„Viele Gelegenheiten, diese Erfolgsstory fortzusetzen“

Pfr. Daniel Zindel
Heinz Zindel, der Gründer der Stiftung Gott hilft und Vater von Daniel Zindel
Die neuen Mitarbeiter
Das Schwimmbad des Hotel Paladina, Pura TI
Seewis
Dave Butt
Esel
Köpfe
Klettern

Hinter dem etwas altmodisch klingenden Namen „Gott hilft“ steht ein modernes, nach diakonischen und pädagogischen Konzepten geführtes christliches Sozialwerk, das sich um Kinder und Jugendliche, aber auch alte Menschen kümmert, eine höhere Fachschule für Sozialpädagogik unterhält und Erholung anbietet. Die Häuser des Werkes verteilen sich über die halbe Schweiz und Uganda (Ostafrika). Leiter in der dritten Generation ist Pfr. Daniel Zindel.

Livenet: Pfr. Daniel Zindel, Sie haben von Ihrem Vater die Leitung eines weit verzweigten Sozialwerks, das ganz unterschiedliche Menschen erreicht, übernommen. Sie leiten Institutionen und Menschen an 11 verschiedenen Standorten. Wie behält man da den Überblick?
Pfr. Daniel Zindel:
Man muss ein Gespür für das absolut Wichtige und das weniger Wichtige entwickeln. Ich versuche mich an eine Managementregel Peter Druckers zu halten: „Effektive executives do first things first and second things not at all“. Ich bete relativ viel für unsere Betriebe. Das hilft mir, nicht in die „Marthafalle“ zu tappen die da heisst: „Martha, Martha, du machst dir viel Sorgen und mühst dich um Dinge, die im Grunde nicht so wichtig sind. Wichtig ist nur eins! Das hat Maria verstanden.“

Haben Sie ein Leitmotiv oder Motto, das Ihr Handeln leitet?
Ich habe mir die Grundaussagen des Leitbildes der Stiftung Gott hilft verinnerlicht: „Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen“ (Matthäus 6,33). Und das zweite Leitmotiv, dem ich mich verpflichtet fühle: „Wir handeln geistlich, menschlich, fachlich und wirtschaftlich. Im Zusammenführen dieser Aspekte und im Praxisbezug wollen wir wegweisend sein.“ In beiden Mottos ist die Latte sehr hoch gesteckt! Das hat zur Folge, dass man sich strecken und gelegentlich auch um Vergebung bitten muss.

Sie haben sich viele Gedanken über christliche Leitungsverantwortung gemacht. Können Sie uns einen wichtigen Aspekt davon nennen?
Ich möchte immer besser lernen, nicht für Gott zu arbeiten, sondern mit Gott. Konkret bedeutet das für die christliche Leitungsverantwortung, immer sensibler Gottes Impulse und Absichten für das Unternehmen zu vernehmen. Ein feines, inneres Gehör ist wichtiger als Laptop und Handy!

Wie gehen Sie mit Erfolgserlebnissen, und wie mit Niederlagen und Enttäuschungen um?
Ich mache aus beidem ein Gebetlein. Dabei fällt mir natürlich das Danken leichter als zu klagen oder anzuklagen, Versöhnung zu gewähren oder um Vergebung zu bitten. Neben dieser „geistlichen Psychohygiene“ ist die Tatsache nicht zu verachten, dass mein Arbeitplatz im schönsten Kanton der Schweiz liegt. Tourenskis im Winter und das Bike in den übrigen Jahreszeiten liegen zur Frustbewältigung griffbereit …

Ist der allmähliche Rückzug des Staates aus seiner sozialen Verantwortung eine Chance oder eine Last für Ihre Stiftung?
Ein Ausspruch aus der Innerschweiz lautet: „Wo Geld isch, isch dr Tüfel, wo kais isch, isch er doppelt.“ Sparschnitte im Sozialwesen tun auch uns als Stiftung weh, vor allem, weil wir schon immer mit schlanken Lösungen gefahren sind. Ich möchte aber keine Zeit zum Klagen verlieren, sondern darüber nachdenken, wie wir kreativ und innovativ auf knappere Finanzen reagieren können. Dabei glauben wir, dass Gott (und damit Menschen guten Willens) solide Arbeit im Sozialwesen, die auf einem klaren geistlichen Fundament beruht, mit Spenden und Legaten tragen wird. Was mich beschäftigt: Das diakonische Gewissen im Leibe Christi dürfte in Zukunft noch ein bisschen schärfer werden.

Wie verhalten sich die nötige Professionalität und der Glaube in einem modernen christlichen Sozialwerk?
Eine lebendige Christusbeziehung fördert die Grundhaltung Glaube, Liebe, Hoffnung. Es gibt keine besseren Werthaltungen als Grundlage professionellen Arbeitens. Ich halte eine christliche Werthaltung, über die wir offen, transparent und auch für die nachchristlichen Zeitgenossen einigermassen plausibel kommunizieren, als beste Ausgangslage für Professionalität im Sozialwesen. Die meisten unternehmerischen Pioniertaten in der Geschichte des Sozialwesens sind diesem Geist entsprungen. Das 21. Jahrhundert wird viele Gelegenheiten bieten, diese Erfolgsstory fortzusetzen.

Ihr Werk umfasst alle – von Kindern bis zu den alten Menschen. Ergibt sich daraus eher eine Spannung oder eine gegenseitige Befruchtung?
Die Befruchtung sehe ich vor allem darin, dass die Bewohnerinnen und Bewohner unseres Alterszentrums in der Fürbitte für unsere Kinder und Klienten einstehen. Es gibt auch einzelne gemeinsame Projekte wie z.B. den jährlichen Weihnachtsmarkt. Manche Freunde der Stiftung Gott hilft wählen unser christliches Alterszentrum als Wohnort im milden und nebelfreien Rheintal für ihre letzte Lebensphase. Neben der Befruchtung ergeben sich auch Ziel- und Verteilungskonflikte zwischen verschieden gelagerten Betrieben, wie es schon bei den ersten Jüngern der Fall war. Gerade hier kann sich unser Glaube bewähren und beweisen.


Welche Vorteile kann Ihre Stiftung gegenüber staatlichen sozialen und pädagogischen Institutionen geltend machen?

Wir können sehr schnell auf die Herausforderungen des Umfeldes reagieren. Wir haben kürzlich in relativ kurzer Zeit eine Jugendstation für straffällig gewordene Jugendliche aufgebaut, die Mühlen der staatlichen Institutionen mahlen da viel langsamer. Einen weiteren Vorteil sehe ich in den Kostenstrukturen. Wir „produzieren“ günstiger. Wir können auch Synergien von Betrieben, die unter dem Dach der Stiftung arbeiten, optimal nutzen: Mitarbeitende der Stiftung Gott hilft haben ein Teilpensum an der stiftungseigenen Erziehungs- und Lebensberatungsstelle. Dozierende der höheren Fachschule für Sozialpädagogik wirken an Retraiten mit und schreiben Grundlagenartikel für unsere Zeitschrift „lebendig“. Auf unseren Biolandwirtschaftsbetrieben findet Arbeitspädagogik statt mit unsere Kids … Weil die Mitarbeitenden der Stiftung die gleiche Grundhaltung und „Unternehmensidentität“ haben, ist eine solche Zusammenarbeit leichter möglich.

Welche zukünftigen Herausforderungen sehen Sie für die Stiftung Gott hilft?
Im Hinblick auf unsere Klienten: Dass wir in den Schul- und Kinderheimen und in der Jugendstation dem Integrationsgedanken der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen noch besser Rechnung tragen.
Im Hinblick auf unsere Gäste: Dass wir in unserer christlichen Hotellerie Ferien und Erholung mit geistlicher Erneuerung und Sinnorientierung optimal zu verbinden wissen.
Im Hinblick auf unsere Mitarbeitenden: Dass wir angesichts der Individualisierung in unserer Gesellschaft unsere geistliche Einheit und das solidarische Miteinander vertiefen können.
Im Hinblick auf den Leib Christi: Dass wir darin unseren Platz im Rahmen einer christuszentrierten und professionellen Diakonie einnehmen können, dass wir unseren bescheidenen Betrag leisten können, damit die Kirche Jesu Christi in unserer Gesellschaft Licht und Salz ist.

Pfr. Daniel Zindel

Daniel Zindel, verh., 4 Kinder, war Pfarrer in der evangelischen Kirche Davos Platz. Nach einer Weiterbildung (Transaktionsanalyse) wurde er als theologischer Leiter in die Stiftung Gott hilft berufen. Er ist seit 10 Jahren Gesamtleiter dieses Werkes. Neben dieser Führungsaufgabe ist er an der stiftungseigenen Beratungsstelle zusammen mit seiner Frau in der Eheseelsorge tätig. Er ist Autor des Buches „Geistesgegenwärtig führen – Spiritualität und Management“* und politisiert als Grossrat im Bündner Kantonsparlament.

„Gott hilft“ – Gelebte Vision

Chur während des ersten Weltkriegs: die Kindernot in der Kantonshauptstadt und in den umliegenden Dörfern ist gross. Das junge Ehepaar Emil und Babette Rupflin, das in der Heilsarmee arbeitet, sieht diese soziale Notlage im Kanton Graubünden. Zu dieser Zeit gibt es keine einzige Institution, um diesem Kinderelend zu begegnen. „Wie sollen wir weiter von Glaube, Hoffnung, Liebe predigen, wenn niemand sein Christenleben mit der Tat beweisen will,” beschreibt Rupflin diese soziale Notlage, die auch zur eigenen inneren Not wird.

Aus der Stille vor Gott heraus wird Rupflin zum sozial engagierten Bündner Heimpionier. Im Vertrauen auf Gottes Hilfe und auf seine Freunde eröffnet er ein erstes Kleinheim in der ehemaligen Glockengiesserei von Felsberg. Die Arbeit expandiert schnell. Weitere Heime kommen dazu in Graubünden und anderen Kantonen.

„Wir tragen die Vision in uns, dass wir auch heute benachteiligten Kindern und Jugendlichen ganzheitlich ein Zuhause und Begleitung auf Zeit anbieten können, damit ihr Leben gelingen wird“, schreibt der heutige Gott hilft-Leiter Pfr. Daniel Zindel. „Zudem setzen wir die Erfahrung unseres sozialpädagogischen Kernauftrages in weiteren Tätigkeitsfeldern um: in Ausbildung, Beratung, Seelsorge, Verkündigung, Entwicklungsprojekten, sinnvollen Erholungs- und Ferienangeboten und in der Altersarbeit. Mit diesen diakonischen Aufgaben nehmen wir unsere Verantwortung im kommenden Reich Gottes mitten in unserer Gesellschaft wahr.“

Die Vision wird in der Charta der Stiftung Gott hilft festgehalten, mit deren Unterzeichnung sich die Mitarbeitenden nicht nur ideell für diese Vision verpflichten, sondern sich auch finanziell engagieren durch einen Diakoniebeitrag, der ihrem Lohn abgezogen wird.

Zum heutigen Sozialwerk gehören nicht nur Kinder- und Schulheime, sondern auch sozialpädagogische Pflegefamilien, eine Fachschule für Sozialpädagogik, eine Erziehungs- und Lebensberatungsstelle, Landwirtschaftsbetriebe, ein Alters- und Pflegeheim sowie das Ferienzentrum Paladina in Pura TI und das Hotel Scesaplana in Seewis GR.

Website: www.gotthilft.ch/
Zum Buch von Daniel Zindel: Neuerscheinungen

Datum: 10.11.2004
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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