TobyMac im Interview

«Ich gebe alles, Gott fügt den Rest hinzu»

TobyMac ist einer der erfolgreichsten christlichen Musiker der Gegenwart. Dass der Amerikaner seinen unverkennbaren Mix aus Hip-Hop, Pop und Funk zur Perfektion getrieben hat, beweisen über 10 Millionen Plattenverkäufe. Am Springtimefestival in Frauenfeld sprachen wir mit ihm über Leidenschaft, Leistungsdruck und seinen Lieblingsbibelvers.
TobyMac
TobyMac beim Springtime Festival 2016

Livenet: TobyMac, Sie sind nicht zum ersten Mal in der Schweiz. Inwiefern sind Konzerte hierzulande etwas Besonderes?
TobyMac: Das Publikum versprüht eine gewisse Energie, eine Leidenschaft, das ist unbestreitbar. Aber Konzerte in der Schweiz sind hart, die Ansprüche hoch. Die Leute sind verwöhnt von einem Line-up wie hier am Springtimefestival, mit Künstlern wie «For King & Country» oder Crowder (Livenet berichtete). Aber eins ist gewiss: Für ein Konzert ist es gut, wenn die Umstände hart sind.

Hart ist auch das Musikgeschäft. Hat Ihre Musik auch Einfluss auf die säkulare Welt?
Wir spielen immer wieder auf Mainstream-Bühnen, treten an Shows in New York oder Los Angeles auf, werden zu TV-Sendungen eingeladen. Bis zu einem gewissen Grad bin ich also tatsächlich in der säkularen Welt aktiv. Aber Gott hat mir ein Arbeitsfeld zugeteilt, und das ist nun einmal der Leib Jesu. Ich sehe es als meine Berufung, Christen zu ermutigen, sie aus ihrer erschöpften und übersättigten Welt herauszulocken und eine Leidenschaft zu entfachen. Ich will sie daran erinnern, dass sie für etwas Tieferes leben als bloss für das Jetzt, nämlich für etwas mit Ewigkeitswert.

Trotz aller Bescheidenheit sind Sie mit Ihrer Musik sehr erfolgreich. Sie vereinen 7 Grammy Awards auf sich und Ihr neustes Album belegte Platz 4 der US-Charts. Setzt Sie das nicht unter Leistungsdruck?
Ich arbeite hart, um meine Musik nicht danach auszurichten. Im Studio versuche ich, den besten Song zu schreiben, der mir nur möglich ist, einfach alles zu geben und dabei auf Gott zu hören. Das ist mir wichtig. Ich denke nicht: Toll, jetzt hab' ich wieder sechs Singels, dann geh' ich und hol' mir 'nen Grammy. Das ist nicht meine Art. Manche Künstler machen sich zu viele Gedanken über das Branding und die Charts-Platzierung, aber das ist falsch. Ein guter Musiker lässt seine Kunst vorangehen, alles andere folgt dann von alleine.

Können Sie ein Erlebnis mit uns teilen, wie Gott durch Ihre Musik Leben verändert?
Das hoffe ich doch. Ich bete oft, dass Gott meine Musik braucht, um Menschen zu berühren. Ich bin mir zwar bewusst, dass Musik nicht das Potential hat, die Welt zu verändern. Aber ich glaube, dass Gott die Welt verändern kann und dass er Musik als Werkzeug dazu benutzt.

Ich könnte Ihnen unzählige Geschichten erzählen, aber möchte an dieser Stelle eine herauspicken, die für mich besonders hervorsticht: Eine Frau war fest entschlossen, ihren Ehemann zu verlassen. Sie hatte ihre Koffer gepackt und wollte das Weite suchen, als sie im Auto meinen Song «Lose My Soul» hörte. Daraufhin entschied sie sich, umzudrehen und ihrem Mann eine zweite Chance zu geben. Jahre später schrieb sie mir einen Brief und bedankte sich für mein «Beitragen» zu ihrer gesunden Ehe.

Was tun Sie persönlich, um mit Gott verbunden zu bleiben?
In erster Linie lese ich in der Bibel. Heute Morgen habe ich zum Beispiel etwas Grossartiges gelesen, das mir über Ängste und Zweifel hinweghalf und mich inspirierte, neues Vertrauen in Gottes Plan zu schöpfen. Es braucht manchmal Disziplin, das zu tun, was mir gut tut. Aber das Bibellesen hilft mir sehr.

Die Bibel scheint Ihnen viel zu bedeuten. Welche Bibelstelle inspiriert Sie am meisten?
Das ist eine gute Frage. (Überlegt eine Weile.) Eine meiner Lieblingsstellen ist Psalm 40, wo David über grosse Fehler spricht und dass er sich von Gott entfernt fühlt. Ganz am Ende heisst es, er sei arm und bedürftig, doch Gott denke an ihn. Das fasziniert mich: David wusste, dass Gott gerade an ihn dachte. Das machte ihn stark. Stell dir vor: Der König über allen Königen denkt an dich – gerade jetzt! Das weckt doch Zuversicht.

Auch von Johannes gibt es ähnliche Stellen im Neuen Testament. Wenn wir alle so eingestellt wären wie David oder Johannes, würden wir vermutlich aufhören, uns um banale Dinge zu sorgen und beginnen, unseren wahren Wert in Gott zu entdecken.

Ihre Musik kommt vor allem bei jungen Menschen gut an. Was raten Sie ihnen, wie sie im Glauben wachsen können?
In der Welt ist es leicht, ein Mitläufer zu sein und dabei aus dem Blick zu verlieren, was wirklich zählt. Man beginnt, für den Moment zu leben. Teenager laufen oft Gefahr, von einem unerfüllten Erlebnis zum nächsten überzugehen, obschon es sich in diesem Moment vielleicht befriedigend anfühlt. Wenn du aber beginnst, Menschen zu dienen, sie zu lieben und das Wort Gottes aufzuschlagen, wirst du für einen tieferen Sinn, für die Ewigkeit leben. Ich denke, dann wirst du realisieren, was Leben wirklich bedeutet.

Was möchten Sie abschliessend unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Hört meine Musik! Ich denke, dabei lassen sich Dinge entdecken, die weitaus grösser sind als ich. Ich bin nicht geschickt, gewieft oder poetisch genug, um diese Songs zu schreiben. Aber ich bin überzeugt, dass Gott durch meine Lieder spricht. Ich sage das jetzt nicht, um mich in den Mittelpunkt zu stellen. Klar, ich gebe alles, aber Gott ist es, der den Rest hinzufügt. Das verschmilzt hoffentlich zu einem Ganzen, das das Potential hat, die Herzen der Menschen zu bewegen.

Zur Person:

TobyMac (Toby McKeehan) lebt mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in Franklin, Tennessee. Der US-Amerikaner ist seit fast 30 Jahren im Musikgeschäft aktiv, von 1987 bis 2001 als Mitglied des christlichen Rap- und Rocktrios «DC Talk». Seither hat TobyMac als Solokünstler sechs Studioalben veröffentlicht. Seine Musik prägt ein frischer Mix aus Rap, Pop und Funk. Gekonnt vereint der 51-Jährige eingängige Melodien mit tiefgründigen Texten, die vor unbequemen Themen wie Zweifel genauso wenig Halt machen wie vor ermutigendem Worship. Vergangenen Freitag (27. Mai 2016) war TobyMac bereits zum zweiten Mal der Headliner des Springtimefestivals in Frauenfeld.

 

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Datum: 06.06.2016
Autor: Aaron Aebi
Quelle: Livenet

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