Mel Gibsons Jesus-Film: Werbeoffensive bei US-Kirchgängern

Das Leiden Jesus wurde bisher noch nie so drastisch dargestellt.

Mel Gibson wendet sich mit einer Werbeoffensive für seinen umstrittenen Jesus-Film direkt an Kirchgänger. Während einer Reise durch die USA warb Gibson in vielen Gemeinden für einen Besuch des Streifens.

Geistliche christlicher Kirchen und Gruppierungen hätten bereits mehrere Kinos ausgebucht und planten Gebete nach den Vorführungen. - Offizieller Kinostart in den USA ist Aschermittwoch, der 25. Februar.

Mit 19 Prozent aller vorbestellten Tickets beim Online-Verkäufer "Fandango" ist "The Passion of the Christ" derzeit landesweiter Top-Seller. In der kommenden Woche wollen laut Zeitungsberichten rund 6.000 TV-Prediger den Streifen bei ihrer Nationalversammlung in Charlotte vorab sehen.

Gibson will mit seinem selbst finanzierten 36-Millionen-Franken teuren Epos in lateinischer und aramäischer Sprache nach eigenem Bekunden die Leidensgeschichte der letzten zwölf Stunden Jesu so realistisch wie möglich zeigen.

Besorgnis

Vertreter des Judentums äusserten sich nach Vorabvorführungen verärgert und besorgt über die Darstellung der Juden. Nach Einschätzung der US-amerikanischen Anti-Defamation League kann der Film latenten Antisemitismus fördern. Gibson beschreibe "die Juden und eine Gruppe sadistischer römischer Soldaten" als böse. Wenn er behaupte, ein historisch exaktes Abbild der Ereignisse wiederzugeben, so widerspreche dies sowohl der biblischen Lehre.

Der Beauftragte für interreligiöse Angelegenheiten des Amerikanischen Jüdischen Komitees (AJC), Rabbiner David Elcott, sagte am Wochenende, er befürchte zwar keine Pogrome als Folge des Films. Allerdings würden der religiöse Dialog und das in langen Jahren aufgebaute gegenseitige Vertrauen durch die "absolutistische" Sichtweise der Passion Christi unterminiert. Das AJC plant laut Presseberichten eine 40-seitige Broschüre, in denen es seine theologischen Bedenken für Kinobesucher erläutert.

Zustimmung bei den Evangelikalen

Während TV-Prediger Billy Graham und andere US-Evangelikale das Werk preisen, kündigten jüdische und christliche Gruppierungen Kampagnen gegen den Film an. Im Vatikan befand Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos das Werk für in Ordnung. Kurienkardinal Walter Kasper hingegen warnte vor einer antisemitischen Instrumentalisierung des Leidens Jesu. Handlungen von Juden zur Zeit Jesu könnten den heutigen Juden nicht zur Last gelegt werden.

Papst Johannes Paul II. hat den Film zwar gesehen, pflegt jedoch nach Aussage des vatikanischen Presseamtes keine Urteile über künstlerische Werke bekannt zu geben.

Seit die Constantin Film angekündigt hat, die "Die Passion Christi" am Karfreitag in unsere Kinos zu bringen, ist die Diskussion zum Film auch in Europa wieder aufgeflammt. Constantin-Marketingchef Thomas Peter Friedl erklärt, Gibson habe dem Verleih im November 2003 eine Rohfassung gezeigt, "und die war sicher nicht antisemitisch". Andernfalls hätte man den Film nicht eingekauft.

"Im Moment reden zu viele Leute über einen Film, den sie noch nicht gesehen haben", sagt Constantin-Sprecher Friedl. "Ich bin sicher, dass das immense Interesse im Vorfeld mit der Stärke und Faszination der Geschichte zusammenhängt und nicht auf der Debatte um Antisemitismus fusst."

Um "Die Passion Christi" möglichst authentisch zu gestalten, wurde der Film auf Aramäisch und Lateinisch gedreht. Ursprünglich lehnte Mel Gibson Untertitel ab, musste in diesem Punkt aber nachgeben.

Damit offen diskutiert werden kann, hat Constantin Film im Internet ein Forum eingerichtet, in dem Meinungen ausgetauscht werden können

Datum: 05.02.2004
Quelle: Kipa

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