In der Leistungsfalle

Heute kann sie ihrem Zusammenbruch etwas Gutes abgewinnen

Eine engagierte Österreicherin war gefangen in Leistungsdenken und Streben nach Effizienz. Dann verhalf ihr eine heftige Erschöpfungsdepression zu einem Neuanfang.
Nathalie (Bild: zVg)

«Jahrelang war Leistung mein Lebensinhalt», erzählt Nathalie (Nachname der Redaktion bekannt). «Ich liebte es, im Rekordtempo Arbeiten zu verfassen oder andere Aufträge auszuführen.» Neben ihrer Arbeit als Sozialpädagogin studierte sie Soziale Arbeit, nahm Aufträge als Lektorin an und hatte Auftritte als Sängerin. Die Österreicherin wollte viel arbeiten, Menschen helfen und dabei immer effizient sein. «Effizienz war mein Antrieb.»

Falsche Prioritäten führen zum Crash

Nathalie glaubte, auf gesundem Wege unterwegs zu sein. Dass sie ihre Leistungsfähigkeit über Jesus stellte, war ihr nicht bewusst. Die innere Unruhe und Rastlosigkeit hatte sie über viele Jahre ignoriert und dabei täglich ihre Grenzen überschritten. Die ersten Anzeichen ihrer anbahnenden Erschöpfung waren Gereiztheit und Konzentrationsprobleme. «Je mehr ich meine Grenzen fühlte, desto mehr warf ich mich in die Arbeit.» Gefangen in der Falle der Leistungsorientierung wollte sie ihre Grenzen einfach nicht wahrhaben. «Ich halste mir immer mehr auf, bis ich eines Tages nicht mehr konnte.»

Im November 2018, Nathalie war damals 30 Jahre alt, kam der Crash. Es warf sie ins Bett, wo sie den ganzen Tag liegen blieb. «Da ging absolut nichts mehr.» Sie konnte damals nicht ahnen, dass dieser Zustand ein halbes Jahr andauern sollte. «Sogar das Sitzen war mir zu anstrengend und so lag ich monatelang fast durchwegs im Bett – praktisch gelähmt.»

Es war Gottes Art zu reden

«Was sich anfühlte, als hätte ich alles verloren, war letztlich ein grosser Gewinn», blickt Nathalie dankbar zurück. «Es war Gottes Art, mir zu zeigen, dass ich nicht mehr der Leistung als meinem Götzen dienen sollte, sondern ihm allein.» Bis zu dieser Erkenntnis dauerte es aber etwas, schliesslich hatte sie zu Beginn ihrer Erschöpfung nicht einmal die Kraft, einen klaren Gedanken zu fassen. Zu viel Stress bereiteten die Konsequenzen, welche aus dem Nicht-mehr-Funktionieren resultierten.

Nach einigen Monaten nahm Nathalie seelsorgerliche Begleitung in Anspruch. «In einer Seelsorgewoche wurde mein Problem der Leistungsorientierung behandelt.» Das war ein wichtiger Meilenstein in ihrem Leben. «Durch die Seelsorge kehrte Friede bei mir ein.» Die junge Frau merkte, dass sie ihren eigenen Plänen nacheilte – so gut diese auch scheinen mochten, entsprachen diese aber nicht Gottes Plan. Nathalie durfte dann lernen, dass sie in Gottes Augen nicht aufgrund ihrer Leistung wertvoll war, sondern allein durch die Gnade Gottes.

Ein halbes Jahr liegt im Nebel

Über alles gesehen hat Nathalie nur wenige Erinnerungen an das halbe Jahr ihrer Erschöpfung. «Eine Freundin, die mich schon früher mehrmals auf mein hohes Arbeitspensum angesprochen hatte, hielt weiterhin zu mir», berichtet sie dankbar. «Auch eine andere Christin versorgte mich regelmässig mit guten Inhalten.»

Der Mentor ihres Studiums stand ihr, so gut er es konnte, zur Seite. Das war extrem wichtig. «Wenn du ein halbes Jahr nicht funktionierst, bricht das soziale Netz zusammen.» Unterstützende Sozialkontakte sind aber wichtig – auch wenn es nur noch wenige sind. Eine Sache sagt Nathalie aber mit Gewissheit: «Wäre ich damals nicht so zusammengebrochen, hätte ich die Lektion wahrscheinlich nicht gelernt. Das war also wohl bitter notwendig.»

Eine neue Lebensgrundlage gefunden

Nachdem die destruktive Macht ihres leistungsorientierten Denkens entlarvt war, begann sich manches zu ändern. Nathalie wusste: «Wenn ich wieder über meine Grenzen gehe, werde ich erneut zusammenbrechen.» Ihr war klar: Keine Selbstüberforderung mehr. Die Gefahr war auch beachtlich kleiner geworden, schliesslich hatte sie inzwischen gelernt, dass ihr Wert nicht von ihrer Leistungsfähigkeit abhängt ist. Jesus nimmt sie an – unabhängig von ihrem Arbeitspensum. Dadurch ist sie ihren Leistungsdruck losgeworden.

Nathalies Beziehung mit Jesus wurde ehrlicher und dadurch auch tiefer. Hinzu kommt, dass die junge Frau sich heute mehr Zeit für Jesus nimmt. Das ist eine grosse Bereicherung.

Das Leben danach

Die Erschöpfung zog tatsächlich viel Positives nach sich. Seit dieser Zeit wählt Nathalie die Projekte, die sie annimmt, gezielt aus. Sie versucht ihre Planung immer mit Gott zu besprechen. «Ich staune, wie oft ich von Jesus eine klare Antwort erhalte, wenn ich ihn um seine Weisung bitte.» So lernt sie – Stück für Stück – nach Gottes Plan zu leben.

Engagiert ist Nathalie noch immer und hat inzwischen auch ein Fernstudium bei IGW in Angriff genommen. Dabei ist sie aber nicht mehr mehr von Effizienz und Perfektionismus bestimmt. «Heute fühle ich mich so bei Jesus geborgen, dass ich keine Angst mehr vor Fehlern oder ungenutzten Stunden habe.» Und Nathalie kann es auch mal mit weniger bewenden lassen.

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Datum: 04.01.2021
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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