Der Tages-Anzeiger hat
Kardinal Kurt Koch zur Corona-Plage als mögliche Geissel Gottes befragt. Die
Antworten haben den Journalisten und Watson-Blogger Hugo Stamm bewogen, mit dem
christlichen Glauben abzurechnen. Wir melden Widerspruch an.
Der Sekten- und Religionskritiker, Hugo Stamm, der sich
selbst als Agnostiker bezeichnet, hat im «höchsten Katholiken der Schweiz»,
Kardinal Kurt Koch, ein willkommenes Objekt gefunden, an dem der seine
Grundsatzkritik am Christentum exemplarisch anbringen konnte.
Keine Antwort auf die Corona-Epidemie
Er hält Koch konkret vor, dass er in einem Interview mit dem
Tages-Anzeiger keine befriedigende christliche Antwort auf die Corona-Epidemie
liefert. Koch hatte dort geäussert, Gott stelle er sich nicht als ein Wesen
vor, das Krankheiten und Seuchen erfindet, um Menschen zu strafen. Zudem habe er
erklärt, die Armen, die besonders von der Seuche betroffen sind, seien «die
Lieblingskinder Gottes».
Das Problem mit dem christlichen Gott
Für Hugo Stamm geht das nicht zusammen. Stamm repliziert: «Wo denn, Herr Koch, trägt Gott den Ärmsten besonders Sorge? Wenn wir davon
ausgehen, dass Gott das Virus nicht selbst in die Welt gebracht hat, so könnte
er in seiner sprichwörtlichen Barmherzigkeit wenigstens das Leiden der Ärmsten
lindern, die ihm angeblich so am Herzen liegen.» Und der Religionskritiker
schliesst daraus ganz logisch: «Wozu braucht es dann noch den Glauben, wenn es
auf die entscheidenden Fragen keine Antworten gibt?» Der Grund sei einfach, so
Stamm: «Bei allen möglichen konkreten Antworten würden Gott und der christliche
Glaube eine schlechte Falle machen und Koch sich in Widersprüche zur reinen
christlichen Lehre verstricken.»
Warum lässt Gott Leid zu?
Dazu ist zweierlei zu sagen: Stamm berührt ein Thema, das
die christliche Kirche durch die Jahrhunderte begleitet: die Theodizee. Sie
beschäftigt sich mit der Frage, weshalb es in der Welt so viel Leid und Not
gibt angesichts eines Gottes der Liebe, wie ihn die Bibel bezeugt. Und sie
liefert dazu keine simplen Antworten. Zum andern ist es gerade heute besonders
anspruchsvoll, einer Generation, die nur den «lieben Gott» kennt, der niemandem
ein Haar krümmt, die Ursache für Kriege und Plagen zu erklären. Wer noch an
Gott glaubt, hat meistens ein verkürztes Gottesbild. Für viele
ist er zu einem Kuschelgott verkommen.
Auch hohe Geistliche wagen es kaum noch,
an diesem Gottesbild zu rütteln. Und die Seelsorge in schwierigen Lebenssituationen
ist auch nicht gerade der Moment, wo unsere Vorstellung der Liebe Gottes
erschüttert werden sollte. Zum Beispiel mit dem Hinweis darauf, dass wir es
nicht nur mit einem «lieben», sondern auch mit einem heiligen Gott zu tun
haben, dem menschliches Fehlverhalten (Sünde) nicht einfach egal ist.
Die Freiheit der Schöpfung
Gute Antworten auf die Frage des Leidens in der Welt
erfordern ein vertieftes Nachdenken und eine gewisse Reife. Vor zwei Jahren hat
das Theologische Seminar St. Chrischona im Rahmen der «Kommunikativen
Theologie» eine Tagung zu diesem Thema durchgeführt, an der auch ein bekannter
Atheist seine Argumente präsentieren konnte (Livenet berichtete). Aus den Antworten darauf sei hier
ein Kernsatz des Theologen Andreas Loos zitiert: «Um seiner Liebe willen geht
Gott das Risiko ein, dass die Freiheit der Schöpfung und besonders der Menschen
in einer Weise vollzogen wird, dass dabei Leiden und Übel verursacht werden.»
Wer gehört jetzt auf die Anklagebank?
Das führt zur Frage, ob denn die Corona-Pandemie etwas mit
dem Missbrauch der Freiheit zu tun habe, mit der die Menschheit sich die Plage
quasi selbst zuzog. Eindeutig ist jedenfalls die Ursache für die schnelle
weltweite Verbreitung: Es ist die hohe Mobilität, insbesondere durch die
Luftfahrt, die das Virus innerhalb von Wochen weltweit streute. Es ist die
moderne, schrankenlose Mobilität, die uns eine grosse Freiheit, billige
Produkte und damit Wohlstand beschert, aber auch das Klima hochgradig
gefährdet.
Ein Schuss vor den Bug?
Die Pandemie kann insofern als Schuss vor den Bug der
Wohlstandsgesellschaft gesehen werden, die es sich nicht leisten will, der
allmählichen Zerstörung der Schöpfung energisch zu wehren. Sie sollte sich
somit nicht beklagen, dass dieses Verhalten Konsequenzen hat. Sie sollte sich
vielmehr auch fragen, wie sie damit umgeht, dass die Pandemie einmal mehr
besonders die Armen trifft, statt Gott dafür anzuklagen. Wer es mit Gott ernst
meint, wird sich Gedanken über sein zukünftiges Verhalten machen. Dient es der
Schöpfung und dem Wohl der Menschen – und ehrt es Gott?
Datum:
12.01.2021 Autor: Fritz Imhof Quelle: Livenet
Kommentare
Submitted by Piit on 12. Januar 2021 - 13:14.
Ich sehe es so: Gott ist gerecht. Wenn es heute (noch) nicht der Fall ist, wird Er später (spätestens beim Jüngsten Gericht) Gerechtigkeit wiederherstellen. Unser Handeln hat Konsequenzen (Saat-Ernte) und wir sind aufgerufen, uns als Gotteskinder zu erweisen in unserem Verhalten (Güte und Gerechtigkeit tun und fördern). Dabei steht die Beziehung zu den anderen Menschen im Vordergrund (nicht das Klima oder die Tiere), es hat aber Auswirkungen auf die ganze Schöpfung. Wer die Existenz einer geistlichen, nicht-materiellen Welt grundsätzlich ausschliesst, wie es die meisten Agnostiker, Atheisten tun, wird immer ein Problem mit Gott haben. Offene Menschen, wie zB Antony Flew, kommen weiter.
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