Suche nach Antworten

Kommt auch das Böse von Gott?

Wenn Flutwellen-Katastrophen, Erdbeben und Völkermorde Zigtausende von Menschen dahinraffen, fragen auch Menschen, die sich sonst wenig um Gott kümmern: Warum lässt Gott das zu? Dazu gibt es keine einfache Antwort, aber es gibt Antworten.
Überschwemmung

Während sich viele seiner Kollegen und Kolleginnen um eine Antwort herummogelten, hat sich der Berner Pfarrer Beat Weber in die Bibel vertieft und nach Antworten gesucht, die auch kritischen Einwänden standhalten können. Zusammengefasst kommt er zu folgendem Schluss:

Für das Böse sind laut der Bibel drei Akteure verantwortlich: Der Teufel, der Mensch selbst – und Gott. Oft kommen auch mehrere Akteure in Frage. Beat Weber erinnert an Judas, der seinen Lehrer und Meister Jesus an die Religionspolizei auslieferte. In diesem Fall hätten alle drei eine Rolle gespielt. Der Teufel hat Judas verführt. Judas selbst liess sich vom Geld verlocken und ist deshalb für sein Handeln auch mitverantwortlich. Gott selbst liess den Verrat zu, weil damit auch sein «Ratschluss» in Erfüllung ging, dass Jesus für die Sünde der Menschen weltweit und zu allen Zeiten sterben sollte. Die Verantwortungen der drei Akteure ergänzen sich in einer Art und Weise, die aber letztlich ein Geheimnis bleibt.

Die «dunkle Seite» Gottes

Die Bibel selbst tut sich nicht schwer damit, immer wieder Gott selbst als Verursacher von Not und Tod zu bezeichnen. Im Hintergrund steht die Überzeugung, dass alles Geschehen, auch das Negative, nicht ohne Gottes Zutun zu denken ist. Bei allem hat er seine Hand im Spiel. Der Versuch, zwischen «verursachen» und «zulassen» zu unterscheiden, löst unser Problem letztlich nicht. Beat Weber dazu: «Es ist gerade diese «dunkle Seite» Gottes und damit die Behaftung auf seiner Verantwortlichkeit angesichts des Leidens, die Menschen Hoffnung und damit auch Sinn zu geben vermag. Denn damit verbunden ist die tiefe Überzeugung, dass derjenige, der die Not herbeigeführt hat, sie auch wieder wenden kann.»

Gerade diese Gewissheit würde uns fehlen, wenn Gott mit notvollen Ereignissen nichts zu tun hätte. Er wäre auch nicht wirklich Gott, wenn er nur reparieren würde, was andere angestellt haben, seien es Menschen oder der Teufel. So im Stile von «der Papa wird’s schon richten». Der biblische Gott ist kein Dienstleister-Gott.

Ein Sinn?

Nun zur Frage, ob hinter Leid, Not und Tod trotzdem ein Sinn stecken kann. Weber nennt dazu drei Gesichtspunkte:

Wir lernen Verständnis und Barmherzigkeit

«Zum ersten können schwere Schicksale der Lebensvertiefung und der Reifung dienen. Wir Menschen haben den Hang, das Gute und Gelungene (nur) uns selber und unseren Fähigkeiten zuzuschreiben. Wir neigen zur Oberflächlichkeit und können leidende Menschen nur schwer verstehen. Eigenes Leiden führt zu den Wurzeln unseres Menschseins zurück, ruft uns zur Arbeit an unserem Charakter. An uns geschehen schmerzhafte Umwandlungsprozesse, die uns aber letztlich zugute kommen. Durch eigene Not werden wir mitfühlender, verständnisvoller, barmherziger.»

Sehnsucht nach der Ewigkeit

Zum zweiten könne uns eine schwieriges Erlebnis näher zu Gott führen und die Sehnsucht nach der Ewigkeit wach halten. Weber: «Viele Menschen bezeugen, dass sie durch Schicksalsschläge hindurch erstmals oder wieder neu zu Gott gefunden haben. Dafür gibt es moderne, aber auch biblische Beispiele. Auch Hiob sagt zum Schluss zu Gott: «Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge dich gesehen» (Hiob 42,5). Schweres hat in diesen Fällen nicht nur zu einer Lebens-, sondern auch zu einer Glaubensvertiefung geführt.

Verherrlichung Gottes?

Nun lässt Pfarrer Weber einen provokativen Gedanken folgen: «Schweres kann dazu dienen, dass Gottes Wege geschehen und er verherrlicht wird.» Wie denn? Weber erinnert an das Lebensschicksal von Joseph aus dem Alten Testament. Seine Brüder haben ihn in die Sklaverei verkauft und ihm damit viel Leid zugefügt. Aber Gott hat für diese ganze Familie aus dem Bösen Gutes gemacht. Er hat Jakob und seine Söhne aus der Hungersnot gerettet. Am Schluss sagt Joseph zu seinen Brüdern: «Ihr zwar, ihr hattet Böses gegen mich beabsichtigt; Gott aber hatte beabsichtigt, es zum Guten zu wenden, damit er tue, wie es an diesem Tag ist, ein grosses Volk am Leben zu erhalten» (1. Mose 50,20). Also: Gott kann auf krummen Wegen gerade schreiben.

Weber gibt schliesslich zu bedenken: «Nicht immer gehen solche Antworten auf. Es gibt auch Gegenbeispiele: Menschen, die durch notvolle Erfahrungen an Gott irre werden. Und auch das ist wahr: Es gibt auf viele bedrängende Fragen keine oder noch keine schlüssigen Antworten. Hiob hat die Haltung des Glaubens zu Gott in der Krise nicht preisgegeben, sondern er sagt: 'Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen' (Hiob 2,10)? Von daher kann er bekennen: «Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen; der Name des Herrn sei gelobt» (Hiob 1,21)!

Der Glaube, der Gott alles zutraut, Gutes und Böses, und doch an ihm festhält, der wird im Leiden geboren. Darin ist uns Christus vorangegangen.»

Autoren: Beat Weber/ Fritz Imhof

Datum: 26.04.2005
Quelle: Bausteine/VBG

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