US-Bürger und ihr Verhältnis zu Gott

USA und die Religion.

Religion spielt im öffentlichen Leben der USA eine weitaus grössere Rolle als in Europa. Eine Beobachtung, die besonders im konservativen "Heartland", jenseits der Metropolen der Ostküsten, offenkundig ist. Eine der bislang umfassendsten demoskopischen Erhebungen zum Thema Religion hat diese religiöse Prägung nun wissenschaftlich untersucht – und bestätigt.

Die Studie zeigt aber auch, dass viele Amerikaner schwer einer bestimmten Kirche zuzuordnen sind. Immer mehr Amerikaner, so interpretierte die Tageszeitung "Washington Post" die Ergebnisse, neigen zu einer Vermischung unterschiedlicher christlicher Konfessionen und Gemeinschaften. Sie besuchten zunehmend unabhängige Gemeinden und begäben sich bei der Suche nach spiritueller Heimat auf regelrechte kirchliche "Erkundungsfahrten" ("shop for churches").

Die "Baylor University" im texanischen Waco befragte mehr als 1.700 repräsentativ ausgewählte US-Bürger zu ihrem Verhältnis zu Gott und Religion. Wichtigstes Ergebnis sei ein deutlicher Widerspruch zu der in den USA immer wieder zu hörenden Meinung, das Land sei auf dem Weg in die Säkularisierung; die Bedeutung von Religion im Leben der Amerikaner lasse nach.

Zwar hat sich laut Umfrage die Zahl jener, die sich als religionslos bezeichnen, seit 1990 von 7 auf 14 Prozent verdoppelt. Genaues Nachfragen habe jetzt jedoch ergeben, dass viele Amerikaner dieser Gruppe sehr wohl einen "place of worship", also einen bestimmten Gebets- oder Andachtsraum angeben, den sie besuchen. Das kann eine von den traditionellen US-Kirchen unabhängige Institution sein, aber auch eine reguläre Kirchengemeinde, der man sich verbunden fühlt, ohne offiziell Mitglied zu sein.

Vier verschiedene Ansichten über Gott

Die Wissenschaftler unter Leitung des Soziologen Byron Johnson wählten einen anderen Ansatz als herkömmliche Erhebungen zum Thema Religion. "Die meisten Demoskopen", so Johnson, "fragen, wie oft man betet. Wir wollten wissen, an wen das Gebet gerichtet ist, warum man betet und was der Inhalt des letzten Gebets war." Die Auswertung der Umfrage brachte die Forscher dazu, von vier "Gottheiten" im Bewusstsein der Amerikaner zu sprechen, mit vier unterschiedlichen Konzepten von Gott.

31 Prozent sehen demnach in Gott eine autoritäre, geradezu "zornige" Gestalt, was dem deutschen Begriff "Gottesfurcht" entsprechen mag. Demgegenüber stehen die Vorstellungen vom "gutmütigen Gott" (25 Prozent), einem "entfernten und distanzierten Gott" (23 Prozent) oder die Überzeugung, Gott sei vor allem "kritisch" (16 Prozent).

Wörtlicher Glaube an die Bibel

Fast die Hälfte der Befragten (47,2 Prozent) gab dabei an, wörtlich an die biblischen Inhalte zu glauben. Und: 28,5 Prozent der Befragten glauben an eine Wiedergeburt und bezeichnen sich als "wiedergeborene Christen". Mit Adjektiven, die in der öffentlichen Diskussion dagegen eher negativ beladen sind, identifizierte sich nur eine Minderheit: 8,3 Prozent erklärten, sie fühlten sich der "religiösen Rechten" zugehörig; fast genau so viele bezeichneten sich als Fundamentalisten - wobei Überschneidungen zwischen beiden Gruppen möglich (und wahrscheinlich) sind.

Esoterisch angehaucht

Auch ein nicht spezifisch christlicher Nebenbefund der Studie darf überraschen: Denn Amerikaner sind auch jenseits der Religionsausübung im wahrsten Sinne des Wortes gläubig. Auf Nachfrage fanden sich hohe Zustimmungsraten zu einer Existenz von Ufos, des Unterwasserreichs Atlantis sowie zur Bedeutung von Horoskopen und astrologischen Beobachtungen.

Autor: Ronald Gerste

Datum: 15.09.2006
Quelle: Kipa

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