In
unzähligen dunklen Stunden fand Andrea Grimm Trost in ihren Liedern. Dass genau
diese Lieder heute auch für viele Notleidende dieselbe Wirkung haben, macht sie
zutiefst dankbar.
Andrea Grimm (Bild: zVg)
Dass Andrea Grimm (35) aus Interlaken
heute als lebensfroher Mensch wahrgenommen wird, ist alles andere als
selbstverständlich. «Meine Freude hat damit zu tun, dass ich meinen Weg mit
Gott gegangen bin.» Ein Weg, der oft sehr schwer war.
Schwierige Kindheit und Jugend
Viel zu früh wurde Andrea in ihrer Kindheit sich
selbst überlassen und durchlebte manch schwere und einsame Stunden. Ein
Stofftier schien oft ihr einziger Tröster zu sein. Die Dunkelheit zog sich
durch die Jugendjahre hindurch. «In einsamen Momenten wünschte ich mir oft,
dass einfach jemand da ist, der an meinem Schmerz Anteil nimmt.»
Heute weiss Andrea, dass sich viele Menschen in
Einsamkeit und Schmerz selbst anklagen. Sie schämen sich für ihre Gefühle und
Gedanken und bleiben allein mit ihrer Sehnsucht nach Trost, Annahme und danach,
verstanden zu werden. So wie viele andere, glaubte auch Andrea früher, die
einzige zu sein, die an inneren Qualen leidet.
Leidende brauchen Worte, um ihre Not auszudrücken
Mit sechzehn begann Andrea, Texte zu schreiben und
diesen Texten Melodien zu geben. Lieder waren für sie die einzige Möglichkeit,
erfahrenes Leid auszudrücken, ohne an den Worten zu zerbrechen.
Während der
Jahre bemerkte sie, wie seelischer Schmerz viele Menschen in eisernem Griff
gefangen hält. «Betroffen von leidenden Jugendlichen in meinem Umfeld,
versuchte ich auch für ihre Not Worte zu finden.» So entstanden zahlreiche
Lieder, die Andrea mit niemandem teilte. Sie selbst fand aber viel Trost in der
Musik und den Texten.
Lieder mit Notleidenden teilen
Auch als Erwachsene kannte Andrea leidvolle
Erfahrungen. Eine Krise trieb sie in jahrelange Isolation, wobei sie Freunde
und Selbstachtung verlor. 2012 suchte sie Hilfe in der Schule für Heilung in
Thun. Dort lernte Andrea viele Menschen kennen, die genauso litten wie sie.
«Das war die Zeit, als ich meine Lieder erstmals anderen Menschen vorsang.» Sie
war erstaunt, wie Zuhörer zu weinen begannen und dabei innere Heilung erfuhren.
Die Lieder, die sie in einsamen Stunden
geschrieben und gesungen hatte, hatten also nicht nur auf sie selbst eine
starke Wirkung, sondern auch auf andere Menschen. «Du musst eine CD aufnehmen!»,
ertönten die ersten Stimmen. Ein herausfordernder Gedanke!
Veröffentlichung
Obwohl Andrea nie eine Veröffentlichung geplant
hatte, konnte sie die Nachfrage nicht ignorieren. Schliesslich sagte sie zu
Gott: «Wenn ich meine Musik tatsächlich veröffentlichen soll, musst du mir
jemanden schicken, der mir dabei hilft.» Und weiter stellte sie die Bedingung,
sich nicht selbst vermarkten zu müssen – das widerstrebte ihr zutiefst.
Und tatsächlich: Sie geriet in Kontakt mit David
Plüss, der Andreas Anliegen sofort verstand. «Er coachte mich und verband mich
mit Menschen, die mir weiterhelfen konnten.» So wurde die erste CD
veröffentlicht. Das Anliegen, sich nicht selbst zu vermarkten, schien Gott
ebenfalls ernstgenommen zu haben. Die CD verkaufte sich und weitere Aufnahmen
folgten.
Es geht um mehr als Musik
«Ich bin eigentlich gar keine Musikerin», betont
Andrea. Sie hat einzig den Wunsch, Schmerzvolles für Leidende auf annehmbare
Weise auszudrücken. «Hierfür ist Musik einfach die beste Form.» Der Not der
Menschen Worte geben, in eine Melodie einpacken und dann auf Gott hinweisen.
«Das löst bei Menschen etwas aus und sie erleben eine Berührung von Gott.»
Andrea sieht sich weniger als Musikerin und
vielmehr als eine Stimme für Notleidende, die für ihr Elend keine Worte haben.
Sie selbst erfuhr in dunklen Stunden durch die Lieder Gottes Trost und ist
heute dankbar, dass dadurch auch andere Linderung und Heilung erfahren können.
«Es geht darum, dass sich Menschen in ihrem Elend Gott zuwenden können.»
Erstaunliche Rückmeldungen
Eine erstaunlich häufige Rückmeldung auf ihre CDs
kommt von Müttern, deren Kinder aufgrund Angstzuständen Schlafprobleme hatten.
Seit sie ihre Musik hören, können sie ruhig schlafen. In Erinnerung an ihre
eigene Kindheit, ist Andrea nach solchen Feedbacks zutiefst berührt.
«Oftmals höre ich auch Geschichten, dass meine
Musik Sterbenden geholfen hat, sich in den letzten Tagen mit Gott zu
versöhnen.» Da Andrea schon dabei ist, sich an berührende Rückmeldungen zu
erinnern, fällt ihr ein: «Ein Arzt verteilt manchmal meine CDs anstelle von
Antidepressiva.»
Vermehrt Öffentlichkeitspräsenz
Obwohl nicht gesucht, tritt Andrea zunehmend auch
vor Publikum auf. Mit der Worship-Band «Schabach» führt sie Menschen in Gottes
Gegenwart. «Wir sind keine professionellen Musiker, aber dürfen immer wieder
Gottes Wirken erfahren!», freut sie sich.
Es erstaunt nicht, dass manche davon
ausgehen, Andrea hätte Leid und Schmerz hinter sich gelassen. «Das stimmt
nicht», korrigiert sie. «Ich durchlebe noch immer schmerzvolle Prozesse.» Sie
hat aber gelernt, welche Kraft in der Transparenz liegt und besonders darin, Gott in
alles einzubeziehen. Es gelte, demütig vor Gott zu kommen und sich nach einer
Berührung des heiligen, allmächtigen und liebenden Gottes auszustrecken.