Als
Folge ihrer schwierigen Geburt leidet Simea an einem kleinen
Kurzzeitgedächtnis. Trotzdem ist sie überzeugt, für andere Menschen ein Segen
sein zu können – schliesslich hat Gott auch für ihr Leben einen Plan.
Bei der Geburt von Simea Leutwiler ging es um
Leben und Tod. Dass sowohl ihre Mutter, als auch sie selbst überlebt haben,
beschreibt Simea als ein Happy End – und dies, obwohl sie als Konsequenz
davon mit einem sehr kleinen Kurzzeitgedächtnis leben muss.
Probleme zeigen sich
Das Problem mit dem Kurzzeitgedächtnis wurde erst
in der Grundschule diagnostiziert. Da sie ein kluges Kind war und bereits im
Kindergarten eifrig rechnete, ging niemand von einem Problem aus. Als sie sich
dann aber mehrere Zahlen gleichzeitig merken musste, war sie schnell
überfordert. «Es war mir einfach nicht möglich, mehrere Zahlen gleichzeitig im
Kopf zu behalten.» Dieselben Schwierigkeiten hatte sie bei den Diktaten.
«Sobald der Lehrer den Satz fertig vorgesagt hatte, hatte ich den Anfang schon
wieder vergessen.»
In den ersten Schuljahren war Simea dauernd überfordert
und auch die Lehrpersonen wussten nicht, wie sie dem Mädchen die nötige
Unterstützung bieten konnten. «Ich musste viele ärztliche Abklärungen machen,
bis mein kleines Kurzzeitgedächtnis als Folge der Geburt diagnostiziert werden
konnte.» Trotz heilpädagogischer Unterstützung ging es nach der zweiten Klasse aber
einfach nicht mehr und sie wechselte in eine Privatschule. «Dort wurde ich
angenommen, wie ich bin, und erhielt gute Unterstützung. Es waren schöne Jahre
an dieser Schule.»
Gott hat einen Plan
In der Oberstufe schämte sich Simea anfänglich
etwas, da sie, im Vergleich zu den anderen Schülern, jedes kleine Detail
notieren musste. Schliesslich konnte sie es aber akzeptieren, in ihrem
Leben ein paar Eigenheiten zu haben. «Ich musste einfach aufhören, mich mit
anderen zu vergleichen.» Trotzdem ist sie dankbar, dass ihr die meisten
Mitmenschen im Alltag kaum mehr etwas anmerken. Inzwischen hatte sie sich
Techniken angeeignet, um ihr beschränktes Kurzzeitgedächtnis zu kompensieren.
Schon früh lernte Simea, dass Gott einen Plan für
ihr Leben hat – trotz ihres Handikaps. Spätestens als sie eine Lehrstelle
erhielt, wusste sie, dass Gott das Unmögliche möglich macht. «So konnte ich
eine Ausbildung zur Fachfrau Betreuung Kind machen.» Auch hier war sie zuweilen
herausgefordert. «Manchmal fragte ich mich, wie ich trotz meiner Einschränkung
für andere ein Segen sein kann.» Trotzdem wurde genau dies zu ihrem
Lebensmotto: Für Mitmenschen ein Segen sein!
Sein dürfen, wie man ist
Heute schätzt es Simea, Menschen und Orte zu
haben, wo sie sein kann, wie sie ist. Die Annahme, die sie damals in der
Privatschule erfahren hatte, übte grosse Kraft auf sie aus und sie ist dankbar,
solche Orte der Annahme auch heute zu haben.
«In der Berufsschule genoss ich jedoch nicht
gerade grösste Beliebtheit und fragte mich erneut, wie ich für andere einen
Segen sein konnte.» Umso erstaunter war sie, als sie von jemandem gebeten
wurde, ihr bei der Wahl des Brautkleids behilflich zu sein. «Da sagte ich
natürlich liebend gerne zu.» Zwischendurch erlebt sie solche Zeichen und freut
sich, für andere da sein zu dürfen. Es ist ihr auch ein Vorrecht, ihre
Mitmenschen anzunehmen, so wie sie sind. Und wer weiss: Vielleicht sind es
gerade die schwierigen Erfahrungen ihres Lebens, die ihr helfen, für
Mitmenschen einen Ort der Annahme zu schaffen.
Ein Segen für andere Menschen
Der Wunsch, für andere Menschen einen Segen sein
zu dürfen, lebt weiterhin in Simea. Und gerade dann, wenn sie sich danach
sehnt, dass dies noch viel mehr geschehen darf, weiss sie sich von Gott geliebt
und das verleiht ihr eine innere Ruhe. «Ich bin ein zufriedener Mensch und
strahle das auch aus», weiss sie zu berichten. Und allein schon dadurch, wenn Menschen gerne mit ihr zusammen sind, sind sie ja bereits gesegnet. «Ein
Segen für andere zu sein, bedeutet auch, ihnen gegenüber eine positive
Einstellung zu haben und sie so anzunehmen, wie sie sind.»
Heute ist Simea 20 Jahre alt, schaffte es unter
erheblichem Zeitaufwand, das Autofahren zu erlernen und wagte sich jetzt sogar
an ein Theologiestudium bei IGW. Ja, das braucht eine positive Grundhaltung.
«Noch immer mache ich mir sehr viele Notizen. Zettel und Stift sind meine
ständigen Begleiter.»
Für andere Menschen zu beten, muss sich Simea aber
nicht notieren. «Das ist für mich ein wichtiger Bestandteil dabei, für Menschen
ein Segen zu sein.» Oft fragt sie sich in einfachen, alltäglichen Situationen:
«Was würde Jesus jetzt tun?» Und so gibt es unzählige Situationen, in der sie
für jemanden durch eine kleine Handlung ein Segen sein kann. Die meisten
Handlungen mögen nicht wert scheinen, erzählt zu werden. Für Simea ist es aber
ein Vorrecht, auch in kleinen Dingen ein Segen sein zu können. «Gott hat einen
Plan für mein Leben – trotz meines Handikaps.»