Mitmachen statt Austritt

Freiwilligenarbeit fördert Beheimatung

«Darf ich mich in der Kirche so engagieren, dass ich mich auch engagieren will, dann binde ich mich im positiven Sinne an die Kirche», sagt Rudolf Vögele zu den Folgen selbstbewusster römisch-katholischer Freiwilligenarbeit. So finde der Gläubige nämlich Heimat, Anerkennung und Wertschätzung.
Auch die katholische Jugendkirche Züri-West „jenseits im Viadukt“ baut auf Freiwillige.

Vögele ist im Generalvikariat Zürich des Bistums Chur für die Förderung der Freiwilligenarbeit zuständig. Seine Bemerkungen fallen in eine Zeit, in der die Austrittszahlen 2010 publik werden. Laut der «NZZ am Sonntag» sind im letzten Jahr nochmals deutlich mehr Zürcher Katholiken aus ihrer Kirche ausgetreten als im Vorjahr, nachdem sich bereits 2009 die Zahl um über 50 Prozent erhöht hatte (2008: 2542, 2009: 3864, 2010 bis Anfang Dezember: 4800). Daniel Kosch von der Römisch-katholischen Zentralkonferenz vermutet, dass 2010 schweizweit über 25000 Personen der katholischen Kirche den Rücken kehrten.

Müsste die Kirche alle Dienste bezahlen, die von Freiwilligen geleistet werden, wäre sie ruiniert, unterstrich Vögele im Interview mit der Presseagentur Kipa: «Im Vergleich zu dem, was die Freiwilligen einbringen, sind die Kosten minimal, welche die Freiwilligen verursachen.» 2011 ist zum Europäischen Jahr der Freiwilligen ausgerufen worden.

Ideal und Realität

Für die Freiwilligen selber sei das kirchliche Engagement ein Beitrag zur eigenen Entwicklung: «Wer Räume kriegt, wo er seine Talente entfalten und sich entwickeln kann, und wer dazu noch Unterstützung erhält im Sinne von Weiterbildung oder Supervision, der bekommt gewiss etwas für seine persönliche Weiterbildung.» Wer darüber hinaus dann noch erleben dürfe, dass sich durch sein Engagement etwas verändere «in Richtung einer Kirche, wie er sie sich erträumt und wünscht», der kenne im idealen Fall Zufriedenheit und Erfüllung.

Vögele kennt allerdings auch die andere Seite: «Real verzweifeln manche an ihrer Arbeit, weil sie trotz ihres Engagements keine Anerkennung und keine Wertschätzung empfangen und zum Schluss kommen, dass sich ja eigentlich gar nichts entwickelt. Wenn sie zum Beispiel einen Pfarrer haben, der ihnen klarmacht, dass ohne ihn gar nichts läuft.»

Dauerhafte Engagements sind seltener

Wie in anderen Lebensbereichen, so ist es heute auch in der römisch-katholischen Kirche schwieriger, Menschen für eine dauerhafte freiwillige Verpflichtung gewinnen. Vögele: «Es gibt zwar immer noch Gläubige, die sich auf ein vierjähriges Engagement im Pfarreirat einlassen. Andere aber sagen aufgrund ihrer beruflichen oder familiären Situation: Ich kann nicht mehr als sechs Monate oder ein Jahr für ein Engagement anbieten, und dann muss ich mich neu entscheiden können.»

Auch habe sich das ganze Lebensgefühl verändert: Subjektiv empfinde der Mensch heute nicht nur eine stärkere Beschleunigung, sondern auch eine permanente Veränderung. In einem sich dauernd verändernden Umfeld wolle man sich deshalb nicht noch in Aufgaben einbinden lassen, die «längerfristig anketten». Deutlich einfacher ist es dagegen laut Vögele, Menschen für Projektarbeit zu gewinnen. Bei Caritas beispielsweise mache man die Erfahrung, dass es keine Schwierigkeiten bereite, Freiwillige für ein Projekt zu finden, wenn sie selber entscheiden würden, wie viel Zeit sie dafür aufbringen könnten.

Zum Thema:
Freiwillig arbeiten – in der katholischen Behindertenseelsorge

Schweizer Website des Europäischen Jahrs der Freiwilligen 2011

Jugendkirche „jenseits im Viadukt“

Datum: 15.02.2011
Quelle: Livenet / Kipa

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