Lyn Turner besucht seit Jahren Frauen in einem Gefängnis im australischen Queensland und bringt ihnen das Evangelium der Liebe und Vergebung. Die Idee dazu hatte sie, als ein Bekannter abschätzig über diese Leute sprach. Das seien ja «nur
Verbrecher». Lyn sieht das etwas anders...
«Ich dachte darüber nach, wie
schnell wir Steine auf Menschen werfen, die am Rande stehen», erinnert sich Lyn
Turner. «Ich dachte daran, wie es in biblischen Zeiten echte, harte
Steine waren. Wir benutzen heute Worte als Steine. Doch diese Worte schmerzen
ebenfalls.» Aber auf der anderen Seite können Worte der Liebe und des Mitgefühls so viel verändern. Lyn bringt den Insassinnen
eines Frauengefängnisses im Südosten von Queensland als Freiwillige von «Inside
Out Prison Chaplaincy» das Evangelium und erlebt dabei Erstaunliches.
«Hinter jeder Frau steht eine
Geschichte»
Lyn Turner
«Hinter jeder Frau, die im
Gefängnis sitzt, steht eine Geschichte und ein Grund, warum sie dort ist. Oftmals
setzen sich Lebensmuster von einer Generation zur nächsten fort.» Christus aber könne diesen
Kreislauf durchbrechen, ist Lyn überzeugt. Genau das erlebe sie auch immer wieder in ihrem Dienst.
Eine Frau besuchte
beispielsweise die Gottesdienste, einzig um eine Abwechslung zu haben. Eines
Tages blieb sie zurück und bat um Gebet. Sie lernte Gott hinter Gittern kennen.
«Inzwischen ist sie entlassen worden und führt ein grossartiges Leben. Sie
macht grosse Fortschritte im Glauben und sie ist nun eine wunderbare Mutter und
ein eigenständiges Mitglied ihrer neuen Gemeinschaft.»
Der schwere Weg zur Selbstversöhnung
«Es ist ein Privileg, die
Frauen im Gefängnis zu unterstützen und zu ermutigen, mit ihnen die Bibel zu
lesen und mit ihnen zu beten. Ich bin jetzt in der Lage, ihnen Dinge zu
erklären, die ich mir selbst gerne hätte erklären lassen, als ich
jung war. Zum Beispiel, dass Gott uns
alle liebt, ob wir nun im Gefängnis sind oder nicht.»
Für manche Frauen sei es schwer
– auch wenn sie wissen, dass ihnen vergeben ist – sich selbst zu vergeben,
besonders wenn sie ihre Familien verletzt haben. Ihre Botschaft an die Frauen sei dann jeweils diese: «Nichts ist zu schwer für Gott! Wenn jemand, der so rein ist wie
Gott, uns vergeben kann, dann können wir uns selbst sicher auch vergeben.»
Voller Fragen
Sie entdeckte, dass die
Vollzugsanstalten voller Menschen sind, die Antworten auf die grossen Fragen
des Lebens suchen. Dies bemerkte auch Lyns Kollege Jason (der nur mit Vornamen
genannt werden will), der Männer-Gefängnisse aufsucht. «Es gibt eine harte Kultur,
die sagt: 'Wenn du Gott brauchst, ist das wie eine Krücke.' Und viele Jungs neigen dazu, sich eine harte Schale anzueignen und keine Schwäche zu zeigen.»
Doch das Gefängnis sei eine
erstaunliche Umgebung, erklärt Jason, allein deshalb, weil man weit weg von den Ablenkungen ist. «So fangen viele an, die grossen Fragen
zu stellen: 'Warum bin ich hier? Wie bin ich ins Leben gerufen worden? Wohin
komme ich, wenn ich sterbe?'» Manche kommen und stellen diese Fragen heimlich.
Viele werden durch die Liebe
verwandelt
Jason sah, wie sich viele
Gefangene Christus zugewendet haben. Einer davon ist Lukas. «Er kam nur ein
paarmal in den Gottesdienst und kicherte immer. Dann blieb er ein paar Monate
fern. Doch plötzlich kam er regelmässig und sagte, Gott habe ihn durch die
Bibel kraftvoll angesprochen. Nun gehört er zu den reifsten Christen im Gefängnis
und hat bereits andere zu Jesus geführt.»
Bei Jason war es ein Wort aus der Bibel, das ihn in die Gefängnisseelsorge führte: «Ich erinnerte mich an Jesu Worte: 'Ich
war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.' Und dann wird im Hebräer-Buch
davon gesprochen, einander im Gefängnis zu besuchen, als ob man selbst dort wäre.
Gott hat also ein Herz für die, die im Gefängnis sind.»
Und für Lyn ist klar: «Jesus
suchte die Ausgegrenzten auf, die Menschen, die am Rande der Gesellschaft
stehen – die Frau am Brunnen zum Beispiel. Das waren die Menschen, für die er
Zeit hatte. Das sind die Menschen, denen er geholfen und denen er neues
Leben geschenkt hat.»