Das WEF gastiert jeweils auch in der FEG Davos
Marc Schmed, einmal pro Jahr steht die FEG Davos im internationalen
Rampenlicht – wie ist die Gemeinde zum Engagement am WEF gekommen?
Marc Schmed: Vor ein paar Jahren wurden wir als FEG Davos wegen unserer zentralen Lage –
100 Meter vom Kongresszentrum, dem Hauptveranstaltungsort des WEF – angefragt,
ob wir die Kirche zum Zweck eines Versammlungslokals vermieten würden. Der
Vorstand hat dem zugestimmt, da während des Rummels vom WEF die normalen
Gemeindebesucher sowieso eher ausbleiben.
Als ich vor gut drei Jahren als Pfarrer nach Davos gekommen bin, habe ich immer wieder diese Frage bewegt, wie diese Möglichkeit für die christliche Stimme noch besser genutzt werden könnte. Während diesen Tagen schaut ja alle Welt nach Davos! Wir haben begonnen, die christlichen Anlässe während des WEF zu koordinieren. Während des WEF 2020 haben wir einen Anlass in unserer Kirche, als modernes Fernsehstudio umfunktioniert, zugunsten der verfolgten Christen durchführen können. Dadurch sollte auf die destabilisierende Situation der Christen in Westafrika hingewiesen werden.
Was geschieht nun jeweils am WEF?
Das WEF ist in einer Umbruchphase. Die Grösse der Side-Events brachte in
den letzten Jahren Davos trotz hohen Aufwänden im organisatorischen Bereich an den
Rand des Kollapses. Nun kommt das WEF nach einem Jahr Pause im 2022 wieder zurück nach Davos.
Die Idee ist, dass das Kerngeschäft des WEF wieder stärker fokussiert werden
kann: Politiker und Wirtschaftsleute sollen in einem geschützten Rahmen
miteinander ins Gespräch kommen, ohne irgendwelche Ratifizierungen oder
Entscheidungen treffen zu müssen. Das ist das weltweit Einmalige am WEF!
Wie ist die English Church in die Hände der FEG gekommen?
Davos war um 1900 ein Ort mit rund 3000 englischstämmigen Bewohnern, auf
der Suche nach Heilung vor der Tuberkulose. So wurde 1870 auch die Englisch
Church gebaut. Als in den 1970er Jahren die anglikanische Kirche die
Gebäulichkeiten finanziell nicht mehr tragen konnte, gab es das Projekt, die
Kirche abzureissen. Einige Davoser setzten sich dann ein, um das zu verhindern.
So kam sie auch unter Denkmalschutz. Der Bund der Freien Evangelischen Gemeinde
hat sie dann gekauft, um dort eine FEG-Gemeinde zu gründen.
Wie sieht der Nicht-WEF-Alltag in den Nicht-WEF-Tagen der FEG
aus?
Ausserhalb vom WEF sind wir eine ziemlich normale Freikirche. Wir bieten
sonntags um 10 Uhr einen Gottesdienst mit Kinderprogramm an. Die
Wochenveranstaltungen sind vielseitig und versuchen, den Bedürfnissen der
verschiedenen Interessens- und Alterssegmente gerecht zu werden. Wir wollen
die Botschaft von Jesus Christus, die Generationen von Menschen verändert hat,
in die Welt tragen.
Gibt es ein besonderes diakonisches Projekt in Ihrer Gemeinde?
Wir sind im Moment am Überlegen, wie wir als Gemeinde der Stadt Davos
dienen können. Einzelne Gemeindeglieder sind immer wieder an Projekten dran. Unter
anderem haben wir hier in Davos ein Transitcenter für Flüchtlinge. Da ist in
den letzten Jahren auch ein wertvoller Kontakt entstanden.
Gibt es neue Projekte, die bei der FEG Davos anstehen?
Wir sind dran, ein neues Gefäss für die Jugendlichen von Davos
aufzugleisen. Neben den Glaubensimpulsen soll es ein Ort sein, an dem sie
Echtheit und Freundschaften erleben dürfen. Im Moment sind wir am Aufbau eines
hochmotivierten Kernteams. Wir möchten auch andere «Begegnungsräume» schaffen,
mit Menschen in Kontakt kommen.
Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer Arbeit besonders?
Wie können wir Kirche und Gemeinde sein in der heutigen Zeit? In einer
individualistisch geprägten Zeit, in der sich die Zugänge zu Gott gewandelt
haben, sind neue Zugänge auch zu den Menschen gefragt. Denn die unveränderte
Botschaft des Evangeliums bleibt, ebenso die Liebe Gottes zu uns Menschen.
Diese Frage bewegt mich.
Sind die Mitmenschen in der Region in der Corona-Zeit offener für den
Glauben geworden?
Leider haben wir das bei uns nicht so sehr feststellen dürfen. Hier in
Davos, umgeben von Bergen und Natur, waren die Einschränkungen mindestens
gefühlt nicht so gross wie in den Grossstädten. Weiter ist auch die Kultur der
Davoser auf Leistung ausgerichtet. Das prägt auch den Leidensdruck der
Menschen. Die Frage des Glaubens kommt für viele auf dieser Skala erst sehr
spät. Ich wünsche mir, dass das sich hier verändern darf, dass der Glaube nicht
nur eine Krücke für Schwache ist, sondern – in der Beziehung mit Gott – eine
anzustrebende neue Perspektive für unser Leben und über den Tod hinaus geben
darf.
Zur Webseite:
FEG Davos
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet