Lange hiess es, das menschliche Auge
sei eine Fehlkonstruktion, ein Pfuschwerk, das jedem schöpferischen Gedanken
spottet. Nun sind Wissenschaftler zur gegenteiligen Ansicht gelangt – heute
heisst es, das Auge sei High-Tech-Apparat, den man früher zuwenig gut
verstanden hat.
«Gott
pfuscht» - so lautete der Titel eines Berichts in der «Zeit». Der britische
Genetiker Steve Jones liess sich dort zitieren: «Kein grandioser Ingenieur hat
Augen und alles andere in der Welt des Lebens geschaffen. Es war ein Kesselflicker.»
Das war im Jahr 2005. Dies weil das Auge das Licht dämpfen und vermindert
weitergeben würde.
In
den letzten Jahren änderte sich diese Auffassung zusehends. Wissenschaftler
stellten fest, dass das Licht nicht etwa gedämpft wird, sondern durch Lichtkabel
bis zu den Nervenzellen geleitet wird, wodurch sogar verlustfreies Sehen
möglich wird.
«Evolution
immer unwahrscheinlicher»
Die
Evolutionsforschung trage dazu bei, dass sich das Problem der Deutung mittels
Evolution verschärft, sagt Henrik Ullrich, Arzt in einer
Klinik in der Stadt Riesa in Sachsen, Radiologe, ehrenamtlich Vorsitzender der
Studiengemeinschaft «Wort und Wissen», die sich mit Befunden zum Thema
Schöpfung auseinandersetzt. Ullrich: «Das Auge
müsste in der Tierwelt 40 bis 65mal erfunden worden sein. Diese Zahl stammt aus
dem Jahr 1977 und ist heute weit untertrieben. Alle Augen sind komplett und wir
finden keine Form von graduellem Entwickeln, sondern immer vollständig. Durch
mehr wissen wird eine Evolution immer unwahrscheinlicher.» Noch immer würden in
der Evolutionstheorie allzu häufig Annahmen als Tatsache hingestellt. Wir sprachen mit Henrik Ullrich über das Auge.
Henrik Ullrich, wenn man die
Evolutionstheorie vertritt, geht man davon aus, dass sich mit der Zeit aus
einem vermeintlich einfachen Auge komplexere entwickelten, zuletzt jene mit
einer Linse und kommt deshalb zum Schluss, dass es so gewesen sein muss. Was
halten Sie davon?
Henrik Ullrich.
Henrik Ullrich: In der
Natur gibt es eine grosse Anzahl realisierter Augentypen und Augenformen. Die
kann man sicherlich einteilen in einfach strukturierte Augen und in sehr
komplex strukturierte Augen. Dennoch kann man sehen, dass selbst die einfach
strukturierten Augen mit sehr viel diffiziler biologischer Technik ausgestattet
sind und dort biochemische Prozesse sehr präzise und hoch organisiert ablaufen
und es nicht so einfach möglich ist, da eine stammesgeschichtliche Kette
aufzubauen, die uns erklären könnte, wie hoch komplexe Augen aus einfach
strukturierten Augen hervorgegangen sein könnten. Das lässt sich bei allem, was
wir heute über das Auge und die vielen Augentypen wissen, nicht mehr einfach so
mir nichts dir nichts proklamieren.
Sie vertreten, dass auch
Zwischenformen zu finden sein müssten, zum Beispiel eines das schon weit
entwickelt ist und vor dem Sprung ins nächste Stadium steht. Ist je so ein Auge
gefunden worden – oder wie ist das mit Zwischenformen?
Es gibt zwei Probleme, warum man die
nicht findet. Einerseits handelt es sich beim Auge um Weichteile, die in
Fossilien nicht mit überliefert werden. Andererseits kann man deutlich sagen,
dass nie all die vielen Zwischenstufen, die man erwarten müsste, bei lebenden
Tieren oder Fossilien jemals nachgewiesen wurden. Im Gegenteil: Was man in
beiden Fällen findet, sind immer perfekt an ihre Umwelt angepasste,
ausgebildete Augen.
Wenn man jetzt die unterschiedlichen
Augentypen sieht, könnte es sein, dass ein sehr früher Vorfahr – der dann zwar
auch schon übermässig komplex gewesen sein müsste – diese Bausteine gehabt hat
und je nach dem was sich für ein Tier daraus entwickelt hat, dann daraus ein
Grubenauge oder ein Linsenauge entstanden ist?
Ich glaube, es ist in der
Wissenschaft nie verboten, Spekulationen oder Hypothesen aufzustellen, die auf
dem Wissen aufbauen, das wir über die Augenformen haben. Und von daher ist es
berechtigt, dass man im Rahmen von Evolutionsmodellen danach sucht, wie könnte
ein Urindividuum ausgesehen haben könnte von dem dann alle Augen abstammen
würden. Dass bei solchen Gedanken ein Modell von einem Urauge entsteht, ist
dann auch verständlich.
Wir müssen aber dennoch deutlich
sagen, dass von all dem was wir von der Funktionsweise der Augen kennen, selbst
ein solches Urauge bereits sehr hochkomplex gewesen sein musste, damit es
überhaupt eine lebensfähige Funktion in einem Individuum ausführt.
Und zum anderen kennen wir – selbst
wenn wir ein solches hochkomplexes Auge am Anfang hätten – keinen Prozess, der
aus diesem Urauge ein Facettenauge wie bei einer Fliege hervorbringen könnte
oder ein Grubenauge wie bei einer Muschel, oder ein Linsenauge wie bei einem
Fisch oder bei uns Menschen. Diese kreativen, umgestaltenden Prozesse sind uns
in der Biologie nicht bekannt und wir haben keine Spur einer Ahnung, wie ein
solcher Umgestaltungsprozess hätte ablaufen können.
Das menschliche Auge, so hat es
lange geheissen, sei ein Pfuschwerk, das nicht auf einen Schöpfer hinweist. Nun
heisst es, es sei ein High-Tech-Produkt. Wie kommt man da nun auf ein derart
anderes Ergebnis?
Es gab gewisse Strukturen im Auge,
die für die Funktion des Auges sehr wichtig sind – aber deren Aufbau hat man
nicht verstanden. Zum Beispiel den Schichtaufbau unserer Netzhaut. Die Netzhaut
ist verantwortlich, dass Lichtsignale in elektrische Reizströme umgewandelt
werden, die dann an das Gehirn weitergeleitet werden.
Und der Schichtaufbau ist anders,
als man ihn eigentlich erwarten müsste: in der Tiefe liegen die lichtsensitiven
Zellen, an der Oberfläche liegen die nicht-lichtsensitiven Zellschichten. Das
bedeutet eigentlich, dass Licht verloren geht, vom Moment des Durchtritts durch
die Netzhaut, bis es dann auf die Sinneszellen trifft. Man meinte darin einen
schweren Konstruktionsfehler sehen zu können, den, wenn es einen Schöpfer gäbe,
dieser Schöpfer den vielleicht übersehen hat oder da nicht besser Bescheid
wusste.
Jetzt wissen wir aber durch neue
Erkenntnisse, dass diese Netzhaut durchsetzt ist, mit einem
Lichtleitkabelsystem, welches aufgebaut ist durch ganz zarte Nervenfortsätze
anderer Nervenzellen, die dann das Licht leiten. Die Funktionsweise ist die
eines Lichtleitkabels, das wir aus unserem Alltag kennen. Verlustfrei wird so
das ankommende Licht durch die Schichtpakete bis zu den Sinneszellen gebracht,
und das auch noch perfektioniert und abgestimmt, damit dort auch wirklich noch
verlustfreies Sehen möglich ist. Und von daher sagen die Forscher, die das
heute beurteilen: «Wir haben mit der Netzhaut einen Hightech-Apparat vor uns,
in jeder Hinsicht.»