25 Jahre seit Völkermord

«Es ist wie das Antasten von Gottes Augapfel»

Der unfassbare Schrecken begann vor 25 Jahren, am 6. April 1994. Bis Mitte Juli fielen dem Völkermord in Ruanda rund eine Million Menschen zum Opfer. Christliche Gemeinden brachten in den vergangenen Jahren Opfer und Mörder zusammen.
Kiner in einem Flüchtlingslager in Ruanda

Samuel Smith, Reporter der «Christian Post», besuchte Ruanda rund 25 Jahre nach den Gräueltaten. Er traf Bauer Habarurema Bosco, der sich nicht mehr wie ein Mensch fühlte, nachdem er durch den Völkermord seine ganze Familie verloren hatte. Die Tutsi-Familie wurde von der ethnischen Mehrheit der Hutu wie Tiere gejagt. Der damals noch junge Mann überlebte als einziges Mitglied einer 40-köpfigen Familie. Seinen Schmerz linderte er mit Drogen und Alkohol.

Bis er Jesus Christus kennenlernte und erfuhr, dass alle Menschen nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind. Heute ist er sechsfacher Familienvater und hilft dabei, die Herzen seiner Mitmenschen zu verändern. Das erste Wunder sei die Verwandlung seines eigenen Lebens gewesen.

Echte Vergebung

«Heute preise ich Gott dafür, dass er mich gerettet hat und ich in der Lage bin, in Frieden mit meinen Mitmenschen zu leben. Mein Herz ist jetzt frei und Gott lebt in mir. Da Gott mich gerettet hat, möchte ich diese Liebe mit anderen teilen», sagt Bosco.

Obwohl Bosco Pfingstler ist, ist er integraler Bestandteil eines Programms der katholischen Pfarrei Rugango, welches 2017 begann, Überlebende des Völkermords und Täter aller christlichen Richtungen auszubilden, damit sie in der Bevölkerung helfen, die schwere Vergangenheit abzulegen und gemeinsam Verbesserungen für die verarmten Bauern zu schaffen.

Zu dieser Gruppe gehören 84 Überlebende und Täter des Völkermords, die sich wirklich vergeben haben und sich nun immer wieder treffen. «Es war ein Prozess, der die Mentalität geändert hat», sagt Programm-Mitarbeiterin Mukankrange Vestine, die selbst 14 Familienmitglieder durch den Völkermord verlor.

Zutiefst bereut

Eine zweite solche Gruppe ist im vergangenen Jahr entstanden, weitere sollen folgen. Zu einer dieser Gruppen gehört ein Mann namens Boniface, der zu den angestachelten Hutus gehörte. «Das Fünfte der Zehn Gebote Gottes besagt, dass du keinen Menschen töten sollst. Ich weiss, dass Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat. Ich weiss, dass das Töten eines Menschen wie das Antasten von Gottes Augapfel ist.»

Längst hat er seine Taten zutiefst bereut. «Ich bete, dass ich nie wieder so gegen meinen Gott sündigen werde. Ich kann nicht sagen, dass ich heute ein perfekter Mensch bin. Aber ich bete, dass ich diese Sünde, das Ebenbild Gottes zu zerstören, nie wieder begehe.»

Herzen waren gebrochen

Die Leiter der Kirche wählten Versöhnungsförderer innerhalb der Kirchen aus. Die Leiter wurden geschult, um diesen Prozess in ihren Gemeinden weiter voranzutreiben.

Es habe 23 Jahre gedauert, bis solche Gruppen möglich waren, sagt Bosco. Das liege daran, dass die Herzen der Ruander wirklich gebrochen waren. Etwas von der Grösse eines Völkermords sei nicht etwas, das man einfach so hinter sich lassen kann.

Doch wenn Menschen zu Christus kommen, werden sie Teil einer Familie, die im Opfer Jesu zusammengeführt wird, wie sich in verschiedenen Fällen zeigte. Gleichzeitig sei diese Einheit aber harte Arbeit.

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Datum: 06.04.2019
Autor: Daniel Gerber / Samuel Smith
Quelle: Livenet.ch / Christian Post

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