Nach der Beratung der Zürcher Kirche-Staat-Vorlage

Das Rathaus in Zürich

Zürich - Das Zürcher Kantonsparlament hat in der ersten Lesung der Vorlage über das Verhältnis des Staats zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften alle Anträge der SVP abgeschmettert. Das Verhältnis zu den Landeskirchen soll entflochten werden (die Kirchen sollen zum Beispiel Ausländern das Stimm- und Wahlrecht erteilen können), und der Kanton will andere Religionsgemeinschaften auch anerkennen, wenn sie sich demokratisch organisieren. Die SVP kündigte noch in der Debatte an, das Gesamtpaket (Verfassungsänderung, Kirchengesetz, Anerkennungsgesetz) zu bekämpfen.

Der EVP-Kantonsrat und Regierungsratskandidat Gerhard Fischer bedauerte, dass das Parlament den Teilungsantrag seiner Partei nicht gebilligt hatte. Der Antrag zielte darauf, dass die Stimmbürger gesondert über das Kirchengesetz und das Anerkennungsgesetz abstimmen können. Nun aber könnte wegen der Opposition der SVP das gesamte Paket gefährdet sein, umso mehr als um ‚fremde' Religionen Emotionen leicht zu schüren sind.

Der reformierte Kirchenratspräsident Pfarrer Ruedi Reich sagte nach der Debatte, dass der Landeskirche weiterhin am Gesamtpaket liegt. Die Landeskirchen haben sich seit vielen Jahren für die öffentlich-rechtliche Anerkennung namentlich der alteingesessenen jüdischen Gemeinden eingesetzt. Sie wäre in einer Zeit des aufflackernden Antisemitismus auch ein wichtiger gesellschaftspolitischer Schritt.

Drei Politiker, die sich 1995 vehement für die Versetzung der Landeskirchen ins Privatrecht (‚Trennung von Kirchen und Staat') eingesetzt hatten, sind laut der NZZ enttäuscht über die neue Kirchengesetzgebung. Von einer Entflechtung von Kirche und Staat könne keine Rede sein, schreiben Verfassungsrat Jörg Rappold, Kantonsrat Andreas Honegger und alt Kantonsrätin Regula Pfister von der FDP. Die Sieger der Abstimmung von 1995 suchten ihre Privilegien abzusichern und auszubauen. Die juristischen Personen hätten weiterhin Kirchensteuern zu zahlen.

Mit der Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften lösten die Vertreter des ‚Staatskirchentums' zwar ein Versprechen ein; doch seien diese Religionsgemeinschaften dermassen klein, dass damit die Austritte aus den anerkannten christlichen Kirchen nicht kompensiert werden könnten. Die drei Freisinnigen folgern daraus, dass die Zahl der Diskriminierten mit der Neuregelung noch anwachsen würde.

Der Zürcher Kantonsrat wird im Frühjahr die Vorlage in zweiter Lesung beraten und verabschieden.

Datum: 31.01.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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