Das Leben zurückgewonnen

Viel Licht nach dem finsteren Tal

Heinz Ellenberger hat seine berufliche Tätigkeit mit 64 Jahren offiziell abgeschlossen. Jetzt macht er sich selbständig als Wanderleiter, Berater, Trauerredner – und er plant eine Ausstellung seiner Ölgemälde. Doch dazwischen liegt ein dunkles Tal.
Das Gemälde «Schreckhorn» steht symbolisch für Heinz Ellenbergers Leben. Eine Krankheit hat es überschattet, jetzt ist er wieder gesund.

Vor neun Jahren hatte sich der Himmel über seinem Leben verdunkelt. Getrieben von einem unkontrollierten Bewegungsdrang seiner Beine, fand Heinz Ellenberger keine Ruhe mehr – auch nicht nachts, wenn er schlafen wollte. Der zuvor gesunde, lebensfrohe Mann geriet in eine tiefe Depression. Regelmässig stand er von Suizidgedanken getrieben am Bahngleis, in der Nähe der Psychiatrischen Klinik, wo er mehrere Monate hospitalisiert war. Er brachte es nicht übers Herz, seiner Frau und seinen beiden erwachsenen Kindern einen solchen Abschied zuzumuten, hatte er doch selber als Zehnjähriger seinen Vater durch Freitod verloren. In dieser Zeit fand Ellenberger auch an keinem Bibelwort mehr Trost und Halt. Zu wissen, dass viele Menschen aus seinem Freundeskreis für ihn beteten, war sein einziger Strohhalm.

Endlich die richtige Diagnose!

Durch den Impuls eines Betreuers erinnerte er sich an einen längst vergessenen Traum: Mit 18 Jahren, als er in Paris im Louvre vor den Bildern der grossen Impressionisten stand, klang etwas in seinem Innern an. Jetzt, in seiner hoffnungslosen Krise, begann er zu malen. Als Vorlage dienten Fotografien, die er während unzähliger Wanderungen und Reisen geknipst hatte.

Doch auch ein halbes Jahr später war keine Besserung in Sicht. Ellenberger wurde trotzdem aus der Klinik entlassen. Bald sass er einem Psychiater gegenüber, der als erster Arzt den Bericht eines Neurologen bis zum Ende las. Dort stand die Diagnose «Restless Legs» und ein Vorschlag für ein Medikament. Zwei Stunden nach der ersten Einnahme wurden die Beine ruhig! Ellenberger hatte Glück – sein Chef war darin geschult, Mitarbeiter nach einer krankheitsbedingten Absenz zurück in die Arbeitswelt zu begleiten. «Der Psychiater hat mich von hinten gestossen, der Chef hat seine Hand ausgestreckt und mich gezogen», so beschreibt der ruhige Mann seinen steinigen Wiedereinstieg.

Der Sternenhimmel über dem Haupt

Als Vermessungsingenieur arbeitete Heinz Ellenberger viele Jahre als Projektleiter für Verkehrssicherheit und -planung im Tiefbauamt des Kantons Bern. Mit Blick auf die Pensionierung sagt er: «Solange man arbeitet, ist das Leben strukturiert: Tage sind eingeteilt in Arbeit und Freizeit. Werktage werden unterbrochen von Wochenenden. Arbeitszeiten wechseln sich ab mit Ferien. Und plötzlich ist man einfach nur noch pensioniert.»

Einfach nur pensioniert sein, das konnte sich der aktive Mann nicht vorstellen. Zudem befürchtete er Konfliktpotenzial für seine Ehe. Ellenberger ist ein tiefgründiger Philosoph. Um sich auf diesen neuen Lebensabschnitt vorzubereiten, definierte er seine Werte. Das Fotobuch, das dabei entstand, trägt den Titel: «Der Sternenhimmel über meinem Haupt». Er braucht Beziehungen, Herausforderungen; deshalb organisiert er Wanderungen, stellt sein Wissen weiterhin allen zur Verfügung, die davon profitieren wollen, unter anderem dem Bund und dem Kanton Bern sowie den Berner Wanderwegen.

Ausstellung in der Galerie «wARTzimmer»

Gerade richtet er sein Atelier im leerstehenden Verwaltungsgebäude der PTT in Ostermundigen ein. Anfangs November sind seine Bilder in der Galerie wARTzimmer in Bern Liebefeld zu sehen. Ellenberger will Augen, Geist und Herz der Besucher ansprechen, darum verfasst er zu jedem Bild einen kurzen Text. Lebensweisheiten, die zum Nachdenken und Diskutieren anregen sollen. Und – er hält Trauerreden. Seine Zeit im finsteren Tal hilft ihm dabei, die rechten Worte zu finden.

Zur Webseite:
Ellenberger Consulting

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Datum: 04.11.2018
Autor: Helena Gysin
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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