Irakischer Aufstand im Namen des Mahdi

Mahdi – warten auf den endzeitlichen, islamischen Messias.
Mahdi 2

Mit Vorbereitungen für den Prozess gegen Diktator Saddam Hussein in Bagdad versuchen die USA die irakische Bevölkerung doch wieder auf ihre Seite zu ziehen. Denn im Irak geht der Widerstand der Muslime gegen die Besatzungsmächte schon im zweiten Monat weiter.

Die Ankündigung des radikalen Schiitenführers Muktada as-Sadr, seine Kämpfer in eine gewaltlose Sozialbewegung umzuwandeln, war nur eine Kriegslist, wie sie gerade der schiitische Islam im Kampf gegen alle "Ungläubigen" ausdrücklich zulässt.

Islamischer Messias

Der schiitische Aufstand hat sogar von der "Heiligen Stadt" Nadschaf auf das bislang ruhige Basra übergegriffen. Er bekam seine besonders zündende Idee in der Erwartung des so genannten Mahdi. Der arabische Name dieses endzeitlichen islamischen Messias bedeutet "der Kommende". Er soll die gerechte Weltherrschaft Allahs heraufführen. Fromme Moslems beten um sein Erscheinen seit Jahrhunderten, wilde Schwärmer versuchen immer wieder, mit Waffengewalt das Mahdi-Reich selbst aufzurichten, so die Mahdisten im Sudan zwischen 1880 und 1900.

Auch zum Gelingen von Khomeinis Islamischer Revolution in Iran 1979 hatte die Mahdi-Sehnsucht entscheidend beigetragen. Sie ist bei den Schiiten an die historische Person ihres zwölften "Imam" geknüpft, mit dem die Erbfolge ihrer geistlichen Oberhäupter abriss. Nach schiitischer Deutung ist dieser zwölfte Imam aber nicht gestorben, sondern lebt in der Verborgenheit (Ghaiba), um in der islamischen Endzeit wiederzukehren. Ayatollah Khomeini hatte nicht die Stirn, sich für eine Wiedergeburt dieses Imam auszugeben. Er deutete jedoch an, dessen "Bab"(Vorläufer) zu sein, dem eine Art moderne schiitische Befreiungstheologie vorwiegend sozialrevolutionäre Aufgaben zuweist.

Vernichter des Kreuzes

Heute liebäugelt ein Muktada a-Sadr mit dieser Bab-Rolle. Seine Kämpfer, die inzwischen ganze Städte und die Armenviertel von Bagdad kontrollieren, nennt er "Armee des Mahdi". Der Funke ist bereits aus dem radikal schiitischen Lager zu den irakischen Sunniten übergesprungen. In ihrer Hochburg Falludscha wird nicht mehr im Namen Saddams, sondern des Mahdi, gekämpft. Die sunnitische Eschatologie, die andererseits an der Wiederkunft von Jesus Christus als Weltenrichter festhält, macht den Mahdi zum Sieger über das politische Christentum und zum Vernichter des Kreuzes.

Schulterschluss im Weltislam

Das Erscheinen des Mahdi ist neben Allah und dem Koran so ziemlich das Einzige, für das die beiden grossen Konfessionen des Islams vereint zu streiten bereit sind. Ein Schulterschluss im Weltislam, der jetzt über den Irak hinaus von Palästina bis Afghanistan wirksam wird. Dort ruft der alte Sunniten-Fundamentalist Hekmatijar nun seine schiitischen Rivalen zum gemeinsamen Sturz des prowestlichen Präsidenten Karsai und zur Vertreibung der internationalen Friedenstruppen auf. Gegen die sowjetischen Afghanistanbesatzer war man sich nie so einig.

Datum: 23.04.2004
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Kipa

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