„Gottes Ding und Jesus' fettes Comeback“

Volxbibel
Gerhard Sellin
Gottes Ding und Jesus

Eine «Volxbibel» für Jugendliche löst unter Theologen heftige Diskussionen aus. Sie sieht wie eine Zigarettenschachtel aus. Auch die übliche Warnung fehlt nicht. Nur heisst es auf der «Volxbibel»: «Lesen kann radikale Nebenwirkungen haben.»

Schon das Cover der neuen Bibel für Jugendliche sorgt im Schwelmer Konfirmandenunterricht für Heiterkeit. Beim Vorlesen wird gekichert, denn in dieser Bibel gibt Jesus «mörderwichtige Ratschläge». Er macht über 5000 Leute mit fünf Toastbroten und Frikadellen satt, er redet nicht von Gottes Reich, sondern von «Gottes Ding» und seinem «fetten Comeback».

«Das passt irgendwie nicht»

Beten wird als «Labern mit Gott» umschrieben, aus «Selig sind die Sanftmütigen» wird «Gut drauf kommen die Leute, die niemandem mehr in die Fresse hauen wollen». Eine Sprache, die dem 14-jährigen Heiko vom Schulhof durchaus vertraut ist: «Die Bibel ist so viel leichter zu verstehen.» Dennoch sind die Konfirmanden nicht restlos begeistert. «Das passt irgendwie nicht», findet die 13-jährige Sarah. «Die alte Bibel im modernen Jugendslang geschrieben hört sich komisch an.»

Beschimpft und verflucht

Sarahs Kritik klingt milde gegen den Proteststurm, den der Kölner Jugendarbeiter Martin Dreyer mit seiner Übertragung des Neuen Testaments in eine moderne Jugendsprache ausgelöst hat. Über 600 E-Mails erreichten ihn seit Erscheinen der Volxbibel im Dezember.

«Ich wurde zum Teil übel beschimpft und verflucht, habe aber auch jede Menge positive Rückmeldung bekommen», erzählt Dreyer. Dabei betont er immer wieder, dass sich seine Übertragung an junge Leute richtet, die nicht christlich aufgewachsen sind.

„Sie würden aber nie eine herkömmliche Bibel lesen“

«Beim Übersetzen hatte ich immer die Jugendlichen aus dem Kölner Jugendzentrum vor Augen, in dem ich arbeite», erklärt der 40-jährige ehemalige Pastor und Suchtberater. «Sie stellen viele Fragen nach Gott, würden aber nie eine herkömmliche Bibel lesen.» Zwei Jahre lang hat Dreyer, der 1991 in Hamburg die christliche Jugendbewegung der «Jesus Freaks» gründete, an seiner Übertragung der Luther-Bibel gearbeitet. Die ersten 5.000 Exemplare waren schnell vergriffen, von den 35.000 Bibeln der zweiten Auflage sind bereits 20.000 verkauft.

Gotteslästerlich?

Vor allem in evangelischen Freikirchen fand das Bibelprojekt viele Anhänger, aber auch zahlreiche Kritiker. Der «Arbeitskreis für evangelikale Theologen» bezeichnete den Text als gotteslästerlich und spaltend. Die Volxbibel zersetze nicht nur den Respekt vor einer gepflegten Sprache und dem Alter, sondern auch «vor Gottes Wort und schliesslich vor Gott selbst», heisst es in einer Stellungnahme der Theologen Stefan Felber und Herbert Klement.

Inhaltlich korrekt

Die Theologen der evangelischen Landeskirchen gehen mit Dreyers Übertragung gelassener um. Inhaltlich sei die Volxbibel weitgehend korrekt, meint Gerhard Sellin, Professor für Neues Testament an der Universität Hamburg. Er bezweifle allerdings, dass die Volxbibel einen grösseren missionarischen Effekt haben werde. Der westfälische Jugendpfarrer Udo Bussmann vermutet, dass mit der Übersetzung in einen Slang nur ein kleiner Teil der jungen Leute erreicht werde.

Übersetzung für das Internet

Ralf Thomas Müller von der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart ist skeptisch, ob Jugendliche wirklich eine Bibel in ihrer Sprache wollen. «Nach meiner Erfahrung möchten sie wissen, was dort genau steht», sagt Müller. Gemeinsam mit dem Amt für Jugendarbeit der westfälischen Kirche und dem Christlichen Jugenddorf arbeitet die Bibelgesellschaft an einer verständlichen Übersetzung im Internet.

Das Projekt der «Basisbibel» werde bewusst mit knappen Texten und Links zu Bildern, Landkarten und Erklärungen ausgestattet.

Auch Dreyer will das Internet nutzen, um aus seiner Übertragung eine «echte Volksbibel» zu machen. Über das Forum www.volxbibel.de sollen Jugendliche ihre eigenen Übersetzungsvorschläge machen und so an der Bibel mitschreiben. Den Schwelmer Konfirmanden gefällt diese Idee besser als Dreyers Taschenbuchbibel im Lucky-Strike-Look. «Dass Jugendliche für Jugendliche übersetzen, finde ich gut», erklärt die 13-jährige Julia. «Die jetzige Volxbibel hört sich für mich nämlich so an, als ob meine Eltern versuchen, besonders cool mit mir zu reden.»

Diskussion: Schreiben Sie hier Ihre Meinung zur Volxbibel
Buchhinweis: Die Volxbibel, 608 Seiten, Volxbibel-Verlag Witten.

Stichwort: Volxbibel

Die «Volxbibel» ist eine Bibel-Übertragung des Neuen Testaments in eine moderne Jugendsprache. Der Kölner Autor Martin Dreyer will damit vor allem Jugendliche erreichen, «die nicht christlich aufgewachsen sind, sich aber für Gott interessieren». Die im Dezember veröffentlichte Übertragung wird auf der Internet-Seite www.volxbibel.de von Jugendlichen laufend überarbeitet und aktualisiert.

Schon vor ihrem Erscheinen löste die Volxbibel heftige Diskussionen unter Theologen und Bibelübersetzern aus. Hauptkritikpunkt ist die «respektlose» Sprache, die freikirchliche Theologen als «verfälschend» und «gotteslästerlich» bezeichnen. Jugendpfarrer der evangelischen Kirche kritisieren, mit der Übersetzung der Bibel in eine «Gossensprache» nehme Dreyer die jungen Leute nicht ernst.

In der Übertragung des Kölner Jugendarbeiters werden die Jünger Jesu zu «Jungs», das Reich Gottes zu «Gottes Ding», die Pharisäer zu «Dreckskerlen». Beten umschreibt Dreyer als «Labern mit Gott». Die Auferstehung Jesu ist in der Volxbibel ein «fettes Comeback».

Grundlage für Dreyers Übertragung sind nach eigener Aussage die Lutherübersetzung und die Elberfelder Bibel gewesen.

Ursprünglich sollte die 9,90 Euro teure Volxbibel im Wuppertaler Brockhaus-Verlag erscheinen, dem Herausgeber der Elberfelder Bibel. Wegen der Proteste gründete Brockhaus für das Projekt aber in Witten einen eigenen «Volxbibel-Verlag» in der Stiftung Christliche Medien.

Bisher wurden 40.000 Volxbibeln gedruckt. Die erste Auflage von 5.000 Stück war bereits zwei Wochen nach ihrem Erscheinen Mitte Dezember vergriffen.

Diskussion: Schreiben Sie hier Ihre Meinung zur Volxbibel
Volxbibel online bestellen: http://www.shop.livenet.ch/?q=nl&nr=225419

Datum: 22.02.2006
Quelle: Epd

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service