Benachteiligt die Zürcher Steuerinitiative Familien?

Geld

Ein Beispiel, wie bei politischen Initiativen immer wieder die Interessen der Familien übersehen werden, liefert die Zürcher Volksinitiative „Weniger Steuern für niedrige Einkommen”. Sie benachteiligt Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren und ist damit nach Meinung der Gegner sogar verfassungswidrig.

Die von der SP lancierte Volksinitiative will mehr Steuergerechtigkeit für niedrige Einkommen, nachdem bei früheren Steuervorlagen vor allem die hohen Einkommen entlastet worden seien. Sie befreit Alleinstehende mit einem Einkommen bis 14.600 Franken sowie Ehepaare mit einem Einkommen bis 22.000 Franken von der Einkommenssteuer. Weiter fordert sie für Singles mit einem Einkommen unter 49.000 Franken und für Ehepaare mit einem steuerbaren Einkommen bis 80.000 Franken abgestufte Entlastungen.

Doch die Initiative ist zuwenig durchdacht. Sie könnte daran scheitern, dass ihre Umsetzung Ehepaare und Familien mit Kindern gegenüber Konkubinatspaaren zum Teil massiv benachteiligen würde. Bei einem steuerbaren Einkommen von 40.000 Franken würden zum Beispiel Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren bis zu 40 Prozent höher belastet, ein Doppelverdiener-Ehepaar mit einem steuerbaren Einkommen von 70.000 Franken müsste über 70 Prozent mehr Steuern bezahlen als ein Konkubinatspaar in vergleichbaren Verhältnissen.

Damit würde die Initiative nicht nur für stossende Ungleichheiten sorgen, sondern sie könnte sogar verfassungswidrig sein. Die Initianten halten dem entgegen, auch der geltende Steuertarif benachteilige teilweise Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren. Das sei nicht anders zu lösen und führe nur in seltenen Fällen dazu, dass das Bundesgericht einen Tarif als verfassungswidrig erkläre.

KOMMENTAR

Fritz Imhof

Gesellschaftspolitisch stossende Ungleichheit

Das Problem der steuerlichen Ungleichbehandlung von Ehepaaren und Konkubinatspaaren ist seit Jahrzehnten bekannt. In einigen kantonalen Steuergesetzen wurde die Ungleichheit gemildert, unseres Wissens aber nirgends ganz abgeschafft. Damit handelt der Staat zwar nicht gegen seine fiskalischen, wohl aber gegen gesellschafts- und sozialpolitischen Interessen, muss ihm doch an verbindlich zusammenlebenden Paaren mit Kindern gelegen sein. Er müsste eigentlich Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren begünstigen, und nicht umgekehrt. Die Frage drängt sich auf: Weshalb gibt es in den Steuergesetzen des Bundes und der Kantone keine Bestimmung, nach welcher kein Ehepaar gegenüber einem Konkubinatspaar in gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen benachteiligt werden darf? Die Steuerbehörden hätten dann einfach die Vergleichsrechnung zu machen und den Ehepaaren und Familien die günstigere Rechnung zu präsentieren. Es kann und darf nicht sein, dass lediglich das fiskalische Interesse diese wichtige gesellschaftspolitisch stossende Ungleichheit weiter aufhält. Das hätten auch die Initianten bedenken müssen.

Quellen: SSF/NZZ/im

Datum: 02.05.2003

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