Die Fotografin Dikla Laor
benutzt ihre Kamera als Pinsel, um jeden weiblichen Charakter der hebräischen
Schrift darzustellen. Auf den Golanhöhen, dem Heimatgebiet von Dikla Laor,
setzte sie mehr als 90 Frauen aus der Bibel in Szene.
Dikla Laor erzählt die Geschichten der «She-roes» (weibliche Helden) mit
Fotos. Mehr als 90 Frauen des Alten Testaments, von Ahinoam bis Zeruah veröffentlicht
sie in ihrem Bildband «Women of the Bible in the Golan Heights».
«Ich benutze die Kamera als Pinsel, um ihre
Geschichten zu erzählen. Ich sage immer, wenn ich wüsste, wie man malt, würde
ich die Kamera nicht benutzen», erzählt Dikla Laor. Jede Figur wird in einem
faszinieren Porträt vorgestellt, das ihre Geschichte immer wieder aufs Neue
erzählt.
Auf 180 Seiten zeigt sie Fotos, die in der Nähe ihres
Hauses auf den israelischen Golanhöhen aufgenommen wurden. Darauf zu sehen sind Laors
Freundinnen und Verwandte, die Szenen aus dem antiken Text nachstellen. Denn in der Bibel drehe sich vieles um die Frauen. «Auch
wenn die Frauen kleine Rollen oder nicht viel Text haben, um sie zu
beschreiben, sieht man, dass das, was sie sagen und tun, die Zukunft
beeinflusst, die Könige beeinflusst, uns beeinflusst.»
Sie schrieben Geschichte
Zum Beispiel Jocheved, die Mutter von Mose, Aaron und
Miriam, setzt die Passahgeschichte in Gang, indem sie den kleinen Moses in
einem Korb in den Nil legt, anstatt ihn dem grausamen Erlass des Pharaos zu
überlassen. Und es ist die Tochter des Pharaos, die Moses
adoptiert.
Oder Moses Frau Zippora ergriff mutige Massnahmen, die
es ihrem Mann ermöglichten, nach Ägypten zurückzukehren und sein Volk in das
gelobte Land zu führen. Diese Frauen zogen Fäden, sagt Laor. «Sie haben die Geschichte geschrieben, die wir heute kennen.»
Auch die böse Königin Isebel und die intrigante
Verführerin Delilah haben ihren Platz in dem Buch neben angesehenen Vormüttern
und Prophetinnen und namenlosen Personen wie den Frauen der Söhne Noahs.
Genesis-artige Landschaft
Dikla Laor
Laor wählte die
Golanhöhen als Kulisse, weil «die Landschaft hier sehr unberührt aussieht, sehr
genesisartig, sehr wild». Viele der Fotoshootings sind anspruchsvoll, besonders
die mit Tieren. Um Eva an der Schwelle zu ihrem Untergang im Garten Eden zu
zeigen, brauchte man zum Beispiel eine Schlange. Laor fand einen Mann, der eine
70 Kilo schwere Python besass. «Ich wollte das Foto in Gamla bei den drei
Wasserfällen machen, aber sie liessen mich mit der Schlange nicht in ein
Naturschutzgebiet und wir mussten einen anderen Ort suchen.»
Dann stellte sich heraus, dass derjenige, der die
Schlange mitgebracht hatte, krebskrank war, «als er die Schlange zum
Aufnahmeort trug, machte er vier Schritte, legte sich hin, um sich auszuruhen
und machte dann wieder vier Schritte. Er wollte nicht aufgeben oder sich von
jemandem helfen lassen. Sobald die Schlange im Baum war, bewegte sie sich nicht
mehr, es war, als wäre die Szene für diese Python entworfen worden.»
Bei der Aufnahme, die Abigail, die Frau des bösen
Nabal, zeigt, wie sie dem zukünftigen König David und seinen Soldaten ein
Tablett mit Obst und Gemüse bringt, «wollte der Esel dies alles auffressen».
Bisher 94 biblische Frauen abgebildet
Laor begann dieses Projekt im Jahr 2003 und
veröffentlichte vor zwei Jahren die erste Ausgabe mit 42 Fotos. Die kürzlich
erschienene zweite Ausgabe enthält 25 zusätzliche Fotos und den gesamten Text
sowohl auf Hebräisch als auch auf Englisch. Eine weitere Ausgabe ist innerhalb
von zwei Jahren geplant.
«Ich habe bereits Fotos von 94 biblischen Figuren
gemacht, insgesamt 80 Bilder. Mein Ziel ist es, alle Frauen der Bibel zu
fotografieren, also habe ich noch viele Jahre vor mir.»
Sarah und Isaak
Besonders bewegend sei für sie das Bild von Sarah und
Isaak. In diesem Bild sind die Personen, die die biblischen Figuren spielen,
Laors Mutter und ihr Sohn. Die Kleider, die sie tragen, sind die ihres Grossvaters.
Die Kleider sind 130 Jahre alt und stammen aus seiner Zeit in Tunis.
Obwohl die Kleidung Verschleisserscheinungen hat,
wollte Dikla diese Kleidungsstücke und die Bedeutung und Emotionen, die mit
ihnen einhergehen, in die Szene einbeziehen und dem Bild einen Stempel ihrer
persönlichen Abstammung aufdrücken.
Komplette Szenen
Laor hat nie Fotografie studiert. Sie besitzt die
Webdesign- und Entwicklungsfirma «Webtopus» und studiert Bibelstudien an der
Universität von Haifa. Während des gesamten Prozesses versucht Dikla, Gottes
Stimme zu hören, der sie bei der Vollendung ihrer aufwendigen Kreationen führt
und leitet. So sollen die Geschichten der Bibel beleuchtet werden und die
Gegenwart Gottes erlebbar werden.
Die dreifache Mutter verbringt Monate damit, jede
weibliche Figur zu recherchieren, bevor sie das endgültige Bild visualisiert,
die Kostüme näht, Requisiten baut und sogar die Haare und das Make-up ihrer
Modelle macht.
Professor Yair Zakowitz, Gewinner des Israel-Preises
für Biblische Literatur 2020, spricht von kompletten Szenen: «Dikla fügt nicht
zufällig irgendein Detail ein. Sie besetzt die Fotos mit Frauen, kleidet sie
als Charaktere ein und trägt das richtige Make-up auf, fügt sie in die
Landschaft ein, achtet auf Körperhaltung und Gesichtsausdruck und fügt den
Fotos sogar Tiere und verschiedene Accessoires hinzu, die für die Atmosphäre
notwendig sind, um das Drama zu vervollständigen.»