Schon 6'000 singen mit

Dieter Falk lädt zum «Singen zuhause»

Beim Chor-Musical «Bethlehem» hätten Ende Jahres 2'500 Sängerinnen und Sänger auf der Bühne stehen sollen. Aus nicht ganz unbekannten Gründen musste die Premiere um ein Jahr verschoben werden – doch Dieter Falk lässt sich nicht aufhalten: Er lädt zum «Singen zuhause». Mittlerweile machen 6'000 Personen mit, wie Dieter Falk im Interview mit Livenet erklärt.
Dieter Falk mit dem virtuellen Chor (Bild: Dieter Falk)

Livenet: Dieter Falk, was muss man über Ihr Sing-Projekt «Singen zuhause» wissen? 
Dieter Falk:
Als der Lockdown im März kam, stand ich vor dem Problem, dass die 2'500 Sänger und Sängerinnen des Chormusicals «Bethlehem» nicht proben konnten. Als Michael Kunze und ich dieses Weihnachtsmusical als Nachfolger unseres «Luther» Pop-Oratoriums geschrieben haben, gingen wir von einer Premiere Ende diesen Jahres aus. Schon im April war allerdings klar, dass sich das Ganze Corona-bedingt um ein Jahr nach hinten verschiebt und ich nun den grossen Premieren-Chor irgendwie «bei Laune» halten musste. Deshalb startete ich schon Mitte März die Initiative «Singen zuhause», eine live-gestreamte Chorprobe, jeden Dienstagabend um 19:30. Das Ganze allerdings nicht über «Zoom», weil wegen der Latenz ein gemeinsames Musizieren im Internet nur sehr schwer möglich ist.

Ich sitze zusammen mit meinem Sohn Paul in meinem Studio, lasse auf dem Rechner das Programm Logic mit einem schon aufgenommenen Chor laufen, stelle die Noten auf unserer Homepage ins Internet, und die Leute singen in ihren jeweiligen Wohnzimmern dazu. Davon schicken sie mir Videos, Fotos und Kommentare, bis zu 700 pro Probe, die wir wieder zum Teil in der Community veröffentlichen.

Ab und zu frage ich befreundete Künstler wie Johannes Oerding, Joris, Roger Chapman oder Heinz-Rudolf Kunze, motivierende musikalische Grussworte zu schicken. Mit letzterem entstand sogar über Ostern ein eigener Song. «Zusammen» wurde dann mit 1'000 mitsingenden Menschen als Video montiert.

Dann können nun wegen Corona sogar mehr Menschen teilnehmen, weil es über das Internet läuft?
Das stimmt. Was ursprünglich nur für die «Bethlehem» Chor-Community gedacht war, wurde inzwischen zu einer regelrechten Sing-Community mit bis zu 6'000 Probeteilnehmern, jeden Dienstagabend. Auch viele Österreicher und Schweizer nehmen daran teil, einfach nur, um mal wieder singen zu können.

Wie ist die bisherige Resonanz auf «Singen zuhause»?
Mehrere Tausend Mit-Sänger/innen erreicht man nicht einfach so. Ich habe Unterstützung von drei grossen Facebook-Plattformen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Evangelisch.de, Weltbild-Verlag und die Sektfirma Rotkäppchen, für die ich jedes Jahr die «Rotkäppchen Nacht der Chöre» mitorganisiere. Dank deren Hilfe kommt diese grosse Reichweite zustande. Am meisten freue ich mich allerdings über die vielen mutmachenden Kommentare, die nach jeder Probe kommen.

Können Sie ein, zwei Songs aus dem Musical etwas näher vorstellen? 
Auch wenn wir ab und zu andere Songs singen, ist das «Bethlehem»-Repertoire Proben-Schwerpunkt. Michael Kunze, mein Sohn Paul und ich haben 20 Songs über die Weihnachtsgeschichte geschrieben, die musikalisch recht gospelig gehalten sind. Ab und zu zitiere ich auch bekannte Weihnachtslieder und Michael Kunze hat neue Texte zum Beispiel auf «Maria durch den Dornwald ging» oder «Herbei Oh Ihr Gläub'gen» geschrieben.

Unser Musical fängt in der «Jetzt-Zeit» an und beschreibt das derzeitige Bethlehem. Jeder, der schon einmal dort war oder die Nachrichten aufmerksam hört, weiss um die politisch, kulturell und religiös prekäre Lage im Nahen Osten. Unser Titelsong beschreibt die Situation einer Stadt, in der drei Weltreligionen Zuhause sind. Einer Stadt, in der jeden Moment ein weiterer Funke das Pulverfass zum explodieren bringen kann. Aus der Jetzt-Zeit tauchen wir dann ein in den «Brunnen der Vergangenheit».

Gleich der zweite Song heisst «Menschen in Not» und beschreibt eigentlich die Suche nach der Herberge. In diesem, wie auch in einigen anderen Songs – zum Beispiel «Mut und Stärke» – merkt unsere «Singen zuhause»-Community, wie hochaktuell die Songs plötzlich werden.

Gibt es einen Song, der Ihnen ganz besonders wichtig ist?
«Wenn Gott ein Mensch ist, wie wird er sein? Bewundert oder verehrt, oder allein …» So fängt ein Song an, den Josef singt. Er spricht einen Gedanken aus, der mich in meinem Leben öfters beschäftigt hat.

Was ist das Ziel von «Singen zuhause», wird es Online-Auftritte geben und sind Live-Auftritte geplant?
«Singen zuhause» werde ich in etwas grösseren Abständen weiterführen. Ausserdem werde ich eine weitere Sing-Initiative, die ich in 16 deutschen Städten seit zwei Jahren gestartete habe, integrieren: RockChor 60 plus. Seit letztem Jahr zähle ich selbst zu der Zielgruppe und wir singen die Songs, mit denen wir gross geworden sind.

Natürlich wird «Bethlehem» nach der Premiere am 11. Dezember 2021 auf Tournee gehen und schon am darauffolgenden Wochenende suchen wir noch Chorsänger/innen, die am 18.12. in Wetzlar und am 19.12. in Ludwigsburg Live mitsingen wollen. Auch dafür ist «Singen zuhause» eine wunderbare zusätzliche Probenmöglichkeit.

Was soll «Singen zuhause» auslösen?
Wegen der Aerosol-Debatte wird Chorsingen wohl als letztes wieder in vollem Umfang erlaubt werden. Deshalb versuche ich vorübergehend mit «Singen zuhause» diese Lücke zu füllen. Inzwischen auch weit über den Rahmen der 2'500 «Bethlehem» Chorsänger/innen hinaus, indem ich bekannte Pophits dazunehme.

Gemeinsames Singen ist so wichtig, auch für das gesellschaftliche Miteinander. Auch wenn ich unsere Teilnehmer/innen nur indirekt durch die Fotos und Videos sehe, haben wir einen ständigen Austausch miteinander.

Zur Webseite:
«Singen Zuhause»

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Datum: 06.10.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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