Ehe und Kinder

Nationalrat für «Ehe für alle» mit Samenspende

Der Nationalrat stimmt der Ehe für alle zu, inklusive des Zugangs lesbischer Ehepaare zur Samenspende. Die «E»-Parteien wehrten sich vergeblich gegen die Öffnung der Ehe. Der Bundesrat prüft nun, ob eine weitere Partnerschaftsform als Rechtsinstitut ausserhalb der Ehe und unabhängig von der Geschlechterzusammensetzung sinnvoll sein könnte.
Ehe für Homosexuelle

Der Nationalrat hat mit 124 zu 72 Stimmen der «Ehe für alle» inklusive Samenspende für lesbische Paare zugestimmt. Das Geschäft geht jetzt in den Ständerat. Die EDU hatte bereits vorgängig das Referendum angekündigt. Man werde darauf hinarbeiten, «ein möglichst breit abgestütztes überparteiliches Komitee aufzubauen», damit das Referendum zustande kommt, liess die EDU verlauten.

«Ungleichbehandlung beseitigt»

Bundesrätin Karin Keller-Sutter stellte sich in der Debatte vom 11. Juni 2020 hinter die «Ehe für alle»: «Der Bundesrat begrüsst es, dass damit die heutige Ungleichbehandlung beseitigt wird», sagte sie. Erwartungsgemäss lehnte der Nationalrat einen Antrag auf Nichteintreten ab. Erfolglos war auch der Widerstand der SVP gegen die Kernbestimmung der Vorlage, mit der die Ehefähigkeit unabhängig vom Geschlecht formuliert wird.

Für Debatten sorgte die Frage, ob weiblichen Ehepaaren der Zugang zur Samenspende gewährt werden soll. Justizministerin Karin Keller-Sutter erinnerte in der Debatte an das Grundrecht der Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung, das bei der Samenspende infrage gestellt sei. Auch erinnerte sie daran, dass der Bundesrat derzeit prüfe, ob eine weitere Partnerschaftsform als Rechtsinstitut ausserhalb der Ehe und unabhängig von der Geschlechterzusammensetzung sinnvoll sein könnte.

Kommission war gegen Samenspende

Die Rechtskommission des Nationalrats, die die Vorlage ausgearbeitet hatte, stellte diese Möglichkeit in der Vernehmlassung zur Diskussion. Obwohl der Vorschlag mehrheitlich gut aufgenommen wurde, entschied sie sich knapp dagegen. Der Zugang zur Samenspende für miteinander verheiratete Frauen könne die gesamte Vorlage gefährden, begründete Kommissionssprecher Beat Flach (GLP/AG) den Entscheid.

Einige heikle Fragen bleiben nach der heutigen Debatte vorerst offen, weil sie viel Zündstoff bergen. So wurde auf Anpassungen bei der Hinterlassenenrente verzichtet, um die Vorlage nicht zu gefährden. Auch die Leihmutterschaft stand nicht zur Diskussion. Diese wäre Voraussetzung dafür, dass auch schwule Paare Kinder bekommen könnten. Dafür sind die politischen Hürden ungleich grösser als für die Samenspende, die für heterosexuelle Ehepaare heute schon zulässig ist.

Ablehung der «E»-Parteien

Wie eingangs erwähnt, sprach sich die EDU gegen die Öffnung der traditionellen Ehe von Mann und Frau aus. Auch die EVP-Ratsmitglieder lehnen die Vorlage ab. Die Partei zitiert in ihrer Medienmitteilung vom 11. Juni 2020 Nationalrätin Marianne Streiff: «Die Mehr­heit des Natio­nal­ra­tes will auch die Fort­pflan­zungs­me­di­zin für homo­se­xu­ell emp­fin­dende Men­schen öff­nen. Die Fort­pflan­zungs­me­di­zin ist jedoch als medi­zi­ni­sche Ultima ratio gedacht. Gleich­ge­schlecht­li­che Paare kön­nen von Natur aus kein Kind zeu­gen. Des­halb soll­ten wir hier nicht künst­lich ein­grei­fen.»

Auch die Par­tei­ba­sis der EVP hatte sich in einem im Februar erho­be­nen Mei­nungs­bild mit mehr als 86 Pro­zent deut­lich gegen eine Kern­vor­lage inklu­sive Samen­spende für weib­li­che Ehe­paare aus­ge­spro­chen (Livenet berichtete).

Zum Thema:
Befragung zu «Ehe für alle»: Zwei Drittel der EVP-Basis lehnt Öffnung ab
SEA nimmt Stellung: Bedauerliches Ja der Reformierten zur Öffnung der Ehe für alle
Getrennt marschiert: Ehe für alle – Allianz und Freikirchen nehmen Stellung

Datum: 12.06.2020
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet / kath.ch

Werbung
Livenet Service
Werbung