Dasselbe gilt für die äusserst wichtige Septuaginta, die griechische Übersetzung aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., über die wir in Kapitel 2 schon einiges erzählten. Wir kennen von der Septuaginta eine grosse Anzahl Handschriften, die bedeutend älter sind als die masoretischen Texte. Darunter befinden sich eine Reihe Codices aus Pergament, die nach dem vierten Jahrhundert entstanden sind und Teile der ganzen griechischen Bibel sowie eine Anzahl Papyrus-Fragmente aus der Zeit nach dem zweiten Jahrhundert vor Christus enthalten. Dazu gehören der Papyrus-Greek 458 (d.h. der griechische Papyrus Nr. 458 der John-Rylands-Bibliothek in Manchester), der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. entstand; der Papyrus Fouad 266 (1. oder spätes 2. Jhdt. v. Chr.) und die 1952 gefundene "Zwölfprophetenrolle" (die etwa zu Beginn unserer Zeitrechnung entstand). Auf andere wichtige Papyri kommen wir noch in Kapitel 4 zu sprechen. Auch gilt für die Septuaginta, dass sie sich im Wesentlichen sehr eng an den Masoreten-Text hält - was schon wieder ein treffender Beweis für ihre Genauigkeit ist. Die Abweichungen der Septuaginta verdienen aber grosse Aufmerksamkeit, weil sie sich auf einen sehr alten hebräischen Text stützt. Oft stimmt die Septuaginta dort, wo sie vom masoretischen Text abweicht, mit dem samaritischen Pentateuch überein. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass sich sowohl die Septuaginta als auch der samaritische Pentateuch auf Textrezensionen stützen, die (wie schon gesagt wurde) mit der gigantischen Arbeit der Masoreten nicht gleichzustellen ist. Auch andere antike Übersetzungen (vor allem die Syrische und die Lateinische) sind für die Textkritik des Alten Testaments ziemlich wichtig, aber das wollen wir hier nicht weiter ausführen.
Datum: 18.10.2005
Autor: Willem J. Glashouwer
Quelle: Die Geschichte der Bibel