Die Inspiration des Neuen Testaments

Auch hier können wir wieder zwei Gruppen unterscheiden. Genauso wie Christus die Inspiration des Alten Testaments bestätigte, versprach er eine solche "Geistesleitung" auch seinen Jüngern; und diese konnten sich auf Grund seines Versprechens und ihrer apostolischen Sendung auf eine göttliche Inspiration berufen.

1. Die Vorhersage Jesu

Der Herr Jesus versprach den Jüngern, die er berief und aussandte, mehrmals die besondere Leitung des Heiligen Geistes: "Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet" (Matthäus 10,20; Markus 13,11 "der Heilige Geist"); "denn der Heilige Geist wird euch zu derselben Stunde lehren, was ihr sagen sollt" (Lukas 12,12). Wenn das schon gültig war für die Zeit, in der sie mündlich Zeugnis geben sollten, wieviel mehr würde es für das Niederlegen ihrer Schriften gelten. Der Herr Jesus machte sogar Zusagen mit Bezug auf verschiedene Teile des Neuen Testaments: "Aber der Tröster, der Heilige Geist, welchen mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch erinnern alles des, was ich euch gesagt habe" (Johannes 14,26; das sehen wir vor allem in den Evangelien erfüllt). "Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir. Und auch ihr werdet meine Zeugen sein, denn ihr seid von Anfang bei mir gewesen" (Johannes 15,26+ 27; dieses letztere sehen wir vor allem in der Apostelgeschichte erfüllt). "Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit Ieiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen" (Johannes 16,13; siehe die Offenbarung).

In seinem Gebet zum Vater hat Christus speziell für die Einheit des Zeugnisses der Apostel gebetet: "Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, dass sie eins seien gleichwie wir" (Johannes 17,11). Und schliesslich sandte der Herr Jesus sie als derjenige aus, der alle Macht auf Erden hat, damit sie Menschen zu Jüngern machten und diese alles halten lehrten, was Christus ihnen befohlen hatte (Matthäus 28,18 + 19). Und so zogen sie hin: Das Alte Testament war "Gottes Wort" (siehe oben), die Lehre von Jesus war es auch (Lukas 5,1), und die Predigt der Apostel war es ebenfalls (Apg. 8,14; 11,1; 12,24; 13,7+44-49; 15,35+36; 17,13; 18,11; 19,20; vgl. 1. Thess. 2,13). Wieviel mehr galt dieses dann für ihr geschriebenes Wort, welches höher gewertet wurde als das mündliche (vgl. Johannes 5,47; Lukas 16,30+31).

2. Die Ansprüche der Verfasser

Die apostolischen Verfasser des Neuen Testaments wussten sehr wohl, dass sie "Wort Gottes" niederschrieben und auch, dass sie keine apostolischen Nachfolger haben würden, weil Apostel Augenzeugen Christi sein mussten (Apg. 1,21 +22; 1. Kor. 9,1; vgl. 2. Kor. 12,12). Das Neue Testament ist also das einzige Werk, das den Anspruch erheben kann (und es auch tut), die Erfüllung der Verheissung Christi und die authentische Wiedergabe der apostolischen Lehre (also der Lehre Christi) zu sein; siehe Galater 1,6-12; Hebräer 2,3+4.

Wir sehen somit, dass das Neue Testament sich mit dem Alten auf eine Linie stellt. Das Alte Testament wird "die Schriften" genannt, und Petrus stuft die "Schriften" des Paulus genauso hoch ein wie die "übrigen Schriften" (2. Petrus 3,16). Paulus selber nennt seine Briefe "prophetische Schriften" (Römer 16,26) und gibt ihnen damit ebensoviel Autorität wie dem Alten Testament (vgl. 1. Tim. 4,11 + 13). Auch spricht er in 1. Timotheus 5,18, wo er 5. Mose 25,4 und Lukas 10,7 zitiert, über das Evangelium von Lukas als "die Schrift" und stellt damit beide Abfassungen auf eine Stufe. Johannes nennt das Buch der Offenbarung "Prophetie" (1,3; 22,18+ 19) und zählt sich damit zu den "Propheten"; vergleichen Sie, was wir gerade sahen mit Römer 16,26, und beachten Sie auch Epheser 2,20; 3,3 + 5.

Sowohl das Alte als auch das Neue Testament wurden also von "Propheten", von "Männern Gottes" geschrieben und stehen damit auf gleicher Ebene. Wir sehen, dass das ganze Neue Testament den Anspruch erhebt, inspiriert und von göttlicher Autorität zu sein. Beachten wir dazu die bemerkenswerten Behauptungen der Evangelisten (u.a. Markus 1,1; Lukas 1,1-4; Johannes 20,31; 21,24) und die des Paulus in verschiedenen Briefen (Röm. 1,1-3; 16,26; 2. Kor. 10-13; Gal. 1 und 2; Kol. 1,23-26; 4,16; 1. Thess. 2,13; 5,27; 2. Thess. 3,14; 2. Tim. 1,13; 4,1 +2). Ähnliche Kennzeichen weisen die "allgemeinen Briefe" auf (u.a. Jakobus 1,1; 1. Petrus 1,1; 5,1+12; 2. Petrus 3,1+2; 1. Joh. 1,1-5; 4,1-6; 5,13; Judas 3).

Begründung der Inspiration

Man kann für die Inspiration der Bibel viele "Argumente" ins Feld führen - und das haben wir ja auch versucht -, aber letztlich ist das so, als wollte man das Bestehen der Sonne (mit Wörtern) beweisen; Der beste Beweis für ihr Bestehen ist die unmittelbare Erfahrung ihres Lichts und ihrer Wärme. So ist es auch mit der Inspiration: der beste Beweis dafür ist letztlich die persönliche Glaubenserfahrung als Folge und Wirkung dieser Inspiration! In dieser Hinsicht können wir jetzt vier Eigenschaften unterscheiden:

1. Die moralische Kraft und Autorität der Bibel. Wir erkannten in Kapitel 5 unter den Kennzeichen eines "kanonischen" Buches ihre göttliche Autorität und lebenserneuernde Kraft. Nun sehen wir, wie solch ein Buch zu diesen Eigenschaften kommt: Es sind die Folgen der göttlichen Inspiration! So wie Christus "mit Vollmacht lehrte" (Matth. 7,29), so lehrt auch die Bibel mit ihrem immer wieder vorkommenden "so spricht der Herr". Geben wir der Bibel einmal die Chance, mit Autorität zu reden, so wird sie brüllen wie ein Löwe; aber die "Autorität" eines Löwen kann sich erst dann herausstellen, wenn man ihn loslässt. Die Lehre der Bibel muss nicht verteidigt, sondern verkündigt werden. Schliesslich muss ja ein Mensch, um von der Bibel "überführt zu werden", nicht in seinem Verstand, wohl aber in seinem Herzen und Gewissen überzeugt werden, und das ist das Werk des Heiligen Geistes (1. Kor. 2,13 + 14; 2. Petrus 1,19-21). Pascal sagte einmal: "Es gibt genügend Licht für den, der sehen will" (vgl. Joh. 7,17; Offb. 22,17). Das Licht des Wortes Gottes hat angefangen, in Tausenden von Herzen zu leuchten (2. Kor. 4,1-6), und die Menschen haben die lebenserneuernde Kraft dieses Wortes an sich selbst erfahren.

2. Die Einheit der Bibel. Jetzt, wo wir das Geheimnis der Inspiration kennen, können wir auch besser begreifen, warum die Bibel von solcher Einzigartigkeit gekennzeichnet ist, wie wir es in Kapitel 1 beschrieben haben.

Wir meinen jetzt besonders die Einzigartigkeit ihrer Entstehung und ihrer Einheit: Wer oder was hat die Einheit der 66 Bücher geschaffen, die über einen Zeitraum von mindestens 1500 Jahren geschrieben wurden, von ca. 40 Autoren in drei Sprachen, mit Hunderten von Themen, die aber nur ein Hauptthema kennen: Jesus Christus? Kein Mensch und auch keine Gruppe von Menschen stellte dieses Buch zusammen: Die Bücher wurden, nachdem sie geschrieben waren, nur deshalb der wachsenden Sammlung hinzugefügt, weil die Empfänger sie als inspiriert erkannten. Die Sammlung weist einen bemerkenswerten "Plan" auf, von dessen Existenz vor oder während ihres Entstehens kein Mensch wissen konnte. Der Ursprung dieses Planes muss also über den Bibelverfassern selber stehen und übernatürlich sein; die Einheit der Schrift muss demnach von dem stammen, von dem sie selbst immer wieder bezeugt, dass er ihr Verfasser ist: von Gott selbst!

3. Die Anerkennung der Bibel. Wir haben in Kapitel 1 schon auf die wunderbare Aktualität, die gigantische Verbreitung, die haargenaue Überlieferung und das hartnäckige Überleben der Bibel hingewiesen. Wir kennen das Geheimnis jetzt: Millionen von Menschen in der Geschichte haben dieses Buch als das inspirierte Wort Gottes angenommen. Von Anfang an hat die christliche Kirche viele und kräftige Zeugnisse dieser Inspiration abgelegt. Bereits die ältesten Kirchenväter betrachteten das Neue Testament als "die Schrift" und wiesen auf dieselbe Art und Weise auf sie hin, wie es die Apostel mit dem Alten Testament taten. Die Inspirationslehre ist nicht eine Erfindung blinder Orthodoxie von einigen "Aussenseitern" der Christenheit, sondern von den allerersten Anfängen bis heute besteht ein ununterbrochener Strom von Millionen Christen, die die vollkommene, wörtliche Inspiration der Schrift von Herzen akzeptiert haben.

4. Die historische und wissenschaftliche Glaubwürdigkeit der Bibel. Wir haben oben kurz über vermeintliche Fehler und Widersprüche in der Bibel gesprochen und darauf hingewiesen, dass die meisten ganz einfach zu erklären sind. Wenn nun auch einige Probleme übrig bleiben, die nicht (sofort) zu lösen sind, vergegenwärtige man sich doch, wieviel Tausende von Fehlern historischer, kosmologischer und biologischer Art, wieviel Irrtümer, Fehler und Übertreibungen die 31173 Verse der Bibel hätten enthalten müssen, wenn sie nicht das inspirierte Wort Gottes wäre. Vergleichen wir damit die Irrtümer der Ägypter (die Mose nicht beeinflussen konnten!), der Chaldäer (die Daniel nicht durcheinanderbrachten!) und der Griechen (die Paulus nicht irreführten!); denken wir ferner an die Unwissenschaftlichkeiten, denen wir bei den Hindus, bei Homer, bei Aristoteles und sogar bei Augustinus und Ambrosius begegnen, vor allem, wo sie Aussagen über die stoffliche Welt machen. Die Bibel spricht über die Natur, über Pflanzen, über das Licht und die Atmosphäre, über Meere und Berge - und das alles (obwohl in überwissenschaftlicher Sprache) den Tatsachen entsprechend! Die Bibel redet von Tausenden von Orten und Geschehnissen aus dem Altertum - aber kein Fund der Archäologie hat jemals eine biblische Aussage als unrichtig entlarvt. Der Spott der Kritiker erstarb, als die Archäologen entdeckten, dass die Kunst des Schreibens schon zur Zeit Abrahams bestand; als die Geschichte und Chronologie der Könige von Israel bestätigt wurden und als die damalige Existenz des Königs Belsazer von Babel und des antiken Volkes der Hethiter nachgewiesen wurde.

Und die Bibel spricht nicht nur glaubwürdig über die Vergangenheit, sondern auch über die Zukunft. Sie enthält Hunderte von Verheissungen, von denen manche, obwohl Hunderte von Jahren vorher gegeben, sich dennoch buchstäblich erfüllt haben; keine vagen Zukunftsvorhersagen, die man auf subjektive Weise deuten könnte (wie bei einem Horoskop), sondern sehr genaue Vorhersagen, wie die genaue Verheissung der Zeit, des Ortes und der Art der Geburt Jesu Christi. Ferner weitere Prophetien, die sein Leben, Sterben, seine Auferstehung und Himmelfahrt betreffen. Der Koran und die Veda (die ältesten heiligen Texte der Inder) enthalten keine so genauen Prophezeiungen, die darüber hinaus auch noch erfüllt wurden. Die Ursache dafür ist ganz einfach: Die Bibel unterscheidet sich von allen (religiösen) Büchern der Welt dadurch, dass sie das unfehlbare, autoritative und inspirierte Wort Gottes ist!

Datum: 27.06.2005
Autor: Willem J. Glashouwer
Quelle: Die Geschichte der Bibel

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