Hochseilartist Nik Wallenda

Ich weiss, wohin ich gehe, wenn ich falle

Es ist ein spektakulärer Rekordversuch. Am 23. Juni 2013 will Hochseilartist Nik Wallenda in 450 Metern Höhe den Gran Canyon überqueren – ungesichert, auf einem blossen Drahtseil. Das hat es noch nie gegeben! Nachdem er vergangenes Jahr auf diese Art erfolgreich die Niagarafälle überquert hat, fordert er jetzt das Schicksal erneut heraus.
Nik Wallenda - auch im Training unter Beobachtung
Nik Wallenda

Wie war das für Sie, der Lauf über die Niagarafälle?
Nik Wallenda:
Es war ein einschneidendes Erlebnis. Für mich ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Meine Familie übt seit 200 Jahren diesen Sport aus, aber noch niemand aus meiner Familie hat damit so viel Aufsehen erregt, wie ich im vergangenen Jahr.

Hatten Sie zwischendurch Zweifel, ob Sie es schaffen würden?
Wissen Sie, ich lebe nach diesen drei Worten: «Gib niemals auf». Also habe ich nie an mir gezweifelt. Ich glaube, dass man mit einem starken Willen alles erreichen kann... und mit der Gnade Gottes.

Wie sieht das Ihre Frau?
Natürlich ist sie nervös, weil sie meine Frau ist. Aber ich denke, sie hat keine Angst um mich. Sie selbst kommt aus einer Zirkusfamilie, die seit acht Generationen in diesem Gewerbe sind, sie kann meine Leidenschaft also nachvollziehen.

Hat sich Ihr Leben seit letztem Jahr verändert?
Ehrlich gesagt, gar nicht so sehr. Meine Familie war schon vorher bekannt. Es gibt vier Bücher über uns und einen Film, der jedes Jahr auf ABC ausgestrahlt wird. Vielleicht werde ich jetzt auf der Strasse öfter erkannt, aber meine Familie und mein Glaube erinnert mich daran, das es Wichtigeres gibt, als mein Ego.

Wie haben Sie sich auf den Lauf über den Gran Canyon vorbereitet?
Hauptsächlich mental, indem ich mir immer wieder bildlich vorgestellt habe, wie ich über den Gran Canyon balanciere. Ich stelle mir bildlich vor, wie ich den ersten Schritt mache, das erste Viertel, die erste Hälfte und so weiter. So ein Wagnis braucht viel mentale Vorbereitung.

Zusätzlich trainiere ich fünf Tage in der Woche, jeden Tag drei bis vier Stunden. Seit dem 6. Juni trainiere ich auch speziell für meinen Lauf über den Gran Canyon, ich laufe seitdem bereits die gesamte Länge aber auf niedrigerer Höhe. Dabei kann ich sehen, wie sich der Draht in dieser Länge bewegt und Stabilität üben. Aber tatsächlich ist das Meiste mental. Man muss von sich überzeugt sein, dass man es schafft. Wir haben auch Winde rekonstruiert, um alles im Training so real wie möglich zu gestalten. Dann kann man sich später immer wieder daran erinnern: Im Training hast du das doch alles gekonnt...

Sie sichern sich nicht ab. Haben Sie niemals Angst?
Ich sage immer: «Angst ist eine Entscheidung, Gefahr ist real.» Lustigerweise benutzt Will Smith diesen Spruch in einem seiner Filme, obwohl ich sicher bin, dass er ihn nicht von mir hat.

Wieder geht es um die Gedanken. Ich habe keine Angst vor dem, was ich mache, aber ich habe Respekt davor. Gleichzeitig weiss ich, dass ich mich auf alles gut vorbereitet und viel trainiert habe.

Schauen Sie also nie nach unten?
Ich schaue immer nach unten.

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie auf dem Seil stehen?
In mir ist es dann sehr friedlich. Alle Sorgen sind in diesem Moment ausgeblendet, man konzentriert sich auf etwas komplett anderes. Oft spreche ich auf dem Seil auch mit Gott. Das ist so friedlich und entspannt und er ist der einzige, der mir da oben zuhören kann.

Welche Rolle spielt Ihr Glaube in Ihrer Performance?
Er spielt deswegen eine Rolle, weil er in meinem ganzen Leben eine Rolle spielt. Mein Leben ist auf den Glauben an Gott aufgebaut. Natürlich ist es entscheidend zu wissen: Wenn ich falle und sterbe, weiss ich, wohin ich gehe.

Manchmal werde ich gefragt, ob ich das mache, weil ich einen Beweis für Gott will. Aber das tue ich absolut nicht. Ich glaube sowieso nicht, dass ich auf dem Seil laufen kann, weil Gott mich festhält. Ich glaube, dass Gott mir eine besondere Gabe gegeben hat und es liegt an mir, ob ich gut trainiere und wie ich mich darauf vorbereite.

Manche Christen verlieren ihr Leben bei einem Autounfall oder durch Ähnliches und ich glaube nicht daran, dass Gott in diesem Moment nicht auf sie aufgepasst hat oder sie nicht geliebt hat. Diese Menschen haben sich selbst entschieden, an diesem Tag in ihr Auto zu steigen. Gott hat uns die Möglichkeit gegeben, uns zu entscheiden. Wir dürfen uns auch entscheiden, ob wir an Gott glauben möchten oder nicht. Ob wir ihm nachfolgen möchten oder nicht. Ob wir ihn fürchten oder nicht. Das ist unsere Entscheidung.

Es ist auch meine Entscheidung, ob ich auf dem Seil so ein Risiko eingehen möchte oder nicht. Und ich sage es noch einmal: Ich glaube nicht, dass Gott versagt, wenn ich einmal falle. Aber wenn ich eines Tages tatsächlich fallen sollte, weiss ich wenigstens, wo ich dann bin.

Der gewagte Lauf Nik Wallendas auf dem Hochseil über den Gran Canyon wird am 24.06.2013 um 02:00 Uhr live im deutschen Fernsehen auf DMAX übertragen.

Datum: 19.06.2013
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: christianpost.com

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