Michaela Langenbruch kommt ungewollt zur Welt und erfährt als Kind
schlimmen Missbrauch. Das Erlebte wiegt so schwer, dass sie fast daran
zerbricht. Dann hört sie von Jesus. Und wird Kraft der Vergebung frei.
Michaela Langenbruch
Meine Mutter war noch minderjährig, als sie mit mir schwanger wurde.
Ein Abtreibungsversuch misslang und so wurde sie für die Schwangerschaft und
Entbindung in eine andere Stadt geschickt, um die Schande abzuwenden. Ich kam
ins Heim und wurde am Wochenende besucht. Zwei Jahre später heiratete meine
Mutter und die Schwester meines Stiefvaters nahm mich auf.
Mit fünf Jahren zog ich zu meinen Eltern. Doch es war nicht, wie ich es
erhofft hatte. Alles war ungewohnt und fremd. Ich vermisste meine Cousine, die
für mich wie eine Schwester geworden war. Meine Mutter war zwar faktisch da,
doch emotional war sie weit weg. Ich sehnte mich nach ihrer Liebe, doch sie
konnte sie mir nicht geben. Oft war ich abends allein und davor hatte ich
schreckliche Angst. Wenn ich weinte und schrie, während meine Eltern aus waren,
antworteten sie am nächsten Tag mit Schlägen. «Damit ich einen echten Grund zu
heulen habe...»
Mein Zuhause – ein Albtraum
Ich bekam eine kleine Schwester und freute mich, endlich nicht mehr allein zu
sein. Doch schon am Tag der Geburt, begann mein Stiefvater, mich sexuell zu
belästigen – und ein paar Monate später, zu vergewaltigen. Immer wieder
versuchte ich ihn von mir fern zu halten. Doch es schreckte ihn nicht einmal
ab, dass meine Mutter nur zwei Zimmer entfernt war. Von da an bestand mein
Zuhause aus Vergewaltigung, Alkohol, lauter Musik, Polizeibesuchen, Ablehnung
und Ängsten. Es gab viel Gewalt. Einmal richtete mich mein Stiefvater so übel
zu, dass mich eine Freundin drängte, ihn anzuzeigen. Doch die Beamten fragten,
ob ich wirklich wolle, dass meine Mutter mit uns allein da steht. Ich zog die
Anzeige zurück.
Mehrere Male deutete ich meiner Mutter die Vergewaltigungen an. Doch sie war so
mit ihrem Leben überfordert, dass sie mir nicht glaubte. Auch meine Tante nahm
mich nicht ernst.
Mit 18 Jahren zog ich aus und lernte meinen Mann kennen. Wir heirateten und
bekamen zwei Kinder. Erst als ein schlimmer Missbrauchsfall durch die Medien
ging, kam alles, was ich versucht hatte zu verdrängen, wieder in mir hoch:
Angst, Scham, Schuldgefühle. Es war schrecklich und nach ein paar Wochen fing
ich wieder an, übermässig zu essen und zu erbrechen. Ich begann wieder, mich
selbst zu verletzen und den Lebensmut zu verlieren. Es ging mir immer
schlechter. Ich hatte keine Lebensfreude mehr, nahm Anti-Depressiva und war
zwei Mal in Reha. Ich funktionierte nur noch wie eine Marionette. Ich war
kaputt. Aber ich wollte Hilfe. Ich wollte leben.
Hoffnung und Wiederherstellung
Durch Vergebung erlebte Michaela Freiheit.
In dieser Phase lernte ich eine Christin kennen, die Ähnliches erlebt hatte wie
ich. Doch sie hatte eine unglaublich starke Ausstrahlung. Ich war beeindruckt.
Wir redeten viel über den Glauben und je mehr ich Jesus vertrauen lernte, desto
tiefer gelang mir, die Verletzungen in meiner Seele anzuschauen. Schliesslich
entschied ich mich ganz bewusst, mein Leben in die Hände von Jesus zu legen.
Ich liess mich auf die Freundschaft mit Gott ein und erlebte, was im 2.
Korinther, Kapitel 5, Vers 17 steht: «Ist jemand in Christus, so ist er eine neue
Kreatur; Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden!» Ja, durch Jesus
habe ich ein neues Leben bekommen.
Ich beschäftigte mich intensiv mit der Bibel und mir wurde bewusst, dass ich
meinem Stiefvater vergeben muss. 90 Kilometer fuhr ich zu ihm und sagte, dass ich ihm
den Missbrauch und alles, was er mir angetan hat, vergebe. Er war gerührt und
weinte. Doch bei der Verabschiedung meinte er: «Aber ein bisschen Spass hat es
dir doch auch gemacht, oder?» Ich war geschockt! Doch sofort hörte ich Gottes
leise Stimme, die den Bibelvers (Lukasevangelium, Kapitel 23, Vers 34) in mein Herz sprach: «Vergib ihnen, denn Sie
wissen nicht was sie tun!»
Der Schritt der Vergebung hat mich spürbar frei gemacht und mich mit Frieden
erfüllt. Weil ich vergeben konnte, bin ich aus der Gefangenschaft
herausgetreten. Aus den Ketten, die ich mir zum Teil selbst angelegt habe, weil
ich mich immer wieder an die Schuld der anderen erinnert habe. Wut und
Bitterkeit machen kaputt. Vergebung macht frei.
Jesus hat mich Stück für Stück wiederhergestellt und froh gemacht. Heute darf
ich in meinem Beruf als Betreuerin für psychisch erkrankte Menschen erleben,
wie Gott auch im Leben anderer Menschen eingreift.