschung ist das allerdings schwierig: Die Zeiträume sind
gross, die Funde gering und der Interpretationsspielraum riesig.
Befeuert wird diese Erwartungshaltung auch von einer
idealisierten Geschichte der Altertumsforschung. Da gab es zum Beispiel einen
der «Gründerväter» der Archäologie: Heinrich Schliemann (1822-90). Der erfolgreiche Kaufmann war fest davon überzeugt, dass Homer den trojanischen
Krieg nicht erfunden hätte, rüstete eine Expedition aus, setzte eine Grabung
durch und fand tatsächlich Troja. Berühmt wurde er allerdings in erster Linie
durch den sensationellen «Schatz des Priamos». Doch gerade dieser Fund gehört
nachweislich in eine ganz andere Zeit.
Sensation, Klarheit und Irrtum begleiten die
Archäologie also schon eine ganze Weile. Aus christlicher Sicht kommt noch ein
wichtiger Aspekt dazu: Wie ist in diesem Zusammenhang die Bibel zu sehen? Wie
glaubwürdig ist diese alte Schriftensammlung? Und wird diese Glaubwürdigkeit
von anderen Funden vielleicht noch unterstützt?
Die
Realität: kleine Puzzlestücke
Vollmundigkeit bietet hier keine Lösung. Die
Wissenschaft wird die Bibel nie belegen – und nie widerlegen.
Tatsächlich ist insbesondere die Archäologie geradezu ein Puzzlespiel. Das geht mit
vielen kleinteiligen Funden los, die zum Teil noch zusammengesetzt werden
müssen. Und das geht mit ihrer Deutung weiter.
Da hat man einen Ring in Israel gefunden, auf dem der Name «Pilatus» steht. Wunderbar, auch in der Bibel kommt eine einflussreiche
Person vor, die so heisst. Doch ist es dieselbe? Und was bedeutet der Fund
eines Sigelrings mit seinem Namen?
Da steht in der Bibel,
dass Jesus einen Blinden aufforderte, seine Augen im Teich Siloah zu waschen.
Doch Archäologen wussten von keinem solchen Teich. Lange wurde die biblische
Aussage deshalb als «bildlich gemeint» beschrieben, bis der Teich schliesslich entdeckt wurde.
Die Liste liesse sich fast endlos fortsetzen: Zahlreiche
Funde
zeigen, dass in der Bibel genannte Personen, Ereignisse und Orte Realität sind.
Und zu zahlreichen biblischen Ereignissen gibt es nur die Erwähnung in der Bibel
und keinerlei ausserbiblisches Zeugnis.
Der
Anspruch: Glaubwürdigkeit und mehr
Jahrelang war die Bibel selbst als wissenschaftlich
tragfähige Quelle für Aussagen über die Antike verpönt. Das ändert sich gerade.
Inzwischen lehnt kaum ein Historiker biblische Aussagen als nicht relevant ab.
Es sind für sie Quellen, genauso wie die wenigen anderen Schriften und Belege
über den alten Orient.
Und eigentlich ist es auch nicht verwunderlich, dass
viele biblische Aussagen nirgendwo anders als in der Bibel beschrieben werden.
Geschichtsschreibung betont nämlich meistens die Positionen der Sieger, ihre
Kriege und politischen Grosstaten. Da finden persönliche oder familiäre
Nachrichten, wie sie in der Bibel oft vorkommen, keinen Raum.
Insgesamt ist es erstaunlich, wie viele Details und
Puzzlestücke die Archäologie bislang zur biblischen Geschichte beitragen
konnte. Kein Fund kann dabei für sich reklamieren, die Wahrheit der Bibel
bewiesen zu haben. Aber jeder Fund ist ein Puzzlestück, das uns hilft, die
Bibel und ihre Zeit besser zu verstehen.
Lässt archäologische Forschung die Bibel glaubwürdiger werden?
Das lässt sich nicht so einfach sagen.
Wissenschaftliche Genauigkeit nach heutigen Massstäben war nicht das Ziel der
biblischen Autoren. Auch die meisten archäologischen Funde lassen durchaus
verschiedene Möglichkeiten zum Interpretieren zu. In diesem Sinne schaffen sie
keine endgültige Klarheit, aber sie tragen Stück um Stück zu einem
vollständigeren Bild der Bibel bei.
Die Glaubwürdigkeit der Bibel liegt auch
letztlich auf einer anderen Ebene als darin zu beweisen, dass Josef tatsächlich
nach Ägypten verkauft wurde. Geschichtliche Belege dafür sind wichtig und gut,
doch das Anliegen der Bibel ist ein anderes: Sie will Leben vermitteln. Deshalb
schliesst der Evangelist Johannes sein Evangelium auch nicht mit einem
Querverweis auf andere historische Quellen, sondern mit einem Aufruf zum
Glauben und Leben: «Noch viele andere Zeichen tat Jesus nun vor seinen Jüngern,
die in diesem Buch nicht geschrieben sind. Diese aber sind geschrieben, damit
ihr glaubt, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch
den Glauben Leben habt in seinem Namen» (Johannes, Kapitel 20, Vers 30-31).
Die Bibel beansprucht aber selbst, ein genaues Geschichtsbuch zu sein. Damit verknüpft sie die Glaubwürdigkeit auch der geistlichen Botschaften (das sagt auch die erwähnte Johannes-Stelle). Brauchen wir die Archäologie? Einerseits ja, denn sie kann Suchenden einen Kick geben, es mit dem Vertrauen auf den Gott der Bibel zu versuchen. Anderseits nein, denn das Wort Gottes hat diese Bestätigung eigentlich nicht nötig. Während die einen hektisch am Ecktisch darauf warten, dass ein archäologischer Fund endlich die Bibel widerlegt, können die anderen locker von Hocker mitverfolgen, wie ein Puzzleteil nach dem anderen Gottes Wort bestätigt. Unter dem Strich: eine gute Sache!
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