Antisemitismus ist Rassismus

Die dunkle Seite von «Black Lives Matter»?

Zu den weniger erzählten Geschichten im Zusammenhang mit den Protesten in den USA gehören Anschläge auf jüdische Synagogen, Einrichtungen und Läden – zum Beispiel in Los Angeles. Die jüdische Gemeinschaft ist uneins, wie weit sie sich mit «Black Lives Matter» identifizieren soll.
Während der BLM-Demonstrationen: Eine Person wirft einen Molotow-Cocktail, während ein Mann ein Geschäft plündert (Bild: Godreports.com)
Antisemitische Graffiti auf der Beth-Israel-Synagoge im Fairfax-Distrikt von Los Angeles
Rabbi Abraham Joshua Herschel und Martin Luther King

Die Synagoge «Congregation Beth Israel» im Fairfax District in Los Angeles wurde während der Proteste mit Graffitis «Free Palestine. F… Israel» beschmiert, ebenfalls zwei weitere Synagogen und koschere Läden. «Die Angriffe und Verschmutzungen dieser jüdischen Synagogen und Geschäfte sind gezielte Akte von Antisemitismus», erklärte die «Konferenz für jüdische Angelegenheiten» (Conference of Jewish Affairs) daraufhin. «Wir wissen seit Jahren, dass Black Lives Matter eine entschieden anti-israelische und anti-jüdische Organisation ist. Dieser Antisemitismus ist in grosse Teile der gegenwärtigen Krawalle eingedrungen», so die Erklärung weiter.

Seit Jahren vermischen bestimmte schwarze Aktivisten ihren Kampf gegen Rassismus mit Antisemitismus und stellen die «weissen Juden» an den Pranger. Im August 2016 hatte «Movement for Black Lives» Israels Umgang mit den Palästinensern als «Genozid» und Israel als «Apartheids-Staat» bezeichnet und anti-israelischen Bewegungen die Unterstützung zugesagt.

Jüdisches Eigentor?

Die meisten jüdischen Organisationen stellten sich trotzdem hinter «Black Lives Matter» (BLM); so haben in Los Angeles 60 Reform-Rabbiner in einem Brief an Regierung und Polizei verlangt, mehr zum Schutz schwarzer Amerikaner zu tun. Dennoch wird eine unkritische Identifikation von Juden mit «BLM» von einigen Kommentatoren als fatal angesehen. Der frühere Rechtsprofessor Alan Dershowitz kommentierte im «Boston Globe»: «Es ist eine echte Tragödie, dass für viele jüdische Organisationen die Anliegen von Black Lives Matter wichtiger sind als die Sicherheit und Würde jüdischer Institutionen und Individuen.» Und Rabbi Aryeh Spero hält in der Presseerklärung der Konferenz fest: «Es ist falsch, dass der Ruf nach Gerechtigkeit für George Floyd dazu führt, dass Antisemitismus auf Seite der Demonstrierenden übersehen wird.»

«Amerika voll von systemischem Rassismus?»

Die Erklärung fährt fort: «Wir halten es für völlig falsch, dass die ADL (Anti Defamation Liga, jüdische Liga gegen Antisemitismus) und praktisch alle jüdischen Organisationen behaupten, dass Amerika voll von systemischem und institutionellem Rassismus ist. Diese generelle Behauptung ist falsch.» Und sie präzisiert: «Während es Rassismus in Amerika und anderen Teilen der Welt gibt, vertreten durch Einzelne, wissen die, die in der amerikanischen Gesellschaft leben, dass er heute bei uns nicht systemisch oder institutionell ist. Keiner, den wir kennen, verherrlicht Rassismus, und praktisch jeder Amerikaner war entrüstet über das, was mit George Floyd geschehen ist.»

«Jüdische Organisationen, die solch eine breite, undifferenzierte Anklage gegen Amerika vorbringen, drücken einen schändlichen Fanatismus aus und fachen durch ihre bittere Rhetorik die Flammen der Spaltung an – das in einer Zeit, wo wir Einheit dringend nötig hätten», schliesst die Erklärung.

«Wir dürfen nicht draussen bleiben»

Auf der anderen Seite warnt Kommentator Hen Mazzig im «Jewish Journal», dass die Welt im Moment kritisch darauf schaue, wer zum Thema «Black Lives Matter» «im Raum ist». «Es ist furchtbar, dass einige Teile von BLM mein Heimatland Israel dämonisieren. Aber wenn Juden sich jetzt aus diesem Protest raushalten, helfen sie Israel damit überhaupt nicht», erklärte Mazzig. «Die schwarze Gemeinschaft in den USA braucht jetzt unsere Stimme. Wir dürfen nicht erlauben, dass ein paar Aktivisten Black Lives Matter in eine Anti-Israel-Kampagne umfunktionieren.» Und er bringt ein wichtiges Beispiel aus der Geschichte: «Rabbi Abraham Joshua Herschel marschierte an der Seite von Martin Luther King und setzte sich für die Sache der Schwarzen ein. Darum trat King umgekehrt deutlich gegen Antisemitismus und Anti-Zionismus ein.»

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Datum: 14.06.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet.ch / GOD reports / Jewish Journal

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