100 Jahre danach

Kaiser-Nachfahre entschuldigt sich für ersten Weltkrieg

London, Royal Albert Hall. Am 6. Mai betritt an der diesjährigen «Alpha Leadership Conference» ein Mann die Bühne und entschuldigt sich für den vor 100 Jahren begonnen Ersten Weltkrieg. Das Publikum dankt ihm mit minutenlangem Applaus. Der Mann ist ein Deutscher, ein lutherischer Pfarrer: Prinz Philipp von Preussen, Nachfahre des letzten deutschen Kaisers.
Philipp Kiril Prinz von Preussen ist Nachfahre Kaiser Wilhelms II. und bekennender Christ mit der Bereitschaft zum Anecken.
Philipp Kiril Prinz von Preussen bei seinem Auftritt an der Alpha-Konferenz 2014.

«Ich persönlich werte, vor allem von der historischen Tragweite her, dieses Ereignis als absoluten Höhepunkt der Konferenz», unterstrich Lukas Herzog, Medienchef von Campus für Christus in der Schweiz. Er war als Teilnehmer der «Alphalive»-Delegation der Schweiz (in Deutschland nur «Alpha») bei der Konferenz in London zugegen.

Ein Mann übernimmt Verantwortung

Verschiedene Gäste und Teilnehmer der Alpha-Konferenz werden zu ihrem persönlichen Resümee oder einer Stellungnahme auf die Bühne gebeten. Mit Schmunzeln im Publikum wird dabei auch ein sympathischer Mittvierziger vorgestellt, der mit seinem Sohn, einem Lobpreisleiter, teilnimmt: Philipp Kiril Prinz von Preussen. Er ist der Ur-Ur-Enkel von Wilhelm II., dem letzten Deutschen Kaiser, und Ur-Ur-Ur-Enkel von Queen Victoria und Prince Albert aus England (dem Namensgeber des Veranstaltungsortes). Schnell kommt Herr Preussen, wie er genannt werden möchte, auf den Punkt: Er verweist auf seinen kaiserlichen Vorfahren, dessen ansatzweise vorhandenen Glauben und gleichzeitig sein Versagen, «Nein» zu sagen zum Ersten Weltkrieg. Und dann bittet er unter Tränen um Vergebung für das, was sein Vorvater mit ausgelöst hat.

Preussen erhält dafür minutenlange Standing Ovations. Er bedankt sich beim Publikum und ergänzt, ohne daraus eine Geschichtsstunde zu machen, dass «wir einen Gott haben, der mit Ruinen etwas anfangen kann». Weil er das glaubt, sei er Pastor geworden, stellt er klar, und er bittet: «Betet für Deutschland.»

Die Bewertung hat sich gewandelt

Der Umgang mit der Kriegsschuldfrage ist sehr sensibel. Zu gern wird hierbei schwarz oder weiss gemalt, wird einseitig verdammt oder genauso einseitig freigesprochen. Im Versailler Vertrag wurden Deutschland und seine Verbündeten im sogenannten Kriegsschuldartikel (§ 231) als alleinige Urheber des Krieges festgeschrieben. Viele Deutsche gingen eher von einer Verkettung unglücklicher Umstände als von echter Schuld aus. Dies drang erst nach 1961 ins Bewusstsein der Bevölkerung, als der deutsche Historiker Fritz Fischer in seinem Buch «Griff nach der Weltmacht» stark die Verantwortung der Deutschen an den Weltkriegen betonte. Heute schwingt das Pendel der historischen Bewertung gerade wieder in die andere Richtung. Ursache ist unter anderem die Studie des britischen Historikers Christopher Clark «Die Schlafwandler». Darin stellt dieser heraus: «Die Deutschen tragen Schuld am Ersten Weltkrieg – aber nicht mehr als andere.»

Schuld ist nicht teilbar

In diesem Kontext gewinnt die historische Entschuldigung des kaiserlichen Nachkommens eine ganz besondere Bedeutung. Ohne zuerst darauf zu verweisen, dass Deutschland nicht allein schuldig sei, der Kaiser nicht die alleinige Verantwortung trug und er als Nachfahre eigentlich gar nichts damit zu tun habe, bittet hier jemand um Vergebung. Übernimmt Verantwortung. Unterstreicht, dass Schuld nicht teilbar ist. Steht für seinen Teil gerade. Und gewinnt damit die Herzen der Menschen. Mehr als das: Die Zuversicht von Prinz Philipp von Preussen hat damit eine gute Basis gewonnen – Gott kann auf Ruinen etwas aufbauen. Und er wird es tun.

Datum: 12.05.2014
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service