«Gott lässt sich nicht zum Sieg missbrauchen»

Abt Martin Werlen
Thomas Zindel
feld

An der Fussball-EM sind weitere Favoriten ausgeschieden. Doch zwei der vier Viertelfinals waren zum Einschlafen. Über die mentale Ebene und wie interessiert Gott an Sieg und Niederlage ist, sprechen wir mit unserem EM-Experten, dem Sportlerseelsorger Thomas Zindel.

Livenet: Thomas Zindel, Sie sagen, das Leben auf dem Fussballplatz habe Parallelen zum Leben allgemein. Dann werden Sie Griechenland – Frankreich und Schweden – Holland als verschlafene Leben taxieren?
Thomas Zindel: Äusserlich mag man diesen Eindruck haben, doch im Alltag gibt es auch Tage, bei denen man versucht. sein Bestes zu geben. Aber man kommt einfach nicht in den Fluss rein, wo man das tun könnte.

Subjektiv würden die Spieler von Frankreich das nicht so sehen, sondern sich über die verpassten Chancen ärgern; zum Beispiel über die von Henry. In Rückblick stellt man fest, dass viel mehr möglich gewesen wäre. Mir hilft es, Gott die verpassten Chancen zurückzugeben, statt dass ich Schuldgefühle habe; und es stellt sich auch ein Lerneffekt ein. Für Frankreich allerdings gibt es an dieser EM kein nächstes Mal mehr.

Was den Zuschauer einschläferte, war das taktische Geplänkel. Ist das geistliche Leben eigentlich auch voller Taktik?
Das Wort «Taktik» hat etwas Berechnendes in sich. Das Team und die Spieler rechnen sich aus, mit der angewandten Taktik etwas zu erreichen. In der Beziehung zu Gott kann ich nicht von Taktik reden. Ihn berechnen zu wollen zeigt eine Haltung des Misstrauens. Er möchte, dass wir ihm ganz vertrauen. Ohne Leistung und Gegenleistung abzuwägen.

Wir sind aber herausgefordert, die Taktik und Strategie des Feindes zu kennen, dass wir wach sind und nicht schlafen. Sonst hat der Feind ein einfaches Spiel, in unser Lebenshaus einzubrechen. Ich brauche einen Kampfplan, wenn ich weiss, dass der eine oder andere Punkt mich zur Niederlage führen könnte. Entscheidend ist, dass ich mich an die Anweisung des Coachs halte, der das Ziel hat, den «Match» zu gewinnen. So dass ich mich nicht auf den Gegner ausrichte, sondern das tue, was der Coach sagt.

Was für Taktiken hat denn der Feind?
Dass er permanenten Zweifel provoziert. Diese sollen dazu führen, dass ich den Verheissungen des «Coachs» keine Folge leiste, dass ich eigenen und anderen Anweisungen mehr Vertrauen schenke als den seinen. Als weitere, schlechte Frucht ruft der Zweifel auch Angst hervor. Angst kann ein Treiber für Höchstleistungen sein aber auch ein Gefängnis, in dem eingesperrt bin.

Dem gegenüber steht das Wesen von Gott. Er sagt, dass die vollkommene Liebe die Angst austreibt. Darum ist es für mich die wichtigste Strategie, dass ich mich täglich durch die Liebe von Gott füllen lasse. Gerade dort wo ich in Gefahr bin, dass ich es mir selber hole. Nur mit ihm kann man etwas bewirken und als Licht und Salz wirksam sein. „Die Liebe ist ausgegossen durch den Heiligen Geist“; wir können sie als Geschenk Gottes empfangen und erleben.

Wie wichtig sind geistliche Dinge im Zusammenhang mit Fussball?
Ich glaube, dass sehr viele Spieler an so einem wichtigen Turnier ein Glaubenskonstrukt in sich tragen. Weil sie wissen, dass nicht nur das persönliche Können entscheidend ist. Persönlich bin ich nicht sicher, wie stark Sieg und Niederlage Gott wirklich interessiert. Was ich glaube ist, dass Gott, der den Menschen machte, dem Spieler in Jesus Christus Festigkeit schenkt und Charakterqualitäten formt, die für Team und Spiel sehr zentral sind. Darum ist sein primäres Interesse immer zuerst beim Menschen selber.

Gott lässt sich nicht zum Sieg missbrauchen. Die Gefahr einer einmaligen Chance bei einem solchen Turnier ist, dass auf geistlicher und spiritueller Ebene alles probiert wird, was Erfolg verspricht. Gott aber ist vielmehr daran interessiert, wie ich mit ihm im Alltag lebe.

Bei Fussballern ist die Zeit von Training und Vorbereitung unverhältnismässig grösser als die Zeit, wo sie dann zum Einsatz kommen. Ein Spieler, der mit Jesus Christus lebt, kann aus der Ressource von Gott sein Bestes bringen. Das heisst nicht, dass man deswegen immer siegen wird.

Auch der gläubige Spanier Valeron, der zum 1:0 gegen Russland traf, fuhr trotz diesem siegbringenden Tor nach der Vorrunde wieder heim. Es sind Sportler, die wissen, worum es geht: dass man auch ausscheiden kann. Ein Sportler, der Christ ist, ist wohl auch über das Ausscheiden enttäuscht, doch er erfährt darin die siegbringende Liebe von Gott.

Thomas Zindel ist Leiter von «Athletes in Action» und Herausgeber der «Bibel für Fussballer» .

Webseiten:
www.athletes.ch
www.fussball.jesus.ch

Datum: 29.06.2004
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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