Undesperate Housewives

Besser leben dank Vergeben

Fies ausgetrickst oder hintergangen worden – manchmal scheint Vergeben unmöglich. Aber wie schwer das auch sein kann, es lebt sich einfach besser damit. Die «Undesperate Housewives» erzählen dazu aus ihrem Leben.
Paula Schaub.
Jolanda Schärer.
Jeanette Macchi.
Gaby Schildknecht.

Die «Desperate Housewives» sind den Fernsehzuschauern bekannt. Dass es auch anders geht, das zeigen unsere «Undesperate Housewives» («Nichtverzweifelte Hausfrauen») Paula Schaub, Jeanette Macchi, Jolanda Schärer und Gaby Schildknecht. In dieser Folge beschreiben sie die Tücken, aber auch die Vorteile des Vergebens. Und wie man überhaupt dazu kommt.

Fällt Ihnen Vergeben schwer?
Paula Schaub: Ich bin prinzipiell kein nachtragender Mensch. Ich würde damit ja nicht nur mir selber schaden, sondern auch dem andern, den ich nicht ent-schulde. Die Redewendung, «jemandem eine Schuld nachtragen», bringt das recht treffend auf den Punkt: Ich trage etwas, hab also eine Last zu schleppen. Und mit der binde ich meine eigene Kraft und Lebensfreude.

Gaby Schildknecht: Im Kopf zu vergeben fällt mir nicht schwer. Aber bis mein Herz das begreift, braucht es oft etwas Zeit.

Jeanette Macchi: Je nachdem, wie sehr ich verletzt worden bin, kann mir das schon schwerfallen. Doch mir ist Versöhnung sehr wichtig, und das motiviert mich, über meinen Schatten zu springen und sogar dann den ersten Schritt zur Versöhnung zu machen, wenn ich eigentlich das Opfer bin.

Jolanda Schärer: Vergeben konnte ich leider nicht in jeder Situation gleich schnell, mal fällt es mir schwerer, mal weniger schwer. Doch letztlich durfte ich in jeder Situation vergeben. Jesus sei Dank!

Was haben Sie beim Vergeben erlebt?
Gaby Schildknecht: Gott führt mich immer wieder in Situationen, in denen mir bewusst wird, dass da wohl etwas noch nicht in Ordnung ist. Wenn ich dann erkenne, warum ich so und so reagiert habe, kann ich die Ursachen angehen. In meiner Kindheit bin ich viel verletzt worden, und ich hab gelernt, wie ich dem Schmerz ausweichen kann. Dadurch wurde mein Verhalten für meine Umwelt aber zum Teil recht schwierig.

Ich durfte dann lernen, denen zu vergeben, die mich verletzt haben, und eine Heilung durch Jesus Christus in Anspruch zu nehmen. Und die habe ich auch immer wieder erlebt. Ich staune, was Jesus Christus schon an mir und mit mir getan hat.

Jolanda Schärer: Erlebt habe ich einen Frieden, eine Liebe, ein Mitleiden in meinem Herzen gegenüber der Person, die mich verletzt hatte. Jesus heilt meine Verletzungen und erneuert meine Gedanken und Sinne.

Paula Schaub: Befreiung und Erleichterung, Friede und Freude, aber auch ein wenig Stolz, dass ich über den eigenen Schatten gesprungen bin. Ohne Gottes Vergebung könnte ich nicht leben. Wo sollte ich hin mit meiner ganzen Schuld? Manchmal schäme ich mich, wenn ich wieder mit denselben Fehlern bei Jesus Christus anklopfen muss.

Als Kreisrichterin am Strafgericht erlebe ich, wie wichtig es manchmal für das Opfer ist, dass der Täter das Unrecht einsieht und sich entschuldigt. Oft ist dieser Schritt für den geschädigten Menschen bedeutungsvoller als die Tatsache, dass der Angeschuldigte bestraft wird.

Jeanette Macchi: Ich denke, dass der Wunsch nach Versöhnung in jedem von uns steckt. In Frieden mit unseren Mitmenschen leben, das macht unser Leben einfacher. Ich habe erlebt, wenn ich Vergebung ausspreche, dann wird mein Herz frei von Hass und Groll, und ich komme in einen Frieden mit mir und meinem Mitmenschen. Dieses Gefühl ist absolut erleichternd.

Eine unversöhnliche Haltung schadet nicht nur meinem Mitmenschen, sondern in erster Linie mir selbst. Vergebung aussprechen und Vergebung empfangen, das ist ein Schlüssel für inneren Frieden.

Wie kann macht man das, vergeben?
Jeanette Macchi: Vergebung gehört zur Nächstenliebe. Wir Menschen sind Wesen, die auch Fehler, und dabei können eben auch Verletzungen entstehen. Ich liebe die Bibelstelle, in der Petrus Jesus fragt, wie oft er seinem Bruder vergeben muss; ob denn siebenmal denn genug sei. Aber Jesus sagt, wir müssen ständig bereit sein zu vergeben. Denn auch unser Vater im Himmel vergibt uns ja immer wieder aufs neue. 1)

Gaby Schildknecht: In der Bibel lese ich, dass Jesus Christus am Kreuz all meine Schuld, meine Verletzungen und Flüche getragen hat. 2) Er war ohne Schuld und zeigte am Schluss seines Kampfes, wie sein ganzes Wesen war. Er sagte: «Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!» 3)

So, wie Jesus am Kreuz gebeten hat, dass seinen Peinigern vergeben wird, dürfen wir ganz konkret im Gebet aussprechen: «Ich vergebe der Person X alle Lügen und Gerüchte, die sie über mich verbreitet hat, im Namen Jesu. Ich lasse sie los und halte ihr die Verfehlungen nicht mehr vor.»

Beim Vergeben entscheide ich mich, die Schuld einer anderen Person loszulassen. Ich hab ja selber diese Vergebung durch Jesus Christus erhalten, und darum will ich sie jetzt weitergeben. Auch wenn vielleicht die Gefühle noch nicht mitgehen, ist ein Entscheid zur Vergebung von mir gefragt. Die geheilten Gefühle folgen dann allmählich; nicht umgekehrt.

Paula Schaub: Kopf und Herz haben meistens nicht das gleiche Tempo. Ich denke, es ist wichtig, das zu beachten. Wir können zwar mit dem Verstand vergeben, aber auf einmal stellen wir fest, dass Enttäuschung, Verletztsein oder Wut immer noch da sind. Vergeben braucht seine Zeit; da gibt es keine Abkürzungen. Wir dürfen da uns und andere nicht unter Druck setzen.

Jolanda Schärer: Vergeben, das kann ich, wenn ich Jesus Christus nachfolge; wenn ich ihn liebe und so handeln möchte wie er. Ohne seine Liebe zu mir und zu meinem Nächsten hätte ich wohl nicht die Kraft zum Vergeben.

Wann fällt vergeben schwer, und wie kann man damit umgehen?
Paula Schaub: Vergeben kann schwerfallen, wenn der andere sich nicht entschuldigt und auch nicht einsehen kann oder will, dass er uns verletzt hat. Oder wenn wir mit Konsequenzen leben müssen, die man nicht wiedergutmachen kann, zum Beispiel nach Unfällen oder einem Verbrechen. Da ist Vergebung wahrscheinlich erst nach langer Zeit und mit göttlicher Hilfe möglich.

Jeanette Macchi: Vergeben fällt wohl dann umso schwerer, wenn die beiden Parteien noch um ihr Recht kämpfen. Wenn jeder sich als Opfer sieht, wird es schwer, selber den ersten Schritt zu machen. Doch Vergebung soll ja nicht abhängig sein von Gefühlen, sondern sie ist eine Entscheidung.

Gaby Schildknecht: Grundsätzlich gilt: Auch wenn die Tat noch so schwer ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als dem Verursacher zu vergeben. Nur so kann ich selber wieder heil werden. Wenn die Konsequenzen aber sehr tief gehen, braucht es oft viel Zeit dazu. Es gibt keine Patentrezepte wie «Du musst nur einmal vergeben, und alles ist o.k.» oder ähnlich «gute» Ratschläge.

Der Betroffene braucht vielleicht erst einmal Ruhe und Geborgenheit, um sich auf dieses Heilwerden und Vergeben überhaupt einzulassen. Es kann auch nötig sein, dass ich meine Entscheidung so lange wiederhole und ausspreche, bis sie auch in meinem Herzen angekommen ist.

Mir hilft immer das Bild von einem verletzten Bein. Die Wunde wurde gesäubert, desinfiziert und ein Pflaster draufgelegt – soweit wäre alles in Ordnung. Aber jetzt falle ich erneut hin, auf genau dieselbe Wunde, und es schmerzt höllisch. Wieder säubere und pflege ich sie …. und versuche jetzt, mein Bein unbedingt zu schonen, damit es schneller heilt.

Ohne Bild gesprochen: Es kann mir helfen, wenn ich den Personen, die mich verletzt haben, eine Zeitlang aus dem Weg gehe, um meinem Heilungsprozess eine Chance zu geben.

Jolanda Schärer: Ich denke, je tiefer die inneren oder äusseren Verletzungen sind, desto schwerer fällt einem das Vergeben. Und umso wichtiger ist die willentliche Entscheidung, es trotzdem zu machen. Einer Person, die mich zutiefst verletzt hatte, hab ich im Namen von Jesus Christus im Gebet Vergebung zugesprochen. Ich finde es enorm wichtig, dann auch alle inneren Verletzungen bei Jesus zu deponieren und ihn um Heilung zu bitten.

Er heilt und befreit wirklich. Wenn jemand im nachhinein unsicher wird über seiner Vergebung, dann empfehle ich, das im Beisein eines Zeugen auszusprechen. Vergeben ist ein Gehorsamsakt gegenüber Gott. Jesus selber, sagt wir sollen 70mal 7mal vergeben, also eigentlich endlos. 4)

1) und 4): Die Bibel, Matthäus 18,21.22: «Da fragte Petrus: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er mir Unrecht tut? Ist siebenmal denn nicht genug? –Nein, antwortete Jesus. Nicht nur siebenmal, sondern siebzig mal siebenmal.»
2) Die Bibel, Jesaja 53,3-4: «Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet. Dabei war es unsere Krankheit, die er auf sich nahm; er erlitt die Schmerzen, die wir hätten ertragen müssen. Wir aber dachten, diese Leiden seien Gottes gerechte Strafe für ihn. Wir glaubten, dass Gott ihn schlug und leiden liess, weil er es verdient hatte.»
3) Die Bibel, Lukas 23,34: « Jesus betete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Unter dem Kreuz verlosten die Soldaten seine Kleider untereinander.»

Kurzprofile der «Undesperate Housewives»:
Gaby Schildknecht leitet «Begegnung in der Ehe».
Jeanette Macchi moderiert «Fenster zum Sonntag».
Jolanda Schärer wirbelt als Fitnesstrainerin.
Paula Schaub politisiert im Langenthaler Gemeinderat.

Lesen Sie hier weitere Folgen der «Undesperate Housewives»

Datum: 03.07.2008
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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