Als Teenager
entscheidet sich David Hamilton, politischer Terrorist zu werden.
Bombenanschlag, Banküberfall, Raubüberfälle… bald landet der Nordire im
Gefängnis. Über den Glauben hat er sich bisher nur lustig gemacht – bis er ins
Grübeln kommt.
Ich wuchs in
Belfast (Nordirland) zur Zeit des verbitterten und brutalen Konfliktes zwischen
Protestanten und Katholiken auf. Die Protestanten wollten, dass Nordirland Teil
des Vereinigten Königreiches blieb, die Katholiken jedoch wollten Irland als
eigene und eigenständige Republik wiedervereinen.
Die politischen
Differenzen zwischen Protestanten und Katholiken wurden mir mit 14 Jahren zum
ersten Mal so richtig bewusst. Eine Gruppe katholischer Jugendlicher
verprügelte mich und warf mich in den Fluss, weil ich Protestant war. Dieser
Tag wurde zu einem Wendepunkt in meinem Leben und brachte mich auf die schiefe
Bahn. Ich fasste den Entschluss, nie wieder katholische Freunde zu haben.
Raubüberfälle
und Gefängnis
Als Teenager traf
ich die verhängnisvolle Entscheidung, ein politischer Terrorist zu werden und
schloss mich einer illegalen paramilitärischen Organisation namens «Ulster
Volunteer Force» an. In meinen Augen war ich ein rechtschaffener Aktivist, der
für einen guten Zweck kämpfte – für die Loyalität zu Queen und Königreich. Ich
beging mehrere Verbrechen, darunter einen Bombenanschlag, einen Banküberfall,
sowie einige andere bewaffnete Raubüberfälle, von denen einer mich mit 17
Jahren ins Gefängnis brachte. Nach meiner Freilassung ein Jahr später wurde ich
jedoch erneut straffällig, was wiederum zu meiner Festnahme und einer zwölfjährigen
Haftstrafe führte.
«Möchte jemand
heute den Bibeltext vorlesen?»
Ich hatte bereits
einige Jahre im Gefängnis verbracht, als eines Tages etwas Aussergewöhnliches
geschah. Kurz vor Weihnachten nahm ich an einem Gottesdienst teil. Nicht aus
religiöser Überzeugung heraus, sondern um mal aus meiner Zelle herauszukommen,
Häftlinge aus anderen Flügeln des Gebäudes zu sehen, und Schmuggelware sowie
ein bisschen Klatsch und Tratsch auszutauschen. Der Gefängnispfarrer fragte: «Möchte
jemand uns heute den Bibeltext vorlesen?» Als niemand antwortete, drehte sich
jemand in der Reihe vor mir um und sagte: «Davey sagt, er machts!» Mein erster
Impuls war, zu kneifen. Doch ich wusste, dass dann alle über mich lachen
würden. Also nahm ich die Bibel und las den Text vor – Lukas' Erzählung der
Geburt Jesu. Als ich fertig war, hatte ich ein Lächeln auf dem Gesicht!
Irgendwie fühlte sich das gut an.
Zu Beginn des
neuen Jahres machte ich noch eine andere Erfahrung. Eines Abends kurz vor
Zellenschliessung machte ich mir noch einen Tee. Anschliessend ging ich zurück
zu meiner Zelle und fand einen kleinen, zusammengefalteten Zettel auf meinem Kopfkissen:
Ein christliches Traktat mit dem Titel «Jesus Christus kommt bald wieder». Ich
lachte, knüllte es zusammen und warf es aus dem Fenster. Doch dann durchzuckte
mich ein Gedanke: «Es ist an der Zeit, dich zu ändern und Christ zu werden.»
Ich erschrak. Doch der Gedanke kam ein paar Sekunden später wieder.
Gott hatte ihn
am Leben erhalten
Zuerst lachte ich
nur darüber und redete mir ein, Gott wäre doch nie im Leben an jemandem wie mir
interessiert. Ich war ein schlechter Mann, der schlechte Dinge getan hatte. So
lag ich auf meinem Bett und begann, über die Momente nachzudenken, in denen ich
dem Tod sehr nah gekommen war. Wie zum Beispiel an dem Abend, an dem die IRA
versuchte, mich zu töten, als ich mit meiner Verlobten beim Essen sass. Oder
als ich eine Bombe gelegt hatte, die zu früh explodierte, während ich selbst
noch im Gebäude war. Obwohl meine Jacke völlig zerfetzt wurde, überlebte ich
ohne einen einzigen Kratzer. Oder als mir einmal mitten auf der Strasse jemand
eine Pistole an den Kopf hielt und abdrückte, die Pistole jedoch blockierte.
Nicht viele
Menschen können als Überlebende solche Geschichten erzählen, warum also war
ausgerechnet ich noch am Leben? Schlagartig wurde mir bewusst: «Gott hatte mich
am Leben erhalten!» Je mehr ich darüber nachdachte, desto überzeugter wurde ich
davon. Und plötzlich wusste ich, dass ich Christ werden wollte – ich wusste nur
nicht, wie. Gott sei Dank traf ich am nächsten Morgen den Mann, der das Traktat
auf mein Bett gelegt hatte. Zu meiner eigenen Überraschung erzählte ich ihm von
meinem Interesse am christlichen Glauben. Ich dachte erst, er würde über mich
lachen, weil ich mich schon so oft über seinen Glauben lustig gemacht hatte.
Stattdessen umarmte er mich jedoch einfach. Und er gab mir noch mehr Traktate –
genug Lesestoff für einen ganzen Monat.
Im Team Gott
Eins der Traktate
hatte auf der Rückseite ein einfaches Gebet abgedruckt:«Komm in mein Herz, Herr
Jesus, komm heute in mein Herz. Komm in mein Herz, Herr Jesus, komm und bleib
darin.» Ich betete dieses Gebet sechs Mal, um wirklich sicher sein zu können,
dass Gott wusste, dass ich es ernst meinte. Als am nächsten Morgen die
Zellentür aufging und wir zur Arbeit mussten, beschloss ich, es dem ersten
Menschen zu erzählen, den ich sah – doch zu meinem Entsetzen begann er laut zu
rufen: «Davey ist jetzt Christ! Er gehört jetzt zum Team Gott!»
Als ich den
Gefängnispfarrer entdeckte, rief ich ihm zu: «Ich bin jetzt Christ!» Er blieb
stehen und kam auf mich zu. «Seit wann?», fragte er. Dann lud er mich in sein
Büro ein, wo er sich lächelnd meine Geschichte anhörte. Als ich fertig war,
öffnete er einen Schrank und gab mir meine erste eigene Bibel, ein kleines
rotes Neues Testament von den Gideons. Als er für mich betete, fühlte ich mich,
als wäre ich drei Meter gross.
Ein besonderes
Versprechen
Zu diesem
Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass jemand hinter den Kulissen die ganze Zeit
für mich gebetet hatte: die Schwiegermutter meines Onkels, Mrs. Beggs. Bei
meiner Verurteilung weinte sich meine Mutter die Augen über ihren hoffnungslos
missratenen Sohn aus – doch Mrs. Beggs schüttelte den Kopf und sagte: «Wenn
Gott das Herz von John Newton verändern konnte» – der ehemalige
Sklavenschiffkapitän, der nach seiner Bekehrung das Lied «Amazing Grace» verfasste – «dann
kann er auch das Herz Ihres Sohnes verändern. Ich werde jeden Tag für ihn
beten.»
Und als meine
Mutter ihr die schöne Nachricht überbrachte, erklärte Mrs. Beggs ihr nur, dass
sie schon Bescheid wisse, denn Gott hatte ihr «die Last vom Herzen genommen».
Sie fügte hinzu: «Jetzt hat Gott mir gesagt, ich solle für seinen zukünftigen
Dienst beten – er wird nämlich Pastor werden!» Und obwohl meine Mutter das kaum
glauben konnte, hatte Mrs. Beggs Recht. Nach meiner Freilassung arbeitete ich
zunächst als Evangelist für «Prison Fellowship». Fünf Jahre später begann ich
mit meinem Dienst als Reiseevangelist quer durch Europa. Und nach weiteren zwölf
Jahren erhielt ich den Ruf, Pastor einer Gemeinde in England zu werden, was ich
bis zu meiner Pensionierung tat. Seit meiner Rückkehr nach Nordirland
evangelisiere ich weiterhin im ganzen Land.
Heute kann ich
sagen: Es gibt tatsächlich keine hoffnungslosen Fälle, denn Gott hat die Macht,
zu retten!