Sinnsuche

Ein Journalist fragt: Warum missioniert mich keiner?

Alexander Krex hat sich von Gott abgewandt. Trotzdem fragt sich der Journalist, warum es denn niemand aus der Kirche versucht, ihn zu missionieren. In einer Mischung aus Vorsicht und Neugier macht er sich selbst auf den Weg zu Christen und hält ihnen den Spiegel vor: Warum missioniert ihr nicht?
Global Outreach Day (Bild: zVg)
Alexander Krex

«Bin ich ein zu schwerer Fall?», fragt Alexander Krex (38) in seinem Artikel in der ZEIT vom 3. Dezember. Die Äusserungen des Journalisten zeigen ihn als intelligenten, erfolgreichen Menschen, der sich gut ausdrücken kann. Scheinbar wird er – deshalb? – nicht auf seinen Glauben hin angesprochen. Braucht «so einer» keinen Gott?

Krex sagt von sich selbst: «Ich habe mich von Gott abgewandt», um das sofort zu präzisieren: «Ich war ihm nie besonders zugewandt.» Der Ostberliner kennt Kirche eigentlich nur von ein paar Besuchen an Heiligabend. Irgendwann ist er ausgetreten. Er könnte das nun einfach so stehenlassen, doch er will nicht warten, bis ihn vielleicht doch jemand missioniert, also klopft er selbst an Kirchentüren.

Zwischen Respekt und Missionsangst

Julika Wilcke ist die Pfarrerin der Kirche von gegenüber; sie befragt der Journalist zuerst. Er erlebt sie als «nicht übergriffig», fragt sich aber, ob sie ihn davon abgehalten hätte, aus der Kirche auszutreten. Ein Stück weit zieht sie sich zurück, wenn sie sagt: «Mission ist für mich etwas, das eigentlich von Gott selber ausgeht. Wir sind vielleicht beauftragt, ihn zu unterstützen.» Sie möchte «Leute mit relevanten Themen überzeugen, nicht mit persönlichem Glauben». Diesen Weg über den Kopf zum Herzen empfindet Krex als Umweg.

«Begriffsfasten»

Bischof Christian Stäblein spricht davon, Menschen in seinen Predigten einen Anreiz zum Mitdenken zu bieten. «Die Sache ist nur, dass ich gar nicht erst in die Situation komme, einer Predigt zu lauschen, und sei sie noch so interessant», kommentiert Krex.

Auch Social Media bewirke keine grössere Nähe, wenn die Angebote schlicht in der christlichen Bubble blieben. Stäblein erkennt dabei durchaus, dass «eine ganze Generation von Pfarrerinnen und Pfarrern […] 'Begriffsfasten' betrieben [habe], Mission per se sei ihnen verdächtig vorgekommen. Darunter litt auch das Sendungsbewusstsein».

Ein tiefer Wunsch

Diesen Äusserungen gegenüber positioniert sich Alexander Krex als Mensch mit einem Bedürfnis, das er nur schwer in Worte fassen kann: «Je älter ich werde, desto mehr beneide ich jene, die einen Gott haben, der sich wie ein Stossdämpfer zwischen sie und die malmende Willkür des Universums setzt. […] Er gibt allein dadurch Halt, dass er nicht in Einzelteile zerfällt, wenn man über ihn nachdenkt.»

Er denkt zurück an Studienzeiten, als er regelmässig von jungen Frauen in weissen Blusen angesprochen wurde: «Entschuldigung, glaubst du an Gott?» Das war definitiv nicht seine Wellenlänge. Trotzdem mischt sich Enttäuschung in seine Überlegungen: «Und obwohl ich nicht wirklich glaube, dass ich werde glauben können, wünsche ich es mir manchmal und bin ein wenig enttäuscht, dass es niemand auch nur versucht mit mir. Ist doch riesig, diese Christenheit, 2,3 Milliarden weltweit, ein Drittel aller Menschen dürfte die Geschichten der Bibel kennen. Die Marke Christentum hat sich erfolgreich am Markt etabliert, könnte man sagen, und das seit mindestens 1600 Jahren.»

Christen tun sich schwer

Viele Menschen haben sich von dem Gedanken an Mission verabschiedet: zu übergriffig, zu gestrig, verbrannt. Viele Christen wollen dagegen «dem Zeitgeist widerstehen». Konkret: Christen tun sich schwer damit, von althergebrachten Missionsstrategien kommend in einen Dialog einzusteigen. In einen Dialog mit Menschen wie Alexander Krex, die mit offenen Fragen kommen, aber gleichzeitig mit klaren Positionen. Die Orientierung suchen, ohne verloren zu sein.

Der Berliner Bischof Christian Stäblein zitiert im Gespräch den Theologen Fulbert Steffensky: «Mission heisst, zeigen, was man liebt.» Er unterstreicht, dass das am besten in fröhlicher Direktheit gelinge, die man sich ruhig von den Freikirchen abschauen könne. Nur bitte, fügt er hinzu, keine «geistliche Anrempelung», sondern «das rechte Wort zur rechten Zeit».

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Datum: 06.12.2020
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Alexander Krex / Zeit

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