Umfrage in Israel

Amerikas Christen mischen sich zu stark ein

Christen, gerade solche aus den USA, sind dafür bekannt, dass sie sich gern und oft für Israel engagieren. Eine neue Umfrage zeigt allerdings: Ihre Aktionen und Meinungen stehen denen von Christen in Israel oft diametral entgegen. Sie werden von den Einheimischen oft als unerwünschte Einmischung wahrgenommen.
Kirche

1948 wurde der Staat Israel gegründet – nicht zuletzt als eine Art schützender Hafen für die überlebenden und traumatisierten Juden des Holocausts im Zweiten Weltkrieg. Seit diesen Tagen unterstützen US-Christen den neu gegründeten Staat; 82 Prozent von ihnen glauben, dass Gott den Juden das israelische Staatsgebiet gegeben hat. Im Gegensatz dazu glauben dies nur 19 Prozent der Christen, die in Israel aufgewachsen sind bzw. dort leben. 66 Prozent – weit über die Hälfte – halten diesen biblischen Anspruch für «nicht wörtlich gemeint».

Überraschende Umfrageergebnisse

Basis für diese Zahlen ist eine Umfrage des «Pew Research Center» in Washington DC. Darin wurden Israeli befragt, die sich selbst als Christen bezeichnen. Diese machen ungefähr 2 Prozent der israelischen Bevölkerung aus. Ihre Meinung wurde ultraorthodoxen, konservativen und liberalen Juden gegenübergestellt, genauso wie palästinensischen Christen bzw. solchen aus den USA. Die Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass es definitiv kein einheitliches christliches oder israelisches Bild gibt. Sehr viele gesellschaftliche Fragen werden von den einzelnen Gruppen extrem unterschiedlich wahrgenommen.

Sicht auf Demokratie und Politik allgemein

Beispielsweise denkt die Mehrheit israelischer Christen (immerhin 72 Prozent), dass Israel nicht gleichzeitig ein demokratischer und ein jüdischer Staat sein kann. Das wiederum halten 76 Prozent der Juden Israels für absolut möglich. 80 Prozent der Christen in Israel sehen bei der derzeitigen Politik «keine ernsthaften Bestrebungen», Frieden mit den Palästinensern zu machen. Immerhin die Hälfte von ihnen schätzt die palästinensische Führung dabei als friedensbereit ein, und 79 Prozent sind stark gegen weitere jüdische Siedlungen in der West Bank. Damit sind die Christen sogar stärker gegen diese Siedlungspolitik als die Muslime im Land (61 Prozent).

Christliche Einmischung wird abgelehnt

Eine grosse Mehrheit der Christen in Israel lehnt das starke Engagement besonders US-amerikanischer Christen in ihrem Land ab. 86 Prozent von ihnen halten diese Unterstützung für überzogen, 6 Prozent für eher zu wenig, 7 Prozent für genau richtig. Damit stehen die israelischen Christen in starkem Gegensatz zu denen in den USA. Dort halten 41 Prozent der Christen die Unterstützung für Israel für gerade richtig, 29 Prozent würden sie am liebsten noch intensivieren. Unter weissen Evangelikalen steigt diese Zahl noch weiter an. Bei evangelikalen Pastoren z.B. sind sich 80 Prozent darin einig, dass eine christliche Unterstützung für Israel notwendig ist.

Erstes Fazit

Die Umfrage des «Pew Research Centers» enthält interessante Aspekte zur Selbstwahrnehmung von Christen und Juden in Israel. Offensichtlich verstehen sich besonders die israelischen Christen nicht als so abhängig und hilfsbedürftig, wie sie von vielen US-Christen und weiten Teilen der Christenheit in Europa wahrgenommen werden. Weder die Einstellung westlicher Christen noch die ihrer israelischen Geschwister ist dabei «richtig» oder «falsch». Eine Umfrage kann nur Meinungen abbilden. Doch in diesem Kontext scheint es sinnvoll, Israel nicht einfach aus einem gewissen Sendungsbewusstsein heraus zu unterstützen, sondern einmal zu fragen: Was braucht und wollt ihr überhaupt?

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Datum: 10.03.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Christianity Today

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