Gehörlose sollen weniger gebückt durchs Leben gehen müssen
Die Gehörlosen Kubas sind eine der am wenigsten
erreichten Sprachgruppen der Welt. Hans Jutzi engagierte sich auf Kuba für Gehörlose.
Sein Credo: «Unser Auftrag von Gott ist es, sie zu umarmen.»
Gebärdensprache für Gehörlose auf Kuba (Bild: zVg)
«Gehörlose
sind auf der ganzen Welt isoliert, nicht nur hier in der Schweiz», sagt Hans
Jutzi, der für das international tätige Hilfswerk «HMK Hilfe für Mensch und
Kirche» mit Sitz in Thun (BE) ein Gehörlosenprojekt auf Kuba erfolgreich
abgeschlossen hat. «Ein Gehörloser sagte mir beispielsweise einmal: 'Es ist wie
ein Leben in Einzelhaft'. Doch unser Auftrag von Gott ist es, die Gehörlosen zu
umarmen!»
Jahrhunderte als Affensprache diskriminiert
Die Gebärdensprache
(Muttersprache der Gehörlosen) sei über Jahrhunderte als Affensprache
diskriminierend degradiert worden, bis man festgestellt habe, dass es eine
komplette Sprache mit allen grammatikalischen Regeln ist, so Jutzi. «Die
Integration und Wertschätzung begann mit der Ausbildung der Dolmetscher!
Tagesschau mit Dolmetscher, Übersetzungsdienste bei Behörden, Arzt- und
Gottesdienstbesuchen usw. Durch das Reden miteinander werden Menschen aus der
Isolation und seelischen Nöten geholt!»
Gehörlose
leiden enorm unter psychischen Schmerzen. «Ich arbeitete hier in der Schweiz in
einer Psychosozialen-Kommission mit, welche die 44 Kliniken für Gehörlose in
der Schweiz untersuchte. 1'421 Personen von 10'000 müssen sich psychologisch
behandeln lassen.»
Erster Gehörloser getauft
Hans Jutzi mit einem Gehörlosen auf Kuba (Bild: zVg)
Früher hatte
Jutzi bereits in der Mongolei eine Gehörlosenarbeit ins Leben gerufen, «dort
lernte ich Menschen kennen, die meine besten Freunde geworden sind». Rund
26'000 Menschen auf Kuba sind gehörlos. «Ich empfand eine Liebe und eine
Sympathie für sie, die man schlecht erklären kann.»
«An der
Theologischen Universität von Havanna stiessen wir auf einen Mann, der eine
Masterarbeit über die Integration von Gehörlosen in den Gemeinden geschrieben
hatte.» Mit seinem Team entschied sich Jutzi dazu, eine Dolmetscherschule zu
eröffnen. «Denn die Gehörlosen können nicht einfach so zueinander reisen, weil
das zu teuer ist. Das Projekt wurde Mefi-Boschet genannt, nach dem gelähmten
Sohn von Jonathan, der bei König David zu Tisch sein durfte.»
Als
Projektleiterin wurde eine einheimische Christin eingesetzt, die eine gute
Staatsstelle innehatte, diese aber aufgrund ihres Glaubens verlor. «Ihr Sohn
ist ebenfalls Christ – und er ist der erste einheimische Gehörlose, der getauft
worden ist.»
In den
Untergrundgemeinden ist das Interesse gross, den Gehörlosen zu helfen. «Als
Christ ist man aufgerufen, den Schwachen zu helfen – und das sind die
Gehörlosen auf dieser Insel.»
Eigenes Vokabular entwickelt
«Weltweit
gibt es 400 Gebärdensprachen, die sich komplett unterscheiden. Kuba entwickelte
seine eigene und als Christen mussten wir für unsere christlichen Begriffe ein
eigenes Vokabular entwickeln», erinnert sich Jutzi.
Er sei auch
schon gefragt worden, ob es nachhaltig sei, wenn man den Gehörlosen hilft.
«Wenn man einem Gehörlosen helfen kann, dass er Boden unter den Füssen gewinnt,
dann verändert sich ein ganzes Umfeld positiv. In der Schweiz rechnet man
diesbezüglich mit sieben Leuten. Wir hörten, dass auf Kuba bislang 5'000
Gehörlose zum Glauben gekommen sind. 5'000 mal sieben – da sieht man, wie viele Menschen
entlastet sind, wenn jemand fröhlicher durch die Welt geht, weil er eine
Hoffnung hat und nicht mehr so gebückt durchs Leben geht.»