Die Sturmfluten, ausgelöst von Hurrikan Dorian, hatten ihr Haus überflutet. Carmen Jones schaffte es, die zwei Enkelkinder in die Dachluke hoch zu hiefen. Doch sie selbst hatte keine Kraft mehr. Würde sie hier und jetzt sterben müssen?
Carmen Jones (sitztend) betet mit Mitgliedern des Hilfsteams der Billy Graham Evangelistic Association und mit ihrer elfjährigen Enkelin.
Vor fast drei
Monaten traf der Hurrikan Dorian auf die Bahamas. Der Wirbelsturm der Kategorie
5 verursachte Sturmfluten mit bis zu sieben Meter hohen Wellen. Über 60
Menschen starben, 13‘000 Häuser wurden zerstört, 70‘000 Menschen waren auf
Hilfe angewiesen. Zu ihnen gehörte auch Carmen Jones – die 72 Stunden bis zu
ihrer Rettung wird sie wohl nie vergessen.
Als die
Wassermassen der Sturmflut in ihr Haus in Freeport, Grand Bahama strömten, betete
sie um Hilfe. Sie war allein mit ihren zwei Enkeln, schwimmen konnte niemand
von ihnen. Doch die ersehnte Hilfe kam nicht… Als ihnen das Wasser bis zum Hals
stand, beschloss Carmen, mit der elfjährigen Jahnyah, die sie liebevoll «Nyah»
nennt, und dem achtjährigen Jahiaer zur Dachbodenluke im Flur zu waten. Sich
fortzubewegen war schwer für sie, während die beiden Enkel an ihr hingen. «Zweimal
tauchte ich unter… beinahe wäre ich ertrunken, aber Gott sei Dank für Nyah.
Nyah zog mich wieder hoch – ich weiss nicht, wie sie das geschafft hat…»
Kraftlos
Carmen stellte
eine kleine Leiter an die Dachbodenluke und schob Jahiaer hoch, der kurz vor
der Unterkühlung stand. Dann hob sie auch Nyah hoch. Doch sie selbst schaffte
es nicht, sich aus eigener Kraft die Treppe hochzuhiefen. «Ich versuchte,
hochzukommen, fiel aber wieder zurück ins Wasser.» Erneut kam sie aus dem
Wasser hoch und flehte zu Gott, sie schaffe es nicht. «Mein Körper war schwach.
Ich habe bereits diverse Schlaganfälle hinter mir und meine [rechte] Körperhälfte erstarrt automatisch, wenn ich so
lange im Wasser bin.»
Durch diese Dachluke retteten sich Carmen Jones und ihre Enkel auf den sicheren Dachboden.
Während des
Gebets sah sie eine Matratze, die in Jahiaers Zimmer schwamm. Es gelang ihr,
die Matratze unter die Dachbodenluke zu holen, während Nyah oben kauerte und
ihre Grossmutter immer wieder fragte, ob sie nicht runterkommen und ihr helfen
könne. Immer wieder rief sie: «Grammy, ich hab dich!»
Letzte Worte
Doch Carmen war sich
mittlerweile sicher, dass sie nicht überleben würde. Immer wieder fiel sie
zurück ins Wasser, auch von der Matratze aus. Deshalb sagte sie an die Kinder
gewandt: «Es gibt keine Garantie, dass Grammy das schaffen wird. (…) Wenn
Grammy diese Reise nicht mit euch überlebt, möchte ich, wenn der Regen und das
Wasser wieder ablaufen, dass ihr aus der Dachbodenluke runterspringt und um
euer Leben rennt!» Doch daran wollte ihre Enkeltochter gar nicht denken. «Grammy,
du schaffst das!», rief Nyah.
«Es war Gott»
Dann betete
Carmen: «Wenn es auf diese Weise geschehen soll, dann soll es so sein. Aber
wenn meine Arbeit noch nicht vollendet ist, dann musst du mir den Weg hier raus
zeigen. Vater, mein Körper hat nicht mehr die Kraft, weiter zu klettern…» Ihre
Enkel riefen ihr nun zu, dass wenn sie sterben würde, beide rausklettern und
mit ihr zusammen sterben wollten. Als Carmen es ein letztes Mal versuchte, über
die Leiter in den Dachboden zu klettern, packte Nyah sie und zog sie hoch.
Carmen war gerettet. «Ich weiss nicht, welche unsichtbaren Engel das waren. Ich
weiss nur, dass es Gott war. Ich setzte mich hin und sagte: ‚Danke, Vater,
meine Zeit ist noch nicht gekommen…‘»
Doch die Gefahr
war noch nicht vorbei. Im Dachboden hatten sie nur vier kleine Wasserflaschen,
kein Essen und auch kein Insulin für die Diabetikerin Carmen. Doch sie gab ihr
Vertrauen auf Gott nicht auf, betete und sang mit ihren Enkeln. «Wir hatten
alles verloren, aber wir verloren nicht unser Lob.» Drei Tage verbrachten sie
dort oben, bis der Wirbelsturm abschwächte und die Wassermassen wieder abflossen.
Gottes Antwort
Als Carmen nach
der Katastrophe auf den Resten ihrer Wohnungseinrichtung sass – alles war zu
Müll geworden – und Gott nach dem «Warum» fragte, brachte er ihr mit einem Mal einen
Gedanken. Sie erinnerte sich, wie sie für Nyahs Leben kämpfte, bevor sie
geboren wurde. Nyahs Mutter wollte das Ungeborene abtreiben. Durch Carmens Einsatz blieb sie am Leben. Und so hörte Carmen, wie Gott ihr
sagte: «Du hast Nyah gerettet und ich habe ihr erlaubt, dich zu retten.»