Verhaftet, gefoltert, gequält
– noch heute spürt Eric Jesuthasan (50) die Folgen seiner Inhaftierung. Dreimal
sass er in seiner Heimat Sri Lanka im Gefängnis, bis er 2003 nach einem
Hungerstreik frei kam; und mit ihm 935 andere politische Gefangene.
Wie ein Tropfen hängt die
tropische Insel Sri Lanka an Indien. Oder wie eine Träne: Der Bürgerkrieg
(1983–2009) hat viel Leid verursacht, das musste auch Eric erfahren. Er wächst
im Norden Sri Lankas auf, als Ältestes von fünf Kindern. Sein Vater leitet eine
Primarschule und besitzt eine Möbelfabrik. Eric ist ein guter Schüler, doch als
er die Schulabschlussprüfung ablegen möchte, bricht der Krieg aus.
Verschont, doch bereit für
Revanche
Ein Ereignis bleibt für ihn
unvergessen. Eric, damals 16, erzählt: «Wir sassen am Küchentisch, als in der
Ferne Bomben explodierten. Ich drängte meine Familie, rauszugehen und sich auf
den Boden zu legen. Minuten später schlug eine Bombe in unser Haus ein!» 13
Personen aus der Nachbarschaft werden verletzt. Eric und seine Familie überleben,
doch das Zuhause und der Betrieb des Vaters liegen in Schutt und Asche. In Eric
wächst der Hass auf die Täter.
Mit Freunden schliesst sich
Eric 1990 der Rebellenorganisation Tamil Tigers an, kümmert sich als Sanitäter
im Kriegsgebiet um Schwerverletzte. Doch diese sterben ihm unter den Händen
weg. Er ist frustriert, will aktiv werden und lässt sich als Spion ausbilden.
1993 zieht er in die Hauptstadt Colombo. Ein Doppelleben beginnt: Nach aussen
arbeitet er in einem Internetcafé́, gilt als freundlich und aufgeschlossen. In
seinem Inneren brodelt der Hass gegen die Regierung. Sein Ziel: ein
Selbstmordattentat auf die Präsidentin. Jeden Tag sucht er nach Sicherheitslücken
und Angriffsmöglichkeiten. Im Juli 1995 wird die Polizei auf ihn aufmerksam.
Zweimal wird er verhaftet, gewaltsam verhört und eingesperrt. Mangels Beweise
kommt er nach eineinhalb Jahren Haft frei.
Die Bibel als
Türöffner
Eric macht
weiter, wo er aufgehört hat. Beim Auskundschaften des Regierungsgebäudes stellt
er fest: Mit einer Bibel in der Hand gelangt man ohne Kontrolle ins Gebäude. Er
besorgt sich eine Bibel und wird vom Verkäufer zu einem Bibelstudium
eingeladen. «Es schadet nicht, wenn ich weiss, was in diesem Buch steht», sagt
sich Eric und geht hin.
Die biblischen Geschichten und Lehren beeindrucken und überzeugen
ihn. Eric lädt Jesus in sein Leben ein. Er arbeitet weiter für die Tamil
Tigers, fühlt sich jedoch immer stärker hin- und hergerissen zwischen altem und
neuem Leben. Schliesslich entscheidet er sich zum Ausstieg. Doch die Polizei
hat ihn nicht vergessen. Als ein ranghoher Mann durch ein Selbstmordattentat
stirbt, wird Eric als Strippenzieher verdächtigt und wieder verhaftet.
Nadelstiche
und Schlafentzug
Fünf Monate
hält die Polizei ihn fest, versucht ihn mit brutalsten Methoden zum Reden zu
bringen. Eric erzählt: «Sie stachen mir mit einer Nadel in die Fingernägel,
brachten mich nachts ans Meer, malträtierten meinen Rücken und drückten mich
unter Wasser. Ich wurde blutig geschlagen und am Schlafen gehindert.» Durch das
Lesen der Bibel schöpft Eric Kraft. Seine Peiniger staunen über die Ruhe und
den Frieden, die er ausstrahlt. Doch «die Beamten nahmen mir die Bibel weg und
steckten mich wieder ins Gefängnis».
Eric weiss: Entweder droht ihm Tod durch
den Strang oder lebenslängliche Haft. Da schenkt ihm Gott eine Vision; nach
dreieinhalb Jahren werde er freikommen. Auch seine Bibel erhält Eric zurück und
vertieft sich in das Buch. Einige Mitgefangene werden neugierig, stellen ihm
Fragen zum christlichen Glauben. Eric erzählt bereitwillig. Durch seine
Predigten finden viele zum Glauben an Jesus.
Hungern für
die Freiheit
Regina und Eric Jesuthasan mit ihren Söhnen
Nach
dreieinhalb Jahren Haft wird Eric unruhig. Als er den Mitgefangenen von seiner
Vision erzählt, lachen ihn diese aus. Auch bleibt er trotz der Friedensgespräche
zwischen Regierung und Tamil Tigers hinter Gittern.
Eric
beschliesst, in den Hungerstreik zu treten. Alle 1000 Insassen des Gefängnisses
machen mit, einige verzichten sogar aufs Trinken. Nach fünf Tagen müssen die
ersten 50 Personen ins Spital eingeliefert werden. Am neunten Tag erhält Eric
Besuch. Es sind Ärzte und Anwälte der UNO. Einer davon, ein einflussreicher
Anwalt, wird kurz darauf in Asien erschossen. Zuvor hatte der Mann in einem
Brief gefordert: «Lasst Eric frei!» Die Information gelangt an die Medien und schlägt
weite Wellen. Der persönliche Assistent des Premierministers kommt bei Eric
vorbei, um mit ihm, dem Anführer des Hungerstreiks, zu sprechen. Das Unmögliche
wird Wirklichkeit: Eric kommt frei, ebenso 935 Mitgefangene – von höchster
Stelle angeordnet.
Neues Leben
in der Schweiz
Durch seine
Kontakte mit Vertretern der UNO und des IKRK, beide mit Sitz in der Schweiz,
wendet sich Eric hoffnungsvoll an die Schweizer Botschaft und beantragt Asyl.
2004 landet er in Zürich.
Heute wohnt Eric in
Luzern und ist mit Regina verheiratet. Sie haben drei Kinder im Alter von fünf, acht
und zwölf Jahren. «Jesus kann heilen. Für ihn ist nichts unmöglich!», sagt Eric.
Damit dies noch viele seiner Landsleute erfahren, gründete er die JEHM-Church.
Jeden Sonntagnachmittag trifft sich eine Gruppe aus Sri Lanka in Emmen, und
jeweils am dritten Samstag im Monat findet in Huttwil BE ein Gebetstreffen
statt. Ein Kämpfer ist Eric geblieben – diesmal jedoch für den Frieden!