Ehrfurcht vor dem Leben

Albert Schweitzer und der Blick fürs Ganze

Vor hundert Jahren verliess der berühmte Wissenschaftler und Künstler Europa, um in Schwarzafrika Kranke zu pflegen. Und er blieb dran – während 52 Jahren. An einer Feier im Basler Münster am Palmsonntag würdigte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf Hilfe und Haltung Albert Schweitzers als Inspiration für heute.
Eveline Widmer-Schlumpf an der Feier im Basler Münster.

Die Bundesrätin nannte das Engagement Albert Schweitzers, der sich mit 38 Jahren von den Bühnen der Theologie und Musik in den Urwald verabschiedete, ein «grosses Werk des Herzens». Er sei Schwächeren und Kranken selbstlos beigestanden, frei vom berechnenden Denken, das heute im Gesundheitswesen vorherrsche und in ärztlichen Taxpunkten zum Ausdruck komme. Laut Eveline Widmer-Schlumpf wird heute mit dem Konzept der Nachhaltigkeit Nutzen gegen Schaden aufgerechnet. Es solle «einen Kompass geben – aber oft fehlt uns der Blick fürs Ganze». Diesen habe Schweitzer mit seiner Ehrfurcht vor dem Leben gehabt und gefördert. Die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit habe mit ihrem Qualitätsstreben (Hilfe vor Ort) im Grunde ähnliche Schwerpunkte, sagte die Magistratin; sie atme «ein wenig vom Geist von Lambarene».

Allen Lebewesen wohl tun…

Der Arzt Walter Munz, Schweitzers Nachfolger im Urwaldspital, schilderte seine Ehrfurcht vor den Lebewesen. Tiere wurden in Lambarene gepflegt; auch einen vom Blitz versehrten Mangobaum wollte er heilen. Basels Regierungspräsident Guy Morin würdigte Schweitzers enormen Einsatz, hinter dem ein Netzwerk im Elsass und in Basel stand. Mit Auszügen aus Briefen des Urwaldarztes an einen Freund gab er Einblick in sein Denken. «Wir sollten uns immer wieder fragen: Wo ist mein Lambarene?» sagte der Politiker. Und schloss mit dem letzten Schreiben Schweitzers: Wochen vor seinem Tod 1965 bekräftigte der Neunzigjährige, er wolle das Spital bis zu seinem Ableben leiten.

…auch wenn es den Ruf kostet

Die Feier schloss an den Palmsonntagsgottesdienst der Münstergemeinde an. In ihm predigte der Basler Kirchenratspräsident Lukas Kundert über die Seligpreisungen. «Wer sich für andere einsetzt, wird schnell durch den Kot gezogen.» Auch Albert und Helene Schweitzer seien diffamiert worden. Doch Jesus preise die Geschmähten selig.

Die Kollekte der Veranstaltung war für Lambarene bestimmt. Die Geburtsklinik auf dem Gelände im Westen Gabuns ist neu zu errichten, was 1,5 Mio. Franken kostet. Den Vorsitz des Schweizer Hilfsvereins für das Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene übernimmt Ende Jahr Fritz von Gunten, Lützelflüh. Der Verein will mit Broschüren für Schüler das ethische Vermächtnis des Urwalddoktors wieder bekannt machen, von dem sein Motto zeugt: «Ich bin Leben das leben will, inmitten von Leben das leben will».

Datum: 27.03.2013
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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