Viel mehr als Wissen: Glauben ist Vertrauen

„…worauf das Herz sich verlässt“: Heinrich Bullinger über den Glauben

Glauben – für viele ein abgegriffenes Wort. Ersetzt man aber in Bibeltexten (und auch sonst) ‚glauben’ mit ‚vertrauen’, dann fühlt sich derselbe Satz ganz anders an. Ebenso ist es mit dem stehenden Ausdruck „der Herr“. In der Zeit des Zürcher Reformators Bullingers, im 16. Jahrhundert, standen Herren in der Funktion eines Schutzherrn, dem man vertraute.

Glauben meint vertrauen. Heinrich Bullinger, dessen 500. Geburtstag dieses Jahr gefeiert wird, schrieb seine „Summa christenlichen Glaubens“ 1556. Der folgende Text daraus ist der erste einer Livenet-Reihe mit Texten des Reformators.

Sämtliche Christen sollen wissen, jeder einzelne: Der Glaube, durch den wir gottgefällig werden, ist nicht nur ein Wissen, ein Verstehen des Verstandes, sondern auch ein festes Vertrauen und sicherer Verlass des Herzens auf Gott und sein wahres Wort, besonders auf die Verheissung, die uns von Gott in Christus gegeben ist, und auf all das, was in den Artikeln des ehrwürdigen christlichen Glaubensbekenntnisses enthalten ist. Der Rechtgläubige empfindet Christus und lebt in Christus.

Der aufrichtige, wirkliche Glaube verlässt sich ganz und gar auf Gott und auf sein wahrhaftes Wort, und er ergibt sich ihm, welcher der einzige und rechte Grund und Gegenstand des Glaubens ist; so vertraut der Gläubige Gott als seinem einzigen, ewigen, obersten, wahrhaften und allmächtigen Wert und Instanz; er sucht und erbittet von ihm wie von einem Vater alles, was er für Seele und Leib braucht; er glaubt überdies allen seinen Worten, sie sind ihm eine unbezweifelbare Wahrheit; ja, er zweifelt nicht daran, und wenn ihn einmal ein bisschen Zweifel ankommt aus menschlicher Blödigkeit, dann kämpft er dagegen an und legt den Zweifel ab.

Vor allem aber gründet sich der Gläubige im voraus auf die Verheissungen in Christus, in denen Gott sich aufs allerklarste offenbart, und er ist von Grund auf der Meinung, er besitze in Christus alle himmlischen Schätze, sei in ihm wieder zu jemand gemacht worden, und es mangle ihm nichts zum Heil.

Der genannte Glaube ist nicht nur ein Verstehen, Erkennen und Wissen der Einsicht, des Verstandes, sondern auch ein festes Vertrauen und ein sicherer Verlass des Herzens auf das, was du als wahr erkannt hast. Denn das, was der Verstand sich gemerkt, d.h. verstanden hat, darauf verlässt sich und hofft jetzt das Herz; es beruft sich darauf, ja, es wird in seinem Innersten ruhig und setzt alles darauf, macht es sich zu eigen und gibt sich dafür hin mit allen seinen Kräften.

Dieser Vertrauensglaube aber wird mit der Predigt des wahren Wortes Gottes gelehrt und gepflanzt, mit dem lebendigen Geist Gottes gegeben und vermehrt, mit dem emsigen Gebet begehrt und mit den heiligen Sakramenten bildhaft dargestellt und versiegelt. Um diesen Vertrauensglauben zu pflanzen und zu erhalten, hat unser Schutzherr Christus seine und der Kirche Diener eingesetzt, denen die Schlüssel zum Himmelreich gegeben sind; das bedeutet, dass sie das heilige Evangelium predigen sollen…

Bullingers Leben und Werk:
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/188/16854/

Webseiten zu Bullinger:
www.der-nachfolger.ch
www.bullinger500.ch

Autor: Heinrich Bullinger
Übersetzung: Siegfried Müller

Datum: 22.06.2004
Quelle: Livenet.ch

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung