Pro Life und die Tücken des KVG

KVG
Gerd Weisensee

Bern. Der Verein Pro Life, bei dem Personen, die keine Leistungen für Abtreibungen in Anspruch nehmen wollen, die Grund- und Zusatzversicherung abschliessen können, sah sich zum zweiten Mal gezwungen, den Partner zu wechseln, bei dem er für seine Kunden die Grundversicherung abschliesst. Weshalb gründet Pro Life nicht gleich eine eigene Krankenkasse?

Auf Mitte Jahr hatte die Panorama (früher Personalkrankenkasse Zürich) die Prämien massiv erhöht. Auch für die Pro Life Versicherten, obwohl diese eine sehr günstige Risikostruktur aufweisen. Vorangegangen waren Fehler bei der Berechnung der Reserven bei Panorama sowie Verluste an der Börse, für die die Panorama-Versicherten jetzt zur Kasse gebeten werden.

Gute Risikogruppe

Die Pro Life-Versicherten gelten als gute Risikogruppe. Einerseits sind sie jünger als der Durchschnitt, und andererseits haben viele unter ihnen laut Pro Life Geschäftsführer Gerd J. Weisensee einen christlichen Hintergrund, der sich in der Lebensführung niederschlage. „Die Leistungskosten dieser Versicherten sind tatsächlich unterdurchschnittlich“, bestätigt auch Panorama-Geschäftsführer Michael Gerig. Dies bedeutet allerdings auch, dass die Kasse für diese Versicherten relative hohe Beiträge in den Risikoausgleich zahlen muss. Die Pro Life Versicherten konnten bislang – und da wird sicher auch in der „Sansan“, bei der sie künftig versichert sein werden, der Fall sein – von recht günstigen Prämien profitieren. Ausserdem erhalten sie von Pro Life freiwillige Leistungen, insbesondere Geburtengelder und Beiträge im Umfang von 75 Prozent an die Zahnarztkosten von Kindern.

In idea Spektrum forderte nun ideaschweiz-Verleger Heiner M. Henny, die Pro Life-Mitglieder müssten eigentlich noch stärker davon profitieren können, dass sie eine so günstige Risikogruppe seien. Doch dies sei nur möglich, wenn der Verein eine eigene Kasse gründe.

Der Geschäftsführer von Pro Life, Gerd J. Weisensee, stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass der Verein mit Sansan einen für die Versicherten günstigen Vertrag abschliessen konnte. Gegen die Gründung einer eigenen Kasse spreche, dass Pro Life dann dem KVG-Obligatorium unterstehen würde, das heisst, sie müsste jeden Interessenten in die Grundversicherung aufnehmen – auch dann, wenn dieser den Verzicht auf die Abtreibungsfinanzierung nicht unterschreiben wolle. Rechnungen für Abtreibungen müssten dann in jedem Fall bezahlt werden. Auch zweifelt Weisensee daran, dass das Bundesamt für Sozialversicherung unter den gegebenen Voraussetzungen eine Kasse akzeptieren würde, welche den freiwilligen Verzicht aus Leistungen für Abtreibungen von den Versicherten verlangt.

Dazu ein Kommentar

Absurditäten eines Systems

Eine absurde Situation: Die Schweiz hat eindeutig zu wenig Nachwuchs. Und die geltenden Rahmenbedingungen favorisieren eindeutig diesen Missstand. Noch hat die Schweiz keine Mutterschaftsversicherung, die die finanziellen Folgen einer Geburt für die Eltern abfedern könnte. Andererseits gehört das Recht auf Abtreibungsfinanzierung zum System und ist im Katalog der obligatorischen Leistungen im Krankenversicherungs-Gesetz verankert. Wer durch Abtreibung ein Kind tötet, wird für die Kosten entschädigt. Wer sich auch unter schwierigen Bedingungen zum Austragen des Kindes entscheidet, wird vom System weithin im Regen stehen gelassen. Solchen Frauen werden nicht nur Gelder aus einer Mutterschaftsversicherung verweigert, die Krankenkassen dürfen ab dem dritten Kind auch nicht mehr die Prämie der Grundversicherung erlassen, wie dies vor dem neuen KVG noch der Fall war.

Es geht heute nicht mehr nur um die Forderungen von Lebensschützern, das Recht auf Abtreibung nicht ins Masslose auszuweiten, sondern um den Erhalt der Gesellschaft und insbesondere um die Existenzsicherung der alten Menschen. Die demographische Krise ist erkannt. Nun wäre ein rasches Umdenken angesagt. Stattdessen erleben wir Symptombekämpfung und Hinhaltetaktiken. Die Forderung der Zeit muss dagegen lauten: Die Familie braucht bessere staatliche Rahmenbedingungen. Bei staatlichen Leistungen für die Familie, der Ausgestaltung der Kranken- und Sozialversicherung und im Bildungswesen. Und dafür ist Eile geboten. Sonst gefährdet sich diese Gesellschaft selbst.

Datum: 09.07.2003
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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