Bibel statt Bomben

Das Leben des Inders Vijay

Vijay ist Inder. Früher wollte er mit einer Bombe ein Auto in die Luft jagen, heute setzt er sich für verfolgte Christen ein.
Portal in Mumbai, dem früheren Bombay (Foto: Rhaessner).
Hindu-Tempel in Indien (Foto: Rohith Ajjampur).
Autobahn zwischen Mumbai und Pune.
Lotustempel in Neu Delhi (Foto: nomo/Michael Hoefner).

In mehreren indischen Bundesstaaten sind die Christen zu Gejagten geworden, vor allem in Orissa mit seinen rund 40 Millionen Einwohnern. Am Anfang stand der Mord an einem Hinduführer; eine maoistische Gruppe bekannte sich dazu. Dennoch schob der Mob diese Tat den Christen in die Schuhe und erklärte sie zur Zielscheibe.

Etwa fünfzig Christen wurden seitdem ermordet, über tausend Kirchen und Häuser wurden niedergebrannt, und sechzigtausend Christen sind auf der Flucht. In anderen Bundesstaaten wurden Gesetze erlassen, die den Religionswechsel verbieten.

Vijay dient diesen verfolgten Christen. Im Folgenden berichtet er aus seinem Leben.

"Unser Revier"

Christlich aufgewachsen, habe er schon vor dem Teenageralter einen anderen Weg gewählt und sich einen Atheisten genannt. "Später nannte ich mich auch einen Kommunisten - ohne der geringsten Ahnung, was das eigentlich sei. Ich wusste nichts über Karl Marx, aber es hörte sich gut an, und ich wusste, dass ein Kommunist jemand ist, der nicht an Gott glaubt.

Ich rauchte und trank Alkohol, und mit unserer Gang hatten wir viele Kämpfe." Es sei aber nicht um die Religion gegangen: "In unserer Gruppe waren Hindus, Moslems und Christen - und viel Adrenalin. Einen bestimmten Platz nannten wir "unser Revier". Dort hingen herum und gingen erst tief in der Nacht heim, wenn wir betrunken waren."

Unfall mit Bombe in der Hand

Auch Bomben habe er in der Hand gehabt. "Es waren kleine Bomben, die in der Gegend fabriziert wurden. Aber sie waren stark genug, um ein Auto in die Luft zu jagen. Einmal wurde ein Gangmitglied von einem anderen Typen verprügelt. Wir wussten von ihm nur, dass er ein grosses Auto hatte ...

Zu viert, auf zwei Motorrädern, machten wir uns auf den Weg. Ich hatte zwei Bomben dabei, die anderen kleine Pistolen. Wir wollten dem Kerl eine Lektion erteilen. Unterwegs hatten wir dann aber einen Unfall. Ich fiel samt den Bomben vom Motorrad - doch sie explodierten nicht. Sonst wären wir wohl gestorben.

Dann fanden wir den Gesuchten doch noch. Es stellte sich heraus, dass es ein anderer Freund von mir war. Wir konnten die Bomben also weglegen. Ich hab damals einiges getan, auf das ich heute nicht sonderlich stolz bin."

Im Folgenden beantwortet Vijay den Fragebogen dieser Website:

Eine Schwäche, die Sie durch den Glauben besser in den Griff bekommen haben ...
Ganz eindeutig meine Beziehungen. Denn früher war ich kaum fähig, gute Freundschaften zu führen. Gott zeigte mir dann aber, wie ich gut mit Menschen umgehen kann.

Eine Stärke, die Sie durch den Glauben gewonnen haben ...
Ich verstehe Gottes Wort, die Bibel. Das ist die grösste Stärke, die ich empfing. Ohne ihn hätte ich kaum überlebt.

Nicht überlebt?
Das Wort Gottes gibt mir die Kraft, weiterzugehen. Ich ging durch Höhen und Tiefen. Die Bibel spielte eine sehr grosse Rolle in meinem Leben. Sie gab mir Mut und zeigte mir, ich bin nicht allein und dass Gott alles im Griff hat. Wer das nicht kennt, der weiss nicht, was er verpasst.

Was begeistert Sie am meisten an Gott?
Vieles. Seine Liebe, die mich umgibt, und wie er Gerechtigkeit und Gnade zeigt. Es gibt nichts an Jesus Christus, das ich ablehnen würde oder auf das ich verzichten wollte.

Welche Eigenschaft von Gott verstehen Sie nicht?
Es gibt vieles, das ich nicht verstehe. Zum Beispiel seine Liebe zu verstehen ist sehr schwer oder seine Gnade. Ich frage mich, wie Gott mich lieben kann, denn ich selbst würde mich nicht lieben, weil ich weiss, wer ich bin. Aber er liebt mich - das kann ich wirklich nicht verstehen.

Klagen Sie Gott manchmal an?
Nein, ich klage ihn nicht an, aber manchmal frage ich einfach: "Warum?" Zum Beispiel bei Problemen in der indischen Gesellschaft. Wir verstehen oft nicht, was vor sich geht, aber Gott kennt die Gründe. Bei schweren Sachen frage ich ihn, warum das und das passiert ist, und manchmal ändert sich dann meine Wahrnehmung etwas.

Welche Frage möchten Sie Gott unbedingt stellen?
Ich würde ihn um seine Gnade bitten für meinen Neffen. Er ist vom Dach gefallen und hat sich dabei seinen Schädel an vier Stellen gebrochen. Er liegt jetzt im Krankenhaus und wird bald operiert werden. Ich bete für ihn.

Ein Tipp, wie man Gebet und Bibellesen interessant gestalten kann ...
Da hatte ich auch schon Hochs und Tiefs. Manchmal spricht einen das Wort Gottes auch gefühlsmässig stark an, und man liest ständig darin und betet. Dann gibt es wieder Zeiten, in denen einem nicht danach ist. Mein Tip: Erwidere die Liebe Gottes - mit deiner Liebe und mit deinem Willen. Das hilft. Und sich immer vor Augen halten, dass ja Gott selbst einen liebt.

Entscheide dich immer dafür, an der Seite Gottes zu stehen. Auch wenn man gerade nichts fühlt, so liebt einen Gott trotzdem. Du bist kostbar für ihn. Das motiviert einen, ihm täglich immer näher zu kommen durchs Beten und Bibellesen. Das empfehle ich allen, die gerade durch eine Trockenzeit gehen.

Wie sind Sie Christ geworden?
Ich war damals in einer Gang. Mit den Eltern sprach ich kaum mehr, und sie wussten nicht, was sie mit mir machen sollten. Sie wünschten sich für mich einen christlichen Dienst.

Mein Name Vijay bedeutet "Gottes Sieg". Denn bei der Geburt sagte der Doktor zu meinen Verwandten: "Ich kann Ihnen die Mutter oder das Kind geben." Durch ein Wunder überlebten wir beide.

Nun wussten meine Eltern also nicht mehr, was sie mit mir machen sollten. Eines Tages lud mich mein Vater zu einer Heilungsveranstaltung ein. Ich ging hin - wegen den Mädchen. Ich staunte dann aber, dass die Menschen wirklich geheilt wurden. Als Kind hatte ich selbst mal so eine Heilung erlebt. Das hatte ich nie vergessen.

Nun merkte ich, dass hier wieder so etwas passiert. Also ging ich auch alle folgenden vier Tage wieder hin. Am letzten Tag beteten alle. Es war Oktober, aber über dem Dach des Hauses stand eine Wolke. Auch andere haben sie gesehen, und wir merkten, dass das etwas Übernatürliches war. Gott war real.

Dann las ich ein Buch von Billy Graham aus der Bibliothek meines Vaters. Es handelte davon, wie man mit Gott in Frieden leben kann. Ich las es in einem Zug durch. Bald wurde ich von Methodisten in ein Jugendcamp eingeladen. Da war ein Prediger, der gut mit jungen Menschen umgehen konnte.

Irgendwann in dieser Zeit entschied ich mich, Gott mein Leben anzuvertrauen. Das war 1994. Gott hat mich wirklich angenommen; meine Sünden sind mir vergeben. Ich bin sein Kind, und das ist das Beste, das mir passieren konnte.

Warum sind Sie Christ?
Weil Jesus mich liebt und ich diese Liebe verstanden habe und weil ich glaube, dass es für mich keine andere Möglichkeit gibt. Ich hatte Angst davor, in der Hölle zu landen; das war meine Initialzündung. Aber heute bin ich Christ, weil ich Jesus liebe und weil ich weiss, dass auch er mich liebt.

Ich wüsste nicht, wo ich sonst hin sollte. Es ist wie jener Jünger in der Bibel, der Jesus fragte: "Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!"* Ich erlebte den Hinduismus, ich ging in die Tempel und opferte den Göttern. Aber mein Herz hatte das nicht berührt.

Es geht auch um das Leben, das Jesus einem gibt. Man spürt einfach, dass er wahr ist. "Niemand kommt zum Vater, denn durch mich", sagt er.* Ich glaube das von ganzem Herzen. Es gibt keinen anderen Weg zur Erlösung ausser durch Jesus Christus.

Beschreiben Sie ein spezielles Erlebnis, das Sie mit Gott gemacht haben.
Meine Hochzeit. Gott selbst hat mir meine Frau geschenkt. Sie stammt aus der Kaste der Sikh, das sind sehr liebe Menschen. Sie haben immer Essen und sind sehr gastfreundlich. Meine Frau wurde 1991 Christin - nur durchs Lesen ins der Bibel. Sie kannte keinen einzigen Christen. Aber sie wusste auch, dass sie unter den Sikhs keinen christlichen Mann finden würde.

Ich selbst suchte nicht nach einer Frau. Doch eines schönen Tages rief mir eine Freundin an und bat mich, ich solle ihre Daten auf eine Internetseite stellen, die Partner vermittelt. Das erste Profil, das ich dort sah, war das meiner heutigen Frau.

Ich war sofort sehr interessiert an ihr und merkte, dass sie aus einer Sikh-Familie stammt. Ich schrieb ihr eine E-Mail. Die landete aber bei ihrer Schwester, die mir antwortete: "Sag mir mehr über dich. Wie kamst du zum Herrn? Bist du wiedergeboren? Wie lautet die Nummer deines Pastors?"

Das war dicke Post. Das ging mir zu schnell. Ich wusste nicht, wo ich da hineingeraten war, und brach das Gespräch ab. Ein paar Wochen später meldete sie sie wieder, und mit einem Mal hatte ich sogar die Telefonnummer ihrer Schwester! Wir telefonierten miteinander, und sie wollte mich sehen. Nach einem Gebet mit meinem Pastor haben wir uns dann verabredet. In vier Monaten trafen wir uns dreimal. Es ging mir sehr gut dabei, und bald heirateten wir.

Das war für beide eine Überraschung. Ich diente den Unterdrückten und hatte für eine Frau gebetet, die sich hinter diese Arbeit stellen würde. Und heute ist sie mir die grösste Hilfe. Sie kennt Unterdrückung aus ihrem eigenen Leben und wurde wegen ihres Glaubens auch schon geschlagen. Ohne sie könnte ich meine Arbeit nicht in dieser Weise ausführen.

Warum, denken Sie, zahlt sich ein Leben mit Jesus aus?
Jesus hat vieles verheissen. Ohne ihn hätte mein Leben keine Bedeutung. Ich wäre ohne ihn im Gefängnis gelandet. Doch er kam in mein Leben und gab ihm Sinn. Ich glaube, dass alle Prophezeiungen der Bibel richtig sind.

In Indien erhält man keinen "Lohn", wenn man Christ ist. Man kriegt aber auch nicht viele Probleme. Indien ist ein säkularer Stadt. Aber manche Gruppen werden bevorzugt; zwar nicht von der Regierung, aber weil ihresgleichen in hohen Positionen sitzt.

Man kann seinen Glauben meistens frei leben, und doch liegt ein Druck auf der Kirche. Es zahlt sich nicht unbedingt aus, Christ zu sein. Ein Rumäne sagte einst: Gott half mir, euch zu lieben, auch wenn es dafür keinen Lohn im Himmel gibt. Das sollte auch mein Gebet sein.

Dem Herrn für einen Lohn zu folgen, ist eine einfache Sache. Doch man sollte ihm folgen, weil man ihn liebt und weil er uns liebt. Darum hat er uns seinen Sohn gegeben. Nach so einem Leben sollten wir uns ausstrecken, nicht nach Belohnung.

* Die Bibel, Johannes, Kapitel 6, Vers 68
** Die Bibel, Johannes, Kapitel 14, Vers 9

Steckbrief

Zivilstand: Verheiratet, ein Sohn.
Gemeinde: Bethel Methodist Gemeinde (Bethel heisst "Haus Gottes").
Arbeit in Gemeinde: Prediger.
Hobbys: Musik und Lesen.
Beruf: Ich kümmere mich um die verfolgten Christen Indiens und ermutige sie. Wo keine Verfolgung herrscht, bereite ich die Christen darauf vor, dass sie bald kommen könnte. Zudem bemühe ich mich um Einheit unter den Christen. Und ich gebe denen eine Stimme, die keine habe.
Werdegang: Schule, dann Finanz- und Marketingausbildung. Daneben evangelisierte ich oft auf den Strassen. Dann wuchs ich in die Arbeit für die verfolgten Menschen hinein.
Wohnort: Noida nahe Neu Delhi.
Herkunft: Indien.
Lieblingsbibelstelle: Viele. Eben kommt mir Jeremia 29,11 in den Sinn: "Denn ich allein weiss, was ich mit euch vorhabe: Ich, der Herr, werde euch Frieden schenken und euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung."
Lieblingsmusikgruppe(n): Sehr viele Hindi-Musiker, denn sie singen in meiner Sprache. Zum Beispiel liebe ich den Hindi-Worshiper Anil Kant. Aber ich mag auch westliche Sänger, zum Beispiel Jars of Clay, Fernando Ortega, Michael Card. Cliff Richard hat mich sehr beeinflusst. Wenn Gott mir hier auf dieser Erde nicht die Gelegenheit gibt, ihm zu danken, dann später.

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Datum: 13.10.2008
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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