Wachsender Druck auf Nepals Königshaus

König Gyanendra
Ein Leben in Armut: Frauen und Kinder
Katmandu

Nepals König Gyanendra hat am 1. Februar die Macht übernommen, die Regierung entlassen, den führenden Politikern und Bürgerrechtlern einen Maulkorb verpasst und den Ausnahmezustand verhängt. Ein Kirchenführer äusserte sich bestürzt über die Rückkehr zur autoritären Herrschaft.

Nun steigt auch von aussen der Druck auf das Königshaus, das sich der angeblich untüchtigen Regierung entledigte, um die Maoisten wirksamer zu bekämpfen. Die Reaktion der Rebellen blieb nicht aus: Sie kündigen vor einer Woche an, alle 75 Distrikthauptorte im Land zu blockieren.

Der grosse Nachbar Indien, von dem das Hindu-Königreich im Himalaya abhängig ist, hat seinen Botschafter zu Konsultationen zurückgerufen und die Militärhilfe eingefroren. Weil sie im Land nicht mehr agieren können, haben sich sechs der wichtigsten nepalesischen Parteien in Delhi zu einer «Gemeinsamen Front» zusammengeschlossen.

Delhi fordert Rückkehr zur Demokratie

Laut der NZZ handelt die indische Regierung in Abstimmung mit den USA und Grossbritannien, den beiden anderen wichtigen Geldgebern Nepals, das weiterhin zu den ärmsten Ländern der Erde zählt.

Der indische Aussenminister Natwar Singh forderte durch den nepalesischen Botschafter in Delhi erneut mit Nachdruck, dass der König umgehend wieder demokratische Verhältnisse herstelle. Politiker, Journalisten und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen müssten sofort freigelassen werden. Nach Angaben aus Katmandu geht man noch von rund 140 Inhaftierten aus.

Komplexes Verhältnis

Das Verhältnis der beiden ungleichen Nachbarn ist sehr komplex: Hinter Nepals Bergriesen liegt die Grossmacht China. Nepal ist das einzige verbliebene Hindu-Königreich; Millionen Hindus sind ihm verbunden und pilgern zu seinen Tempeln.

Anderseits mühen sich auch die indischen Sicherheitskräfte in mehreren Gliedstaaten mit maoistischen Rebellen ab. Daher dürften die indischen Generäle den Kontakt mit Nepals Armee nicht einfrieren wollen, um die grenzüberschreitenden Aktivitäten der Maoisten nicht noch zu erleichtern.

Nepal – ohne König denkbar?

Vorläufig hofft man in Delhi, wie der NZZ-Korrespondent schreibt, „immer noch auf ein neues Zusammengehen von Königshaus und Parlament, um das Gespenst einer maoistischen Machtübernahme nicht Realität werden zu lassen“. Allerdings war das Verhältnis schon vor dem Coup von tiefem gegenseitigem Misstrauen geprägt. Indische Zeitungen haben nun erstmals von einem Nepal ohne König geschrieben; es wird sogar spekuliert über eine Front aller Parteien gegen das Königtum, die auch die Maoisten einschliessen könnte.

1990 hatte das Könighaus nach Protesten, die erst blutig niedergeschlagen wurden, auf seine absolute Herrschaft verzichtet und Parteien zugelassen. Die von diesen gebildeten Regierungen haben durch Kurzlebigkeit und Korruption, Streitigkeiten und Wirkungslosigkeit geglänzt, dass grosse Teile der Bevölkerung ihrer – und auch der ‚Demokratie’ – überdrüssig sind.


Christen fordern Versammlungsfreiheit

Ein Sprecher der Christen, deren Lage als religiöse Minderheit sich 1990 deutlich verbesserte, übte Kritik am König. Der Coup könne „ein schwerer Rückschlag sein für die Bemühungen des Christenrates um Frieden und Demokratie im Land", betonte Dr. Kali Bahadur Rokaya vom Nationalen Kirchenrat gegenüber der Presse. "Wir hoffen und beten jedoch, dass trotz der schwierigen Lage bald Friedensgespräche zwischen Regierung und maoistischen Rebellen anberaumt werden, wie es der König versprochen hat."

In Nepal sind rund 500’000 der 24 Millionen Einwohner Christen; die Gemeinden sind in den letzten 15 Jahren stark gewachsen. Staatsreligion ist jedoch der Hinduismus; viele Christen müssen Nachteile und Verfolgungen in Kauf nehmen, wenn sie sich zu ihrem Glauben bekennen.

Informationen über Nepal (englisch, zensuriert):
http://www.nepalnews.com/

Quellen: Livenet/APD

Datum: 17.02.2005
Autor: Peter Schmid

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