Evan Dougoud stammt aus schwierigen Verhältnissen. Zuerst verliess sein Vater die Familie. Und später ging auch die Mutter weg – aber heute ist er mit einer mobilen Anlaufstelle für Obdachlose und Bedürftige da.
«Die Familie war uns sehr wichtig», blickt Evan
Dougoud auf seine Kindheit zurück. «Aber als ich 14 oder 15 Jahre alt war, wurde
mir das alles durch eine Scheidung genommen. Mein Vater verliess das Haus. Und
meine Mutter ging schliesslich auch – bis heute weiss ich nicht, wohin sie
gegangen ist. Als 15-Jähriger machte ich eine enorm harte Zeit durch.»
Er ging auf eine Privatschule und irgendwann merkten
die Lehrer, was los war. «Während dieser Zeit wurde mein Cousin erschossen. Und
als ich 16 Jahre alt war, starb mein Onkel. Fast während der gesamten
Highschool-Zeit hatte ich kein Bett. Ich schlief auf dem Boden. Schliesslich
zog ich zu meiner Grossmutter. Wir waren zu fünft in einem Haus mit drei
Schlafzimmern, und ich schlief auf dem Boden.»
Zuhören trägt
Es ist sehr schwer, sich auf die Schule zu
konzentrieren, wenn man versucht, zu überleben, blickt Evan Dougoud zurück. «Meine
Lehrer haben mir das Leben gerettet. Bei ihnen durfte ich weinen. Sie haben für
mich gebetet. Sie haben mir Liebe geschenkt. Aber am wichtigsten ist, dass sie mir zugehört
haben.»
Er traf einige falsche Entscheide, verliess das
College und kämpfte sich mit drei Jobs durch. Dann erhielt er einen Job bei den
Jugenddiensten von Tulsa. «Sie helfen obdachlosen Jugendlichen. Viele sagten:
'Wir fühlen uns nicht wahrgenommen. Niemand hört sich unsere Geschichte an.
Niemand kümmert sich wirklich um uns.' So hatte ich mich mit 15 Jahren auch
gefühlt.»
Gespräche unter der Brücke
Deshalb nahm Evan Dougoud eine alte Kamera hervor und
begann, ihre Geschichten aufzunehmen. «Wir gingen unter eine Brücke und nannten
es 'Bridge Talk'. Aber meine Kamera war so schlecht und der Ton so mies, dass
man nicht hören konnte, was sie sagten. Also nahmen wir die Kamera und gingen
zurück zum Obdachlosenzentrum, um ihre Geschichte aufzunehmen.»
Diese neuen Aufnahmen wurden auf Wunsch der
Interviewten «Be Heard» («Gehört werden») genannt. «Und so kam der Name unserer
gemeinnützigen Organisation zustande, durch die Stimmen dieser obdachlosen
Jugendlichen.» Evan Dougoud ist Gründer und Leiter dieser Organisation, die
sich um Obdachlose in Tulsa kümmert.
Geweint wegen Duschanhänger
Früher war er wütend auf Gott gewesen. Rückblickend
dankt er jedoch, dass Gott durch ihn zur Antwort auf ein Problem geworden ist.
«Menschen bekommen eine Unterkunft, Duschen und das alles nur aufgrund von
Gottes Handeln. Wir sind sehr dankbar, dass wir das tun dürfen.»
Eines der wichtigsten Bedürfnisse für obdachlose
Jugendliche ist eine Dusche. «Aber das wussten wir nur, weil wir ihnen zuerst zuhörten.
Wenn man einfach von einem Bedürfnis ausgeht, verdrängt man oft die wahren
Bedürfnisse.»
Mit seinem Team fand er heraus, dass es mobile
Duschanhänger gibt. Dann erhielt «BeHeard» einen mobilen Duschanhänger von
einer Gemeinde. «Ich habe geweint vor Freude.» Denn dadurch konnten Menschen, die sich teils
wochenlang nicht säubern konnte, endlich duschen. Das mache enorm viel mit dem Selbstwertgefühl.
Friseur-Bus
Nun fehlte aber ein Fahrzeug, um den Anhänger zu
ziehen. Evan Dougoud tauschte sein eigenes Auto ein und eine Gemeinde spendete
den restlichen Betrag. Weitere Gemeinden stiegen ein. So konnte ein mobiler
Wäscherei-Anhänger erstanden werden sowie ein mobiler Friseur-Bus. «Das kann
nur Gott tun.»
Offene Arme seien wertvoll. Wenn man den Bedürftigen einfach nur
helfen will, schaffe das mit der Zeit Vertrauen. «Bei meinen Lehrern habe ich
dadurch, dass sie mich fragten, wie es mir geht, und dass sie konsequent waren,
einen sicheren Ort gefunden, an dem ich mich aussprechen, weinen und lachen
konnte. Und das hat mir im Leben wirklich geholfen.»
Ohren sind mächtig
«Eines der mächtigsten Dinge, die man jemandem zur
Verfügung stellen kann, sind die Ohren. Wenn man zuhört, wenn man sie
bestätigt, wenn man ihnen erlaubt, dass ihre Stimme gehört wird, werden nicht
nur Barrieren abgebaut, sondern es wird auch eine Lösung geschaffen.»
Gott habe auch eine Berufung für jemanden, der unter
einer Brücke schläft. «Ich stehe heute hier als ein wandelndes Wunder. Aber
das Wichtigste ist, dass Gott mich gerettet hat – und ich will dabei helfen, dass andere dasselbe erleben.»