Claudio Minder kehrt erschüttert aus Malawi zurück

Claudio Minder dreht für Fenster zum Sonntag
In der Schule sitzen die Kinder am Boden
Minder hilft Grace mit der Hirse
Verwaiste Kinder haben oft niemanden mehr
Minder und ein kleiner Malawier
Minder stampft Hirse für Grace

Zehn Tage verbrachte der ehemalige Mister Schweiz 2000, Claudio Minder, im ostafrikanischen Malawi. Er war unterwegs als Botschafter für das Hilfswerk TearFund. Und kommt erschüttert zurück. Doch immerhin kann bereits eine kleine Patenschaft eine grosse Wirkung zeigen.

Erschüttert erzählt Claudio Minder von seiner Reise: „Die Hütte war zwei auf vier Meter – für eine vierköpfige Familie. Die Mutter hat Aids. Ihr Name ist Grace, einfach nur Grace.“ Claudio Minder besuchte die Familie, die er jeden Monat unterstützt. Grace hat Aids, gleich wie 20 Prozent der Einwohner von Malawi im Südosten Afrikas. Ihre drei Kinder sind noch klein. Der Ehemann ist bereits tot.

Zu schwach zum Kochen

„Sie geht für einen Topf Wasser einen halben Kilometer. Den Topf füllt sie nicht vollständig, denn er wird für die geschwächte Frau zu schwer.“ Während seines Besuchs half er ihr. Später stampfte er für sie Hirse. Der sonst so lebenslustige und ehrgeizige frühere Mister Schweiz sitzt nachdenklich am Interviewtisch und blickt auf das Foto auf seinem Notebook: „Ein Berg Hirse. Grace wird nie damit fertig. Sie ist einfach zu langsam und zu schwach für diese Arbeit. Die Krankheit raubt ihr die Kraft.“

Minder ist schockiert über die schlechten Lebensbedingungen der Malawier. Trotzdem geht es Grace besser als vielen anderen Menschen dieser Bevölkerungsgruppe. Dank der monatlichen Unterstützung hat sie immerhin zu essen; sie hat Kleidung und kann Medikamente kaufen. Ausserdem dürfen die Kinder zur Schule gehen und erhalten auch christliche Unterweisung.

Der Mister als Entwicklungshelfer?

Claudio Minder zeigt mehrere Dutzend Fotos auf seinem Notebook. Auch Filmaufnahmen für einen Beitrag von «Fenster zum Sonntag» wurden gemacht. Er erzählt weiter: „Wir haben auf dem Feld gearbeitet und konnten vor dem Essen die Hände nicht waschen, da Wasser Mangelware ist. In solchen Momenten wurde mir immer wieder bewusst, wie gut wir es hier in der Schweiz haben.“

Der Mann hat sich gewandelt. Er ist nachdenklicher, überlegter und reifer geworden. Innerhalb von kürzester Zeit. Im Gegensatz zu früher haben seine neuen Projekte an Glanz verloren, dafür an Bedeutung gewonnen. Gleich über drei soziale Projekte versucht er, benachteiligten Menschen zu helfen.

Vom Mister zum Entwicklungshelfer? „Wichtig für uns Europäer ist es, zu erkennen, dass es noch eine andere Welt gibt. Wir leben doch hier im Schlaraffenland. Die Malawier hingehen haben nicht einmal jeden Tag Wasser und Nahrung. Es ist mir ein grosses Anliegen, diesen Menschen zu helfen. Durch meinen Besuch weiss ich jetzt auch, dass in Malawi 40 Franken viel mehr wert sind als hier.“

Wut und Ohnmacht über die Hilflosigkeit

Vor fünf Jahren noch ein junger gedankenloser Dandy mit geliertem Haar, rauft er sich nun den schwarzen Haarschopf und zeigt sanftmütig Fotos von einsamen Kindern, die ohne Eltern auf der Strasse aufwachsen müssen. Von Menschen, die nicht wissen, was sie am Abend essen sollen, von aidskranken Frauen, denen die Männer wegsterben und die trotz Krankheit noch eine ganze Familie zu versorgen haben. In seinen Augen stehen plötzlich Wut, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Unvermittelt meint er: „Ich habe das fast nicht ausgehalten. Überall diese Not …“

In der Schule haben die Kinder kaum Platz und müssen auf dem schmutzigen Boden sitzen. Schreibzeug fehle ebenfalls. Dafür sprechen sie der Lehrerin Englisch nach: „one, tooo, sree”. Während des Besuchs kuschelten sich die Kinder an den Weissen, zeigten mit kleinen Fingern, wie alt sie sind. Zu jung, um die Eltern zu verlieren, alt genug, um auf kleine Waisen aufzupassen.

Grace wird sterben

Der Besuch in der Kirche verlief anders. „Gemeinden schiessen da wie Pilze aus dem Boden. Die Jungendgruppe trifft sich dreimal pro Woche. Sie singen, spielen und erarbeiten Projekte, um den Menschen zu helfen.“ Er ist plötzlich begeistert von der Art, schwärmt davon, wie Malawier Gottesdienst feiern. Frauen, Männer und Kinder tanzen und singen stundenlang. Die Lebensfreude auf den Bildern springt einen an.

Aber was wird aus Grace? „Sie wird bestimmt bald sterben“, meint Minder und senkt den Blick. Die drei Kinder seien noch klein. TearFund wird versuchen, für sie eine neue Familie finden, wenn Grace stirbt. Auch wenn die Not ihn schmerzt – oder gerade deshalb – will sich Minder weiterhin für diese Menschen starkmachen. Und wenn er dafür ans Ende der Welt reisen muss. Er hat sich für den „Tropfen auf den heissen Stein“ entschieden und lächelt über diesen Vergleich: „Für uns ist es ein kleiner Tropfen. Aber im Leben dieser Kinder wird er zur rettenden Quelle."

Datum: 07.07.2006
Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch

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